Drachentempel 01 - Sternenträume
war sogar noch größer als Lawrence, gut über zwei Meter, und besaß Muskeln, die so stark waren wie ein Skinsuit. Es spielte keine Rolle – nach einer harten Landung auf dem Boden war er eine Woche humpelnd herumgelaufen. Seither zeigte der Junge gegenüber Amersy reichlich Respekt – wahrscheinlich die einzige Lektion, die er in den neun Wochen seit seiner Versetzung in Lawrences Platoon wirklich begriffen hatte.
»Gibt es an Bord Stewardessen?«, wandte sich Hal an Edmond Orlov. »Du weißt schon, eine einigermaßen niedliche Pussy.«
»Das ist ein verdammter Militärtransport, du Scheißkopf!«, schnarrte Edmond. »Offiziere und das Management kriegen einen Null-G-Blowjob. Du kannst Karl ficken.«
Karl Sheahan hob den Kopf und öffnete blinzelnd die Augen. Winzige optronische Membranen über seinen Pupillen lösten sich in Nichts auf. Er zeigte den beiden den gestreckten Mittelfinger.
»Was ist mit dem Raumschiff?«, beharrte Hal. »Gibt es wenigstens bei der Besatzung ein paar Miezen?«
»Ich hab nicht die beschissenste Ahnung. Und außerdem, selbst wenn sie alle Frauen wären, würde es für dich nicht den winzigsten Unterschied ausmachen. Die Besatzungen kriegen immer nur das Allerbeste, und das bedeutet, dass selbst ihre dämliche Kaffeemaschine schlauer und attraktiver ist als du.«
»Au Mann, was für eine Verschwendung! Ich meine, wie oft hat ein Typ schon so eine Gelegenheit? Wie ich das einschätze, erlebe ich vielleicht sechs oder sieben Kampagnen. Damit mache ich insgesamt nicht mehr als vierzehn Raumflüge, richtig? Ich will keinen davon verschwenden, das wäre ja beinahe kriminell!«
»Verschwenden? Wieso?«
»Zwischen den Polstern herumsegeln. Der große Freie Fall, frei für alle. Ein Rodeo mitten in der Luft.« Er ballte die Fäuste und hob sie flehend in die Höhe. »Ich will Sex in Schwerelosigkeit, Mann! Jede unnatürliche Position, für die wir nicht gebaut sind! Heilige Scheiße, ich krieg einen hoch, wenn ich nur daran denke!«
»Hör endlich auf, du armer Irrer! So was gibt es nicht. Die Vorstellung ist ein Mythos, den sich irgendeine Publicityabteilung der Company ausgedacht hat, als sie damals angefangen haben, Touristen in den Orbit zu fliegen, kapiert? Du brauchst in der Schwerelosigkeit nur zu schnell den Kopf zu drehen, und schon fängst du an zu kotzen. Du taumelst durch die Gegend wie nichts Gutes, und es kommt dir aus jeder Öffnung. Und wenn ich sage jede, dann meine ich das auch. Und jetzt vergiss diesen Scheiß und lass uns ein wenig zur Ruhe kommen, ja?«
Hal zog sich verletzt zurück. Edmond war sein einziger Freund im Platoon, und die beiden hatten mehr als einmal die nächtliche Ausgangssperre gebrochen und waren zusammen in Cairns über den Strip gezogen.
Lawrence wartete schweigend ab in der Hoffnung, dass der Kleine irgendwann von alleine aufhören würde. Neben seinem Platoon warteten noch zehn andere in der Halle auf ihren Transport in den Orbit, und jeder Squaddie war nervlich angespannt. Es brauchte nicht viel, um einen Kampf herauszufordern. Lawrence wollte den Jungen nicht herumkommandieren, bevor die Mission überhaupt richtig angefangen hatte. Keiner der anderen war eine derartige Nervensäge, doch sie waren alle älter, waren alle schon im Einsatz gewesen, und die Hälfte von ihnen besaß Familie, was sie ruhiger und besonnener machte.
Hal schlenderte zu einem der großen Panoramafenster und drückte das Gesicht gegen das Glas. Er starrte begierig den großen Raumflugzeugen hinterher, die ununterbrochen starteten und landeten. Er trank einen Schluck aus seiner Coladose.
»Hal, hör jetzt lieber auf zu trinken«, sagte Amersy. »Du solltest keine Flüssigkeit im Magen haben, wenn wir den Orbit erreichen. Du wirst kotzen, ohne dass du dafür den Kopf bewegen musst.«
Hal starrte die Dose an, dann ließ er sie fallen und trat sie in Richtung des nächsten Papierkorbs, doch er schwieg endlich.
Der Junge würde sich schon machen, dachte Lawrence. Er brauchte nur eine führende Hand während der ersten Zusammenstöße, und er würde lernen, vorsichtig zu sein. Zu dumm, dass er keine feste Freundin hatte – so etwas wirkte stets beruhigend. Doch mit neunzehn Jahren interessierte er sich nur für eines: so viele Mädchen ins Bett zu ziehen, wie er mit seinen Muskeln und seiner Kreditkarte beeindrucken konnte.
Viereinhalb Stunden später wechselte die Anzeige auf dem großen Bildschirm und verkündete, dass sie nun endlich an Bord gehen konnten. Hal
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