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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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unzufrieden.
    » Es sind Menschen, was erwartest du?«, zischte Nergal vom Rand des Platzes höhnisch.
    Marduk brummte warnend: » Es ist nicht deine Entscheidung, Nergal, und du solltest schweigen.«
    » Nun, Nabu, du musst dich entscheiden«, sagte der Hochmeister jetzt. » Ich weiß, die Männer, die vor dir stehen, sind jung, und sie haben die Fehler der Jugend. Doch werden sie reifen, und in deinem Sattel ist noch jeder Mann ein guter Ritter geworden.«
    Mila unterdrückte einen Seufzer. Das Argument ihres Großonkels war leider nicht schlecht.
    Der Drache begann jetzt unruhig auf und ab zu wandern, was nicht einfach war, denn der Kanal ließ ihm dazu wenig Platz. Die drei Anwärter zogen sich wieder auf die Stufen zurück. » Entscheiden«, brummte Nabu.
    » Wir sind im Krieg, wie du wohl weißt, Drache«, rief jetzt Graf Tassilo ungeduldig. » Dein Sattel darf nicht unbesetzt bleiben. So will es das Gesetz.«
    » Ich kenne eure Gesetze und unsere«, brummte Nabu ungehalten.
    Plötzlich war sie wieder da, die blasse Flamme in der Dunkelheit. Mila zuckte zusammen, denn sie war viel heller als zuvor. Der Drache blieb stehen. Er sog prüfend die Luft mit den Nüstern ein. Mila hörte, dass er das mächtige Haupt schüttelte. Er sog noch einmal Luft ein. » Es ist nicht in der Luft«, sagte er dann. Dennoch witterte er weiter. Langsam setzte er sich in Bewegung. » Aber nein, was sehe ich …«, murmelte er. Mila konnte hören, wie er mit vorsichtigen Schritten näher kam, beinahe so, als habe er Angst, etwas zu zerbrechen. Die Männer neben ihr wurden unruhig, und die bleiche Flamme wuchs. Panik stieg in ihr auf. Vielleicht war das etwas, was Drachen nicht mochten? Sie spürte den warmen Atem des Drachen auf ihrem Gesicht.
    » Ich habe mich entschieden«, verkündete Nabu mit einem zufriedenen Brummen.
    Und dann brach der Sturm der Entrüstung los.
    Kemaq kroch zum Rand und spähte vorsichtig hinunter. Da war der Gott, der ihn auf dem Dach gesehen und verschont hatte. Er erkannte ihn gleich an dem bläulichen Schimmer wieder, der seine Schuppen überzog. Er stand der Fremden gegenüber, die Kemaq im Fenster gesehen hatte. Ihr Haar schimmerte golden im Licht der Morgensonne. Kemaq sah schon eine ganze Weile zu, und er konnte kaum die Augen von ihr lösen.
    Da unten war etwas im Gange. Es gab Streit. Kemaq runzelte die Stirn. Ein Streit unter Göttern? Was mochte das bedeuten? Einige der Männer trugen silberne Rüstungen, die den ganzen Körper bedeckten, das schienen die Vornehmsten zu sein, und von denen ragten wiederum drei heraus, denen die Übrigen mit Achtung begegneten. Aber auch diese drei stritten. Einer mit einer unangenehm schnarrenden Stimme machte einem kräftigen Mann Vorhaltungen. Der Dritte, ein weißhaariger, würdiger Mann, sicher wenigstens ein Curaca, schien vermitteln zu wollen. Kemaq hätte zu gerne gewusst, was da gesprochen wurde, aber die Sprache war ihm vollkommen fremd. Er lauschte. Als Läufer war er darin geübt, Botschaften auswendig zu lernen, und jetzt versuchte er, sich einige immer wiederkehrende Worte zu merken. Der Streit fand auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes statt, aber die nackten Lehmwände der Gebäude trugen den Schall gut zu ihm hinauf. Drei Worte hörte er immer wieder: Orden, etwas, worunter er sich nichts vorzustellen vermochte – vielleicht ein Land? Dann Ritter, womit sich die Fremden vielleicht selbst bezeichneten, und Drachen, und diese Worte bezogen sich eindeutig auf die fliegenden Götter. War das also ihr Name? Drachen?
    Der Streit wurde heftiger; andere, offenbar weniger hochgestellte Männer mischten sich ein. Einer davon, ein plumper Kerl mit zu lauter Stimme, tat sich besonders hervor und ließ sich auch von dem Curaca, oder wie immer sein Titel sein mochte, nicht maßregeln. Er hatte einen Knaben an seiner Seite, der nun ebenfalls wütend die Stimme erhob. Und gerade als Kemaq glaubte, die Männer würden zu den Waffen greifen, hob der bläuliche Drache den Kopf gen Himmel und ließ ein markerschütterndes Brüllen hören, in das fast sofort die anderen Götter einfielen. Kemaq hielt sich die Ohren zu, und er spürte, dass der Tempel unter ihm erzitterte. Die Yayakuna verstummten wieder, und einer von ihnen – er schien ein Anführer zu sein – verkündete etwas mit donnernder Stimme. Einen kurzen Augenblick herrschte Stille, dann, ganz plötzlich, löste sich die Versammlung auf. Einige der fliegenden Götter breiteten die Schwingen aus.

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