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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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sprach sie mich an«, schloss sie ihren kurzen Bericht und achtete sorgsam darauf, nicht auf die Stelle zu zeigen, an der es tatsächlich geschehen war.
    » Aber was genau hat sie gesagt, diese Frau?«, fragte Sir William.
    » Nichts Bestimmtes. Nur, dass wir uns von den Bergen der Chachapoya fernhalten sollten. Aber es war keine Bitte, es war eine Warnung.«
    » Lächerlich«, meinte Sir William kühl. » Diese Eingeborenen haben uns nichts, aber auch gar nichts entgegenzusetzen.«
    » Ja, es ist beinahe traurig, wie wehrlos sie sind«, meinte Schamasch, » und es war klug von euch, sich nicht an diesem würdelosen Gemetzel in Caxamalca zu beteiligen. Ich jedenfalls habe nicht das Gefühl, etwas versäumt zu haben.«
    » Das tut hier wenig zur Sache, Schamasch«, meinte Sir William, dem es, so klang es für Mila, offenbar mehr ausmachte, diesen dramatischen Tag verpasst zu haben.
    » Und Ihr seid sicher, dass es dieselbe war? Gesehen habt Ihr sie ja wohl kaum«, sagte Balian spöttisch.
    Mila versuchte, sich nicht über diese Bemerkung zu ärgern. » Sie war es. Sie sagte nicht viel, bevor sie verschwand. Aber es schien ihr wichtig zu sein, uns von dieser Stadt fernzuhalten, die dort hinter dem nächsten Berg liegt.«
    » Wirklich seltsam«, sagte der Hochmeister, der bis dahin geschwiegen hatte.
    » Eure Nichte pflegt einen sehr seltsamen Umgang«, meinte Konrad von Wolfegg, den Mila bis dahin gar nicht bemerkt hatte. Sie hatte angenommen, er sei mit den Spaniern aufgebrochen, und zuckte zusammen, als sie plötzlich seine Stimme hörte. Er verstand es wirklich, sich leise zu bewegen.
    » Meinst du damit auch mich, mein Junge?«, fragte Nabu drohend.
    Ein Hornsignal und der Knall einer Büchse ersparten dem Junker eine Antwort. Dann krachte wieder ein Schuss, und das Hornsignal erklang erneut. Es war ein Alarm. Der Hochmeister rief: » Auf die Drachen, Ihr Ritter, dort vorn wird gekämpft!«
    Die ganze Nacht hatte Payakmama erzählt, von dem Zug der Priester, der in der Zeit der Ahnen über die Berge gegangen war und dann, nachdem Tamachoc die Berggötter gezwungen hatte, einen Gang durch den Berg zu graben, unter dem Kachilu Picchu hindurch. Sie war oft abgeschweift zu den Erinnerungen ihrer Kindheit, als sie die Priester hatte begleiten dürfen. Sie wäre beinahe selbst Regenjungfrau geworden, aber dann hatte sie ihren Liebsten getroffen. Nach diesem Tag war sie nie wieder auf der anderen Seite der Berge gewesen. » Es ist Chachapoya-Land, Chaski, sehr gefährlich, nur zum Fest des Regens ließen sie uns hindurch, denn auch sie wollten, dass wir Tamachoc günstig stimmen«, erklärte sie. Sie hatte manchmal den Faden verloren, vieles wiederholt, hatte alte Geschichten aus der Stadt erzählt, die gar nichts mit Kemaqs Auftrag zu tun hatten, und von Zeit zu Zeit war sie sogar wieder eingenickt, doch jetzt, da von draußen das Licht des Morgens in die kleine Hütte eindrang, kam sie endlich auf den Tempel zu sprechen: » Weißt du, ich habe ihn selbst nie gesehen. Nur die Priester durften den heiligen Damm und den Tempel selbst betreten, deshalb kann ich dir auch über den letzten Teil des Weges nichts sagen, Chaski.«
    » Du hast gesagt, es muss ein großes Opfer gebracht werden?«, fragte Kemaq. Diese Worte vom Beginn ihrer Erzählung hatte er nicht vergessen.
    » Ja, das Opfer«, sagte sie nachdenklich. » In der Zeit der Ahnen waren es Menschen, die dort geopfert wurden, doch dann sagte Tamachoc, dass er auch mit dem Blut eines Tieres zufrieden sein würde. Ein weißes Lama, das Schönste seines Jahrgangs, das war es, was wir zu meiner Zeit mit hinübernahmen. Doch was du jetzt opfern musst, um Tamachoc günstig zu stimmen, das musst du diese junge Chachapoya fragen, Läufer«, sagte Payakmama.
    Kemaq fuhr erschrocken herum. » Pitumi!«
    » Sind deine Fragen beantwortet, Kemaq?«, fragte sie ernst.
    » Wie … wann bist du hier hereingekommen?«, fragte Kemaq erstaunt. Hatte ihn die Erzählung der Alten so in den Bann geschlagen?
    » Wie? Durch den Eingang. Wann? Vor wenigen Augenblicken. Doch komm, draußen erwartet dich jemand.«
    Kemaq erhob sich widerstrebend. Fing sie schon wieder damit an, ihn durch die Gegend zu hetzen? » Ich danke dir, Payakmama«, sagte er.
    » Wofür?«, fragte die Alte.
    » Du hast mir vieles erklärt, was andere mir nicht sagen wollten.«
    Payakmama lachte laut und meckernd auf. Offenbar gefiel ihr dieser kleine Seitenhieb auf Pitumi. Dann sagte sie: » Möge Tamachoc dich

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