Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
wählen.«
    Eigentlich hatten die Spanier geplant, nach den Strapazen der Passüberquerung einen Tag zu rasten, doch die Ankunft des Gesandten veranlasste Francisco Pizarro, seine Pläne zu ändern.
    » Solange dieser Mann in unserem Lager ist, dürfen wir kein Zeichen von Schwäche – und auch keines von Uneinigkeit zeigen«, erklärte er in einer kurzen Besprechung mit seinen Hauptleuten und den Rittern, zu denen auch Mila zählte.
    » Für uns und unsere Drachen ist das kein Problem, aber Eure Männer sehen müde aus«, wandte ihr Großonkel vorsichtig ein.
    » Sie können sich erholen, wenn wir in Caxamalca sind«, lautete die grimmige Antwort.
    Nabu zog bald darauf im Tiefflug über die Hochebene dahin. Im Gegensatz dazu, was der Hochmeister behauptet hatte, waren auch die Drachen müde, aber Pizarro bestand darauf, dass sie den Weg erkundeten. Mila beugte sich vor und schmiegte sich an Nabus Hals. Sie genoss es, allein mit ihm zu fliegen, und die dünne Luft führte dazu, dass er sich weigerte, mehr als unbedingt nötig zu tragen, und zu diesem » Mehr« gehörte auch Ruiz, der darüber nicht sehr erfreut war, bedeutete es doch, dass er laufen musste.
    » Meine Kopfschmerzen sind schon gar nicht mehr so schlimm, Nabu, wie geht es dir?«
    Der Drache brummte. » Es geht schon, auch wenn ich mich seltsam kraftlos fühle. Ich würde sagen, wir sind immer noch über achttausend Fuß, auch wenn man es kaum glauben will. Warte …«, sagte er, und dann züngelte das bleiche Licht vor Milas Innerem Auge auf, sprang zu einem weiten Bild auseinander und enthüllte die Landschaft unter ihr. Sie sah eine von vielen Felsgraten durchzogene Ebene, die sich aber plötzlich veränderte. Ein helles Band – ein Gewässer – hatte ein breites Tal in die flackernde Landschaft gegraben, und dort lag Feld an Feld. Hier und da erkannte Mila in den blassen Flammen auch Siedlungen.
    » Kannst du uns näher an eines dieser Dörfer heranfliegen?«, fragte Mila.
    Nabu brummte, und das Bild flackerte stark, als er den Kopf drehte, um eine der Siedlungen anzuvisieren. Sie kam rasch näher. Sie rauschten darüber hinweg, und Nabu behielt sie im Blick. Mila betrachtete die Häuser fasziniert, während Nabu über der Siedlung kreiste. » Sieht verlassen aus«, meinte er schließlich.
    » Du hast Recht!«, rief Mila, die gar nicht darauf geachtet hatte. Das Bild flackerte und verschwand. Noch einen Augenblick sah Mila die Häuser, dann wurden sie von Finsternis verschluckt. Sie seufzte.
    » Es tut mir leid, Prinzessin«, sagte Nabu, » aber da unten ist wirklich nichts zu sehen, was die Mühe wert wäre, die diese Verbindung erfordert.«
    » Entschuldige bitte, Nabu«, rief Mila. » Ich vergesse immer, dass es dich anstrengt.«
    » Ich werde es überleben«, meinte der Drache trocken. Dann sagte er: » Mir war vorhin, als hätte ich weiter nördlich eine Stadt gesehen. Wenn es dir recht ist, können wir uns die näher ansehen.«
    » Du könntest mir die Zeit in der Dunkelheit mit einer Geschichte verkürzen, Nabu«, sagte Mila, während sie langsam dahinflogen, » zum Beispiel mit der Geschichte von Nergal und dir.«
    Der Drache schwieg eine Weile, und Mila befürchtete schon, dass er wieder ausweichen würde, wie stets in den letzten Tagen, wenn sie ihn darauf angesprochen hatte, aber dann sagte er: » Nun gut, es ist nichts, worauf ich besonders stolz bin. Das Ganze geschah vor langer Zeit, kurz nachdem Nergal und ich diese Welt betreten hatten. Wir waren jung, kraftstrotzend und voller Zorn, denn die Erinnerung an das, was wir verloren hatten, war noch frisch.«
    » Du meinst, an das schlafende Feuer, dem ihr entrissen wurdet?«
    » So ist es, Prinzessin. Unsere Wege kreuzten sich eher zufällig über einer Herde Schafe, in den Bergen des Libanon. Nun, es war genug für beide da, aber weder Nergal noch ich hätten das zugegeben. Also kämpften wir. Es war ein wilder Kampf, mit allen Waffen, über die ein Drache verfügt. Beide haben wir uns Knochen gebrochen, beide haben wir uns die Schuppen versengt im Feuer. Wir kämpften lange, bis in die Nacht, und im letzten Licht der Dämmerung bekam ich ihn schließlich zu fassen. Als ich aber seinen Hals mit meinen Zähnen durchbohren wollte, da entwand er sich mit letzter Kraft, und ich schlug meine Hauer in einen Felsen, womit du nun auch weißt, wie es dazu kam, dass man mich Einzahn nennt.«
    » Oh, und Nergal?«, fragte Mila, die gebannt gelauscht hatte.
    » Er floh im Schutz der Nacht. Diese

Weitere Kostenlose Bücher