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Drachentau

Drachentau

Titel: Drachentau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Roose
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einer meterdicken Mauer umgeben. In ihrer Mitte waren die Überreste eines einst prächtigen Schlosses zu sehen. Die Burg war eine Ruine. Aber sie zeugte noch immer von einer glanzvollen Zeit. Tumaros landete auf ihrem Marktplatz. Er war von wilden Pflanzen und jeder Menge Unkraut überwuchert. Sie musste schon viele Hundert Jahre unbewohnt sein.
    Rosa sah sich um. »Was ist mit ihren Bewohnern passiert? Warum lebt hier keiner mehr? Sie ist so riesig, sie war doch bestimmt uneinnehmbar?«
    »Ja, sie war uneinnehmbar. So lange, bis ich kam. Ich habe sie eingenommen. Sie war lange Zeit mein größter Schatz«, sagte Tumaros mit stolzgeschwellter Brust. »So lange, bis ich dich fand.«
    »Oh ... du hast? Aber Tumaros ... du kannst doch ... nicht.«
    »Ich kann nicht?« Tumaros lachte laut. »Natürlich kann ich. Wozu sind Schätze denn da, außer, um sie zu rauben? Wozu sind Bären da, außer um sie zu erschrecken?« Er wollte noch sagen, außer um sie zu fressen, aber das sparte er sich. Rosa schaute entsetzt. Sie wich ein paar Schritte nach hinten und schaute sich um, ob es einen Fluchtweg für sie gäbe. Aber schon hatte sie Tumaros‘ Schwanz im Rücken, der ihre Gedanken sofort erraten hatte.
    »Wage es niemals wegzulaufen, Rosa. Du bist mein Schatz. Ich werde dich finden. Überall.«
    Rosa zitterte und nickte nur stumm. Tumaros sah sie an und zog die Augenbrauen zusammen. Er knurrte leise.
    »Die ... die Burg ... es war bestimmt ... schwer ... ich meine ... sie ist doch ... groß« und leise fügte sie hinzu: »Sind viele Bären gestorben?«
    Tumaros warf den Kopf in den Nacken und lachte ein donnerndes, grausames Lachen. »Schwer? Es war leicht. Ich habe sie in Schutt und Asche gelegt. Jeden einzelnen Bären habe ich aufgespürt. Ich kann sie riechen. Ich kann ihren Herzschlag hören. Sie können sich vor mir nicht verstecken. Ob es viele waren? Mehr, als du zählen kannst.«
    Rosa zwang sich, anerkennend zu nicken, aber sie befürchtete, jeden Augenblick ohnmächtig zu werden. »Können wir wieder nach ... zum Drachenberg fliegen?«
    »Steig auf!«
    Rosa kletterte auf seinen Rücken. Schweigend flogen sie zum einsamen Berg. Der Himmel war wolkenverhangen. Die Sterne schwiegen und Rosa hatte niemanden, mit dem sie auch nur ein einziges Wort hätte sprechen können.

Gefangen
    Der Wind wirbelte die ersten Herbstblätter von den Bäumen. Der Wald war in sattes Rot und Gelb getaucht. Die Sonne schickte ihre letzten wärmenden Strahlen, als Rosa mit einem Korb voller Pilze aus dem Wald kam und auf den Höhleneingang zuging. Sie stutzte, denn Tumaros lag nicht an seinem gewohnten Platz. Wo konnte er sein? Dass er sie aus den Augen ließ, war nahezu undenkbar. Rosa stellte ihren Korb ab und ging in die Höhle. Der Eingang zur Schatzausbuchtung war hell erleuchtet von unzähligen Fackeln. Dort sah sie Tumaros Schwanzspitze sich ihr entgegenstrecken. Was trieb er dort bloß? Rosa ging zu ihm. Er hatte den Schatz neu aufgeschichtet und seine Augen wanderten mit krauser Stirn darüber hin und her.
    »Was tust du hier?«
    Tumaros antwortete nicht und starrte weiter auf den Schatz.
    »Zählst du die Münzen?«
    Jetzt sah er sie an. »Ich schaue nach, ob noch alles da ist.«
    »Ob noch alles da ist? Wie soll denn hier etwas verloren gehen? Niemand kommt hierher?«
    »Du bist hier.«
    »Ich? Ja, aber ... ich nehme doch ... nichts.»
    »Ich sehe ja auch nur mal nach. Man weiß nie. Wo ist das Messer?«
    »Ich habe es hier.« Rosa trug es am Gürtel und zeigte es.
    »Gut, dann ist alles da.« Tumaros blies die Fackeln aus, trottete zu seinem Platz und legte sich schlafen. Rosa zuckte mit den Schultern und blickte ihm nach.
    Sie bereitete sich ihr Frühstück und setzte sich auf den Felsvorsprung neben der Quelle. Das war der einzige Platz, den Tumaros duldete, obwohl er sie dort nicht sehen konnte, wenn er schlief. Er hörte ihren Herzschlag und das genügte.
    Rosas Blick ging nach Osten, dort wo ihr Bärendorf lag. Wenn Jakob sie doch nur sehen könnte. Sie hatte ein ganzes Mobiliar aus Weidenzweigen geflochten, ein Bett, ein Regal, einen Tisch und sogar einen Sessel. Weidenzweige flechten war ihre einzige Beschäftigung und sie war inzwischen eine Meisterin dieser Kunst. Es gab beinahe nichts, das sie nicht aus Weiden herstellen konnte. Jakob wäre stolz auf sie gewesen. Tumaros war es egal, was sie den ganzen Tag trieb, solange er sie nicht aus den Augen verlor und sie ihn nicht beim Schlafen störte. Rosa achtete genau

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