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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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ich nicht aufgeben, Graf Maximilian. Ich denke, ja, ich bin sicher, Ihr werdet Eure Meinung noch ändern.«
    Mila fand, das klang wie eine Drohung, aber ihr Großonkel schien das anders zu sehen. » Ich freue mich, das zu hören. Es wäre schade, wenn Ihr dem Orden den Rücken kehren würdet, Balian, denn wirklich, ein Mann mit Eurer Erfahrung wäre schwer zu ersetzen.«
    Der Ritter lachte bitter auf. » Vor allem, wenn man einem Drachen die Wahl überlässt, Graf Maximilian, vor allem dann!«
    Mila hörte ihn davonstapfen. Sogar an seinen Schritten erkannte sie, wie schlecht er gelaunt war. Der Hochmeister folgte ihm etwas später. Mila wartete einen Augenblick, um nicht von einem der beiden doch noch gesehen zu werden.
    » Du bist also doch bis hierhergekommen«, flüsterte es.
    Mila fuhr herum. Es war totenstill im Wald, nur gelegentlich fiel ein schwerer Tropfen von den Blättern auf den Boden, ein leises, unruhiges Klopfen.
    » Wer ist da?«, flüsterte sie heiser. Sie tastete nach der Mitte ihres Stabes. Mit einem scharfen Klicken sprangen die Klingen heraus. Ein leises Flüstern schien durch den Wald zu laufen.
    » Zweimal habe ich dich gewarnt. Doch du scheinst nicht nur blind, sondern auch taub zu sein. Kehrt um! Dieser Streit geht die Yayakuna und ihre Reiter nichts an«, hauchte es. Die Stimme schwebte durch den Wald und mischte sich mit den unregelmäßig fallenden Tropfen.
    » Wieso Yayakuna?«, stieß Mila hervor.
    » Dies war die letzte Warnung«, flüsterte es.
    Mila fuhr wieder herum. Die Stimme schien aus allen Richtungen zu kommen, fast, als wäre es der Nebel selbst, der ihr diese Worte zuraunte. » Pitumi?«, fragte sie leise in den Wald hinein. Sie bekam keine Antwort.
    Während des Essens hatte Payakmama kein Wort gesagt, und Kemaq hatte mit wachsender Ungeduld zugesehen, wie sie mit zitternden Fingern ihre Schale mit Maisbrei leerte. Dann hatte sie lange und umständlich ausgeführt, dass sie auf ihn gewartet hätten, einen Mann mit schnellen Beinen und festem Glauben, der den weiten und gefährlichen Weg auf sich nehmen müsse.
    » Aber hast du nicht auch gesagt, die Wege zum Tempel seien versperrt?«
    » So ist es, und eben deshalb kann niemand von uns dorthin, denn die Wachen würden uns sehen, und wir würden ihnen nicht entkommen. Du aber, Chaski, hast schnelle Beine, du kannst schneller laufen als der Tod, wie man sich erzählt.«
    » Das ist Unsinn, Payakmama«, wehrte sich Kemaq mit wachsender Verzweiflung.
    Die Alte schenkte seinen Einwänden keinerlei Beachtung: » Höre also, Läufer, dies sind die beiden Wege, die es gibt: Der erste führt durch den Berg. Sein Eingang liegt in der Silbermine, und deshalb hat der Inka sie schließen lassen. Die Berggötter selbst haben diesen Weg einst für unsere Priester angelegt, weil Tamachoc sie dazu zwang. Doch ist er verschlossen, und nicht nur mit einem Tor, nein, Huáscar hat einen Teil der Gänge zum Einsturz gebracht. So groß war sein Hass auf Tamachoc, dass er dafür auf all das Silber verzichtete, das noch im Berg ruht.«
    Kemaq hörte zu. Ein Weg, den die Götter selbst angelegt haben? Ein erstaunliches Wunder, das er schon gerne gesehen hätte, aber diesen Weg konnte er offenbar gar nicht gehen.
    » Der zweite Weg führt zunächst nach Süden«, erzählte die Alte weiter. » Es gibt einen Hirtenpfad hinauf in die Berge, und dort geht es über einen steilen Grat auf die andere Seite. Dieser Weg ist weiter, und du musst aufpassen, dass du den Eingang zum Regental findest und dich nicht in einem der anderen Täler verläufst. Das ist der alte Weg, den die Ahnen nahmen, bevor ihnen die Berggötter den Weg durch ihren Berg hindurchbahnten.« Die Alte schien wieder ihren Erinnerungen nachzuhängen, und ihre Augen bekamen einen warmen Glanz.
    » Aber auch dieser Weg ist versperrt, sagst du?«, fragte Kemaq, der seine Neugier nicht zügeln konnte.
    » Ja, das ist er. Huáscar zwang uns, eine Festung auf dem Grat zu errichten, nicht groß, aber doch gibt es keine Möglichkeit, unbemerkt vorüberzukommen, und immer ist sie von Kriegern besetzt.«
    Kemaq runzelte die Stirn. Rumi-Nahui hatte eine Bergfestung erwähnt. Ob es sich um diese handelte? Vielleicht würde der Feldherr sein Heer dorthin führen und dann … aber was, wenn nicht? Er schüttelte den Kopf. Er fragte: » Warum kann ich nicht einfach über diesen Berg hier klettern? Er ist steil, aber doch sicher nicht unbezwingbar für einen guten Kletterer.«
    Die Alte lachte schrill auf.

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