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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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hast?«, fragte Kemaq.
    Der Curaca lachte und erwiderte: » Ich hatte wenig Zeit, diese Treue zu üben, Chaski. Erst gehörte diese Stadt Atahualpas Vater Huanca Cápac, dann für vier Jahre seinem Bruder Huáscar, und erst seit zwei Jahren ihm. Doch das nur bis vor wenigen Tagen, denn da erfuhr ich, dass er ein Gefangener jener weißhäutigen Fremden ist, die über das Meer kamen. Es scheint, als seien sie die neuen Herren des Landes, und was hätte ich davon, wenn ich ihrem Gefangenen und seinem verirrten Heerführer helfe?«
    Kemaq schüttelte den Kopf. » Dieser Heerführer könnte sich entschließen, sich einfach zu nehmen, was du ihm nicht freiwillig geben willst«, gab er zu bedenken.
    Der Curaca ging zunächst nicht darauf ein, sondern sagte: » Wenn ich das richtig sehe, bist du ein Marachuna, so wie ich, und du gehörst zu jenen, deren Eltern vor vielen Jahren von hier verschleppt worden sind.«
    » Das ist richtig«, gab Kemaq zögernd zu.
    » Dann bleibe bei uns, in dieser Stadt, bei deinem Volk! Warum willst du noch einem Mann dienen, der zu jenen gehört, die deinen Vater und deine Mutter zwangen, ihre Heimat zu verlassen?«
    Darauf hatte Kemaq keine Antwort, jedenfalls keine, die ihn selbst überzeugt hätte. Er sagte: » Wir reden nicht von mir, Herr. Ich will dich wirklich nur warnen. Rumi-Nahui hat viele Krieger, und er könnte sich mit Gewalt holen, was er braucht.«
    Curaca Tunkapu lächelte. » Deine Drohungen schrecken mich nicht. Sollten die Marachuna in der Fremde wirklich vergessen haben, warum man uns das Steinvolk nennt? Hast du unsere Mauern nicht gesehen, Chaski? Rumi-Nahui mag versuchen, diese Stadt zu erobern, aber er wird es nicht schaffen. Belagern kann er uns, doch werden wir viel länger aushalten können als er, der doch jetzt schon nicht weiß, wie er seine Krieger ernähren soll. Das kannst du ihm sagen.«
    Kemaq dachte nach. Er war es nicht gewohnt zu verhandeln. Er war ein Läufer, der Nachrichten oder Befehle überbrachte, und in der alten Zeit waren diese Befehle befolgt worden, ohne dass jemand gewagt hatte zu widersprechen. Alte Zeit? Gerade einmal hatte sich der Mond erneuert, seit die Fremden im Land waren. » Ich hoffe, du hast nicht zu viel Zuversicht, was die Fremden angeht, Herr«, sagte er jetzt.
    Der Curaca sah ihn überrascht an. » Warum sollte ich? Ich habe nichts mit ihnen zu schaffen. Sie sind in Caxamalca, das ist weit, und ich nehme an, sie wollen nach Cuzco, das ist noch viel weiter. Warum sollten sie sich mit so einer unbedeutenden Stadt wie der meinen befassen? Einer Stadt, die weitab von den wichtigen Straßen liegt?«
    » Sie lieben das Gold und das Silber, Herr, und ich habe gehört, dass es viel Silber in Tanyamarka gibt. Die Fremden werden kommen und danach fragen. Was wirst du ihnen sagen? Und wer wird dir zu Hilfe kommen, wenn sie mit Donnerwaffen und feuerspeienden Göttern vor deiner Mauer stehen?«
    » Gab, Chaski, es gab hier Silber. Die alte Mine ist geschlossen. Das werde ich den Fremden sagen, falls sie wirklich jemals den Weg hierher auf sich nehmen sollten. Und du sag dem Steinauge, dass unsere Speicher zu klein sind, um seine Krieger zu ernähren. Er soll im Fluss fischen oder sich etwas anderes einfallen lassen. Das ist mir gleich. Und nun geh, denn ich habe viel zu tun.«
    Kemaq verließ die Halle. Der Mann hatte es plötzlich sehr eilig, ihn loszuwerden. Die Sache mit der Mine schien ihn zu beunruhigen.
    Nabu ließ sich mit weit gespannten Flügeln vom Aufwind nach oben tragen, und er ließ Mila teilhaben an dem, was er sah. Das flackernde Bild zeigte ihr vor allem eines: Berge. Der Fluss, der sich zwischen schroffen Hügeln hindurchzwang, lag unter ihnen, vor ihnen ragten Berge auf, dahinter höhere Berge, und denen folgten weitere, noch gewaltigere Bergriesen mit schneebedeckten Gipfeln. Es würde eine Quälerei werden, wenn sie wirklich dort hinübermussten. Mila seufzte.
    » Was ist mit dir, Prinzessin? Wir sind in der Luft, und wir sind weit weg von Caxamalca, zwei Umstände, über die ich mich ungeheuer freue. Aber du scheinst mir immer noch schwermütig.«
    » Du hast Recht, Nabu, es ist viel besser, in der Luft als in jener Stadt zu sein, doch ich fürchte, das Grauen, das wir dort erlebt haben, folgt uns. Ja, wir führen es an andere Orte.«
    Nabu brummte. » Du meinst Don Hernando und den Stinker?«
    » Vor allem Don Hernando. Er ist gierig und brutal. Hat er nicht vorgeschlagen, einem Teil der Gefangenen die Hände

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