Drachensturm
mehr aus unseren Indios herausgelockt. Sie sagten, der Inka habe nicht nur die Schließung, sondern sogar die Zerstörung des Bergwerks angeordnet.«
» Haben die Indios gesagt, warum?«, fragte Nabu plötzlich.
» Wie? Nein, das leider nicht«, erwiderte der Alchemist, der von dem plötzlichen Interesse des Drachen offenbar ebenso überrascht war wie Mila. Er versuchte gleich, das zu seinem Vorteil zu nutzen. » Der Eingangsbereich dieser Mine ist sehr groß – glaubt Ihr, Comtesse, einer der Drachen würde sich darauf einlassen, mir beim Freiräumen des Tunnels zu helfen?«
» Wohl kaum«, antwortete Nabu an Milas Stelle, und zwar mit großem Nachdruck. » Nehmt doch Euer Schwarzpulver oder eine andere Eurer lästigen Erfindungen, Alchemist!«
» Nun ja, wenn es nicht anders geht, aber ich fürchte, Don Hernando wird nicht sehr erbaut sein, wenn ich sein kostbares Pulver für die Sprengung einiger Felsen einsetzen will«, erwiderte der Gelehrte zögernd.
» Sagt ihm einfach, dass viel Silber dahinterliegt, dann wird er Eurem Vorschlag schon folgen«, meinte Nabu spöttisch.
Der Alchemist bemerkte die Ironie offensichtlich nicht. Er bedankte sich für den Vorschlag und zog sich zurück.
» Glaubst du wirklich, er wird Pizarro darum bitten?«, fragte Mila, als Meister Albrecht außer Hörweite war.
» Ich bin mir nicht sicher. Du hast ihn ja nicht gesehen, Prinzessin, aber ich denke manchmal, dass er gar nicht so zerstreut und weltfremd ist, wie er tut. Und ist dir aufgefallen, dass er überhaupt nicht müde wirkt?«
» Was meinst du?«, fragte Mila stirnrunzelnd.
» Die Soldaten sind völlig erschöpft, aber er, er ist trotz des langen Marsches frisch und ausgeruht, fast wie einer der Indios, die ja die große Höhe gewöhnt sind.«
» Und was glaubst du, woran das liegt?«, fragte Mila.
» Keine Ahnung, Prinzessin, aber es ist etwas faul mit diesem Mann. Und du solltest dich von seiner vorgeblichen Harmlosigkeit nicht täuschen lassen. Er weiß genau, was er will, und ich glaube, er weiß auch, wie er es bekommen kann. Sei also bitte auf der Hut.«
Kemaq und Pitumi blieben auf der Mauer beim Tor, denn sie hofften immer noch, dass sich irgendwann eine Möglichkeit ergeben würde, an dem Ankay Yaya vorbeizukommen. Doch stattdessen erschienen plötzlich weitere Fremde mit zwei Dutzend Kriegern – Kemaq hielt sie für Yunga aus dem Tiefland –, die die Stadt wohl durch den Wald umgangen hatten. Sie verschanzten sich in einem steinernen Pferch in der Nähe des fliegenden Gottes. Nun war der Weg zur Bergfeste wirklich versperrt. Wieder etwas später erschien Curaca Tunkapu mit düsterer Miene. » Die Fremden haben einen Unterhändler geschickt. Sie verlangen, dass wir die Stadt übergeben.«
» Was werdet Ihr tun?«, fragte Kemaq.
» Ich frage euch um Rat, denn ihr kennt diese Fremden besser als ich«, gab der Curaca zur Antwort.
Kemaq war überrascht, und Pitumi sagte nachdenklich: » Ihr werdet sie nicht besiegen können, denn sie sind in ihren Rüstungen unverwundbar, und ihre Waffen sind fürchterlich.«
» So sollen wir uns ergeben?«, fragte Tunkapu unglücklich.
» Ich habe gesehen, was in Chan Chan geschah. Die fliegenden Götter hatten unsere Stadt schon genommen, dann erschienen die anderen Fremden und haben viele Menschen ganz ohne Grund getötet«, sagte Pitumi düster.
» Ich war in Caxamalca, dort haben sie viele ermordet, die nicht einmal bewaffnet waren«, stimmte Kemaq zu.
» So soll ich weiter kämpfen? Sie haben gedroht, dass sie unsere Mauern mit ihren Donnerrohren zerschmettern werden.«
» Haltet sie auf, solange ihr könnt«, bat Pitumi, » vielleicht findet dieser Läufer eine Möglichkeit, doch an diesen Männern vorbeizukommen.«
» Um was zu tun?«, fragte der Curaca mit plötzlichem Misstrauen.
Kemaq wurde erst jetzt bewusst, dass Tunkapu gar nichts von ihrem Vorhaben ahnte. » Um Hilfe von Rumi-Nahui zu erbitten«, erwiderte Pitumi ruhig.
» Er ist recht plötzlich verschwunden, nachdem sein Plan fehlschlug, die Fremden im Nebelwald aufzuhalten«, sagte der Curaca verdrossen. Der Rauch des brennenden Waldes hing immer noch in der Luft. Kemaq schwieg. Er war verblüfft, wie glatt Pitumi ihre Lüge von den Lippen gegangen war.
» Das Steinauge wird seine Krieger sammeln und dann hoffentlich erneut angreifen«, behauptete Pitumi. » Es wäre also gut, wenn du die Fremden noch ein wenig von deinen Mauern fernhalten könntest.«
Lauter Donner rollte durch das Tal.
»
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