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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Niederlage hat er mir bis heute nicht verziehen. Bald darauf kam Marduk zu uns und sammelte die Drachen für das erste Bündnis, das Bündnis der Drachen gegen die Menschen, und wir mussten schwören, unseren Streit zu begraben – solange das Bündnis hält. Keiner von uns hätte wohl gedacht, dass es fast neunhundert Jahre halten würde.«
    » Du hast Nergal also besiegt?«
    » Ein nutzloser Sieg, wenn du mich fragst, doch warte, ich sehe die Stadt, die ich gesucht habe.«
    Mila nickte und dachte über das nach, was sie gerade erfahren hatte. Es erklärte ihr manches, und eine unbestimmte Ahnung sagte ihr, dass der alte Streit noch für Ärger, vielleicht sogar für Gefahr sorgen würde.
    » Ich sehe keine Menschenseele da unten«, meldete Nabu.
    Mila löste ihre Gedanken vom Drachenkampf. » Ich fürchte, diese Stadt ist ebenso verlassen wie all die anderen Siedlungen, die wir bisher gefunden haben. Die Leute scheinen verschwunden, und sie haben wohl leider auch ihre Vorräte mitgenommen. Ich denke manchmal, dass auch in Caxamalca niemand sein wird, und wir werden dort verhungern.«
    » Bestimmt nicht, Prinzessin, jedenfalls nicht die, die binnen zweier Tage auf dem Rücken eines Drachen die Küste erreichen können.«
    » Trotzdem, ich verstehe nicht, warum Francisco Pizarro dieser Einladung folgt. Alle sagen, dass es eine Falle ist.«
    Nabu flog mit langsamen Flügelschlägen. Sie spürte, dass er versuchte, Kraft zu sparen. Schließlich sagte er: » Ich denke, das haben wir seinem Bruder Hernando zu verdanken, auch wenn ich nicht verstehe, dass Francisco ihm diese Torheit durchgehen lässt – und ihr auch noch zustimmt.«
    » Er ist eben sein Bruder«, erklärte Mila.
    » Halbbruder«, berichtigte der Drache. » Warte, ich gehe noch ein bisschen tiefer, mir war, als hätte ich da etwas gesehen.«
    » Kannst du mir die Stadt nicht zeigen, Nabu?«
    » Lass mich ein wenig zu Atem kommen. Wenn ich einen Wind finde, der mich trägt, dann vielleicht.«
    » Dann beschreib sie mir wenigstens«, bat Mila.
    » Viele Steine, wenig Leben«, gab Nabu knapp zurück. » Doch warte – da ist jemand.«
    Mila lehnte sich nach vorn, als könne sie diesen Jemand dann besser hören oder sonst irgendwie wahrnehmen. Doch da war nur der Wind, der ihre Haare unter dem Helm flattern ließ, und die Dunkelheit, die sie seit ihrer Geburt umschloss.
    » Es ist eine Frau. Sie sitzt vor dem Tor der Stadt«, teilte Nabu nach zwei eng geflogenen Kreisen mit.
    » Hat sie uns gesehen?«
    » Schwer zu sagen«, antwortete Nabu. » Wenn ja, scheinen wir sie nicht sehr zu interessieren.«
    » Ist es vielleicht die Frau aus der verlassenen Stadt?«, fragte Mila aufgeregt.
    » Du meinst, die andere verlassene Stadt? Das weiß ich nicht«, brummte Nabu, » die habe ich ja auch nur im Dunkeln gesehen. Ich denke, wenn wir das herausfinden wollen, müssen wir landen.«
    » Ich will mit ihr reden.«
    » Und wenn sie Böses im Schilde führt?«
    » Ich bin nicht so wehrlos, wie alle glauben. Außerdem bist du bei mir und beschützt mich, Nabu«, erklärte Mila und strich dem Drachen mit der Hand über den schuppigen Hals. Sie hörte, wie er die weiten Schwingen schräg stellte, um an Höhe zu verlieren. Mila roch plötzlich die vielen Gerüche dieses fremden Landes.
    » Ich habe es dir noch nicht gesagt, Milena«, antwortete Nabu, » aber du solltest wissen, dass es mir sehr schwerfallen wird, in dieser dünnen Luft Feuer zu speien.«
    Nabu landete etwas mehr als einen Steinwurf von der Frau am Tor entfernt, wie er Mila zuraunte. Sie sprang von seinem Rücken.
    » Warte«, bat Nabu, » es geht nur, wenn du mich berührst.«
    Sie legte ihm die Hand auf die Brust, dann loderte die bleiche Flamme auf, zerstob in tausendfaches Flackern und zeigte ihr ein verschwommenes Bild: eine hohe Mauer, ein offenes Tor und auf der Schwelle eine Frau. Sie saß mit gekreuzten Beinen dort, den Rücken an die Mauer gelehnt, und schien sie, soweit Mila das in dem flackernden Bild erkennen konnte, interessiert zu betrachten. Sie machte keinerlei Anstalten, sich zu erheben.
    » Gefährlich sieht sie nicht aus«, meinte Mila.
    » Ich glaube nicht, dass es die Frau aus der Stadt ist. Die dort sieht viel älter aus«, meinte Nabu.
    » Ich dachte, es war dunkel?«, fragte Mila lächelnd.
    Nabu schnaubte, und das Bild flackerte bedrohlich.
    » Warte«, bat Mila.
    » Ich kann unsere Verbindung nicht mehr halten«, erklärte der Drache.
    » Verzeih, ich will auch nicht, dass du dich

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