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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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für die Sporen. Es ist nur ein alter Brauch aus einer Zeit, als viele unserer Ritter noch zu Pferde dienten.«
    » Ich nehme an, die Drachen würden die Sporen kaum bemerken, oder?«, fragte Mila, die an der Gürtelschnalle herumnestelte, denn der Gürtel war zu weit. Schließlich erklärte sich Dietmar bereit, ein weiteres Loch zu stechen.
    » Der Sporn würde ihre dicken Schuppen nicht durchdringen, das ist richtig, Condesa«, erklärte ihr Don Mancebo unterdessen, » außerdem würden sie es vermutlich als tödliche Beleidigung auffassen, wenn Ihr sie wie ein Pferd antreiben wolltet. Vergesst nicht, ein Drache trägt nur, wen er tragen will, er ist nicht gezähmt, sondern er dient an unserer Seite aus freien Stücken.«
    » Aber hat nicht der heilige Georg die Drachen einst unterworfen?«, fragte Mila, die endlich mit dem Gürtel zufrieden war.
    Dietmar hustete, weil er sich offenbar verschluckt hatte, und Don Mancebo lachte laut auf, bevor er erklärte: » Unterworfen? Das solltet Ihr um Himmels willen nie in Gegenwart eines Drachen behaupten, Condesa!«
    Kleinlaut gab Mila zu, dass sie es nicht besser wusste. » So hat es mir meine Mutter immer erzählt«, fügte sie als schwache Rechtfertigung hinzu.
    » Vielleicht solltet Ihr der Comtesse die wahre Geschichte erzählen, Don Mancebo«, meinte Dietmar, der ihr mit dem schweren Umhang half, den sie für die Zeremonie tragen musste. » Wo sie doch jetzt eine Ritterschwester wird.«
    » Nun, wir haben noch einen Augenblick Zeit, denke ich. Also hört, Condesa«, begann der Maure: » Als die Drachen vor über neunhundert Jahren die Vulkane verließen, da verbreiteten sie Angst und Schrecken, sie raubten den Hirten das Vieh, wenn sie hungrig waren, und wenn die verzweifelten Hirten sich wehrten, töteten die Drachen auch sie, und es schien, als seien sie unbesiegbar.«
    » Erklärte die Kirche sie nicht sogar zu Vorboten der Apokalypse?«, fragte Mila. Da draußen wartete man vielleicht schon, um sie zur Ritterschwester zu schlagen. Sie hätte diese Geschichte lieber bei einer anderen Gelegenheit gehört, doch der Maure war die Ruhe selbst und fuhr fort: » So ist es, die Kirche verkündete das Ende der Welt, doch das Jüngste Gericht kam nicht. Die Drachen aber blieben, und sie verwüsteten weite Landstriche. Bald schickten die Fürsten der Länder jedoch regelrechte Heere gegen diesen schrecklichen Feind aus, und viel Blut wurde damals vergossen. Meistens war es das Blut der Menschen, doch von Zeit zu Zeit gelang es ihnen doch, einen der Drachen zu töten. Der heilige Georg war ein General des oströmischen Kaisers. Er hatte in Nordafrika mit seinen Männern einen Drachen bezwungen, und er zog nach Norden, um sie einen nach dem anderen zu töten und sie schließlich auszurotten. Doch die Drachen sind keine wilden Bestien, Ihr wisst selbst, wie klug sie sind. Marduk war es, der sie zusammenrief, und als Georg mit seinem Heer erschien, stand er nicht einem, sondern zwei Dutzend Drachen gegenüber. Ich nehme an, sie hätten das Heer leicht vernichten können, aber das wollte Marduk nicht. Er war den Krieg zwischen den Völkern leid, also bot er Georg einen Waffenstillstand an.«
    » Einen Waffenstillstand?«, rief Mila erstaunt.
    » Ihr solltet erwähnen, dass die Drachen das Heer Georgs bereits auseinandergejagt hatten, Don Mancebo«, warf Dietmar gut gelaunt ein.
    » So ist es«, fuhr der Ritter mit einem Lächeln in der Stimme fort. » Es ist also nicht ganz richtig, wenn erzählt wird, dass Georg die Drachen unterworfen hat. Genau genommen lag er schon unter den Krallen Marduks, als sie verhandelten. Ich nehme an, er hat daher den Waffenstillstand sehr gerne angenommen. Fortan lieferten die Menschen den Drachen Fleisch, und dafür wurden ihre Herden verschont. Aus dem Waffenstillstand wurde ein Frieden und aus dem Frieden ein Bündnis, das seinen Höhepunkt schließlich mit der Gründung des Ordens fand. Andere Drachen und andere Herrscher erkannten die Vorteile dieses Bundes und folgten diesem Beispiel früher oder später. Doch sind die anderen Orden Geschichte, und nur unsere dreizehn Drachen sind noch übrig.«
    Nun war Mila doch beeindruckt. Das war ganz und gar nicht die Geschichte, die man ihr erzählt hatte.
    » Vielleicht kann ich Euch die Geschichte später noch einmal etwas ausführlicher erzählen, Condesa«, schloss der Maure, » doch jetzt sollten wir aufbrechen, denn wir werden erwartet. Ich hoffe aber, Ihr werdet nun nicht noch einmal behaupten,

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