Drachentempel 02 - Drachenfeuer
zu analysieren und herauszufinden, wie lange sie gestanden hatten. »Es muss hier früher Morgen gewesen sein, als Josep am Raumhafen gefangen wurde«, sinnierte er, während der Techniker eine Probe der halbflüssigen Flocken nahm.
Ein anderer Techniker untersuchte die Schlafzimmer und das Bad auf Haar- und Hautproben.
Die inzwischen sehr beunruhigte Nachbarin sagte, dass sie glaubte, Denise würde in der Vorschule unterrichten. Nein, sie wüsste nicht in welcher, nur, dass es eine Vorschule sei oder ein Kindergarten.
»Ich will, dass jeder Lehrer in der Stadt zum Verhör gebracht wird!«, instruierte Simon den Gouverneur. »Auf der Stelle.«
»Ich habe eine DNS-Übereinstimmung gefunden!«, berichtete der Techniker. »Eine Hautprobe aus einem der unbenutzten Schlafzimmer gehört Josep Raichura.«
»Ausgezeichnet«, murmelte Simon. Alles fügte sich wundervoll zusammen. Von allen Herausforderungen, Rätseln und Jagden, an denen er in all den Jahren teilgenommen hatte, hatte ihm keine größere Befriedigung verschafft als diese hier. Ein Teil seines Unterbewusstseins verspürte fast kindliche Freude über die Aussicht, ein Alien zu treffen, selbst wenn diese Begegnung möglicherweise äußerst aufrührend verlaufen würde und sogar die Gefahr eines Krieges bestand angesichts der feindseligen Aktionen des Aliens. Was ihn nachdenklich stimmte. Interstellarer Krieg war ein Ding der Unmöglichkeit, oder vielleicht doch nicht? Wenn schon Handel praktisch unmöglich war, wie sollten dann Invasion und Eroberung in Frage kommen? Aber warum zur Hölle war das Alien dann so feindselig?
Er wusste, dass die Antwort zum Greifen nahe lag. Wenn es ihm nur gelang, die Fakten in der richtigen Reihenfolge zusammenzusetzen …
Mrs. Potchansky war die neunzehnte Oberlehrerin, die Simon vorgeführt wurde. Es war halb vier morgens, und er hatte inzwischen viel zu viel starken Kaffee getrunken. Das Koffein kratzte allmählich an seiner Stimmung und führte zu einer subtilen Depression. Es war eine Sache, sich ständig klugscheißerische Beleidigungen anzuhören, doch er konnte buchstäblich die Gedanken der verschiedenen Lehrer sehen und spüren, wie sehr sie ihn hassten und verachteten. Es konnte einen Mann in der Seele zerrütten.
»Arbeitet Denise für Sie?«, fragte Simon, als die alte Frau vor ihm stand.
»Ich kenne keine Denise.« Es war eine perfekte Lehrerinnenstimme, die in jedem Zuhörer augenblicklich ein Gefühl unendlicher Unterlegenheit erzeugte. Sie gehörte zu jenen wenigen Lehrern, die vollständig angezogen eingetroffen waren. Simon stellte sich vor, dass selbst die Skins hatten warten müssen, bis sie die angemessene Kleidung ausgesucht und in der angemessenen Zeit angelegt hatte.
»Ah«, murmelte er zufrieden. Er legte die Fingerspitzen zusammen und stützte das Kinn darauf. Ein Paneel auf seinem Schreibtisch leuchtete auf und zeigte das Bild, das die AS aus den Beschreibungen der liebeskranken Tauchlehrer erzeugt hatte. »Ist sie das?«
»Wenn ich sie nicht kenne, kann ich sie wohl kaum identifizieren, oder?«
»Aber Sie kannten sie. Und ich finde das, was Sie denken, äußerst interessant.«
Mrs. Potchanskys Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos, doch in ihrem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken.
»Wussten Sie, dass sie mit einer, wie soll ich es ausdrücken, mit einer Widerstandsbewegung in Verbindung stand?« Sein DNI scrollte die Datei der Frau vor seinen Augen herunter.
»Wenn diese Farce vorbei ist, gehe ich jetzt nach Hause. Ich nehme an, Sie werden mich mit der gleichen Eilfertigkeit wieder nach Hause bringen, mit der ich hierher gebracht wurde?«
»Setzen Sie sich!«, bellte Simon.
Mrs. Potchansky rückte geziert den Stuhl zurecht und nahm sich demonstrativ ihre Zeit. Ihre Gedanken mündeten in einer stählernen Entschlossenheit.
»Wann haben Sie Denise zum letzten Mal gesehen?«, fragte Simon.
»Sie kennen den Namen der Person, und doch wissen Sie scheinbar nicht, wie sie aussieht? Das ist wirklich sehr eigenartig.«
»Ist es. Insbesondere, wenn Sie Ihre Schuldateien überprüfen, weil Sie nämlich nicht dort zu finden ist. Noch in irgendeiner anderen Datei, die wir bisher aus dem Datapool extrahiert haben.«
»Das macht es sicher sehr schwierig, sie zu verfolgen«, sagte Mrs. Potchansky.
»Wann hat sie aufgehört zu arbeiten? Bitte.«
»Nein.«
»Wie Sie meinen. Sie können gehen. Ich werde Sie mit einem Wagen nach Hause bringen lassen.«
Mrs. Potchansky musterte ihn
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