Drachentempel 02 - Drachenfeuer
Die armen kleinen Dinger brauchen in den ersten Tagen alle Hilfe, die sie kriegen können.«
»Was denn, das ist ein Herd?«
»Ganz genau«, sagte Jackie. Sie stand im Eingang und zog ihre Stiefel aus. »Vor mehr als drei Jahrhunderten eingebaut, und er funktioniert immer noch ausgezeichnet. Der Brennring wurde modifiziert und arbeitet mit Methan, aber ansonsten ist er noch genauso wie am Tag, als er die Fabrik verlassen hat.«
Lawrence musterte den Behemoth misstrauisch. Wenn sie die Wahrheit erzählte, war dieses Ding älter als die Besiedlungsgeschichte von Amethi. Erstaunlich.
»Ihr beide solltet besser eine heiße Dusche nehmen und euch umziehen«, sagte Jackie. »Ihr seid ja ganz blau. Wir haben reichlich heißes Wasser. Ich mache Tee für euch, wenn ihr wieder runterkommt.«
Joona nickte. »Hier entlang.« Sie nahm erneut Lawrences Hand und führte ihn neckisch aus der Küche.
»Da hast du dir wirklich einen großen gesunden Burschen angelacht!«, rief Jackie ihnen hinterher.
»Wahrscheinlich braucht ihr heute Nacht das Doppelbett.«
»Oma!«, rief Joona entsetzt zurück. Doch sie lächelte Lawrence an auf der Suche nach seiner Zustimmung. Es gelang ihm zurückzulächeln.
Ein Kessel pfiff auf der Herdplatte, als er wieder nach unten kam. Er hatte ein sauberes T-Shirt in seinem Seesack gefunden, und Joona hatte ihm einen dicken aprikosenfarbenen Pullover gegeben. Die Arme waren nur ein paar Zentimeter zu kurz.
Er setzte sich an den großen Küchentisch aus massiver Eiche und beobachtete Jackie dabei, wie sie Tee kochte. Sie benutzte eine Porzellankanne und löffelte dunkle Krümel hinein, bevor sie Wasser darüber goss. Er hatte noch nie solchen Tee gesehen.
»Es dauert länger, aber dafür schmeckt es auch viel besser als eure Mikrowellenwürfel«, sagte sie, als sie seine staunenden Blicke bemerkte. »Das Leben hier oben ist nicht so hektisch; wir haben noch Zeit, unseren Tee ziehen zu lassen, wie es sich gehört.«
»Klingt nicht schlecht. Ich könnte etwas weniger Hektik vertragen.«
Jackie saß auf einem Stuhl vor einem modernen Desktop-Pearl. Das Paneel zeigte einen Pullover mit einem kunstvollen Strickmuster aus hellen Farben. Sie befahl dem Pearl, sich auszuschalten, und das Paneel faltete sich zurück in das Gehäuse. »Ich bin sicher, unsere Joona hat dir den Kopf mit revolutionären Geschichten gefüllt.«
»Eigentlich nicht. Aber sie hat große Vorbehalte gegen die Companys.«
»Ah. Nun ja, sie gibt den Companys die Schuld, dass ihre Eltern sich getrennt haben. Ihre Mutter hat für Govett gearbeitet; sie organisieren eine Menge Transporte für die Wiederaufforstung. Das Dumme war nur, dass Govett eine aufgeklärte Personalpolitik betreibt. Sie versetzen ihre Leute alle fünf Jahre, sodass sie nicht einrosten oder in eine Sackgasse geraten. Ihr Vater, mein Ken – er wollte die Highlands unter gar keinen Umständen verlassen. Wieso diese Frau seine tiefe Verwurzelung in unsere Gegend nicht begriffen hat, werde ich wohl niemals verstehen.« Sie seufzte. »Dann hatte er einen Unfall, drüben in Glen Coe. Einen Skiunfall, der ihn das Leben kostete. Joona war damals erst zwölf.«
»Und danach haben Sie sie großgezogen?«
»Genau. Sie wollte nichts mit ihrer Mutter zu schaffen haben. Starrköpfig ist sie. Ihre Mutter hat uns Geld geschickt und sie an der Prodi untergebracht, doch das ist der einzige Kontakt, den es zwischen uns jemals gegeben hat.«
»Ich kann gut verstehen, warum sie so an dieser Gegend hängt.«
Jackie schenkte ein wenig Milch in einen großen Becher, dann benutzte sie ein Sieb, um den Tee darüber zu gießen. »Es ist nicht nur Fort William, es ist die ganze Art und Weise, wie wir leben, die ihr so viel bedeutet.«
Er deutete auf die Küche und die vom Alter dunklen Holzmöbel, den abgewetzten Fliesenboden. Teller, Tassen und Gläser standen auf den Regalen eines großen Walisischen Küchenschranks, wahrscheinlich ausnahmslos Antiquitäten. Kupferkessel und -pfannen hingen über dem Ofen, zusammen mit Bündeln getrockneten Rosmarins, der ein mildes Aroma verströmte. Trotz des altmodischen ersten Eindrucks bemerkte er einen Geschirrspüler und einen Kühlschrank, die unter der Arbeitsplatte eingebaut waren. Draußen in der Garage hatte er außerdem einen kleinen Reinigungsroboter gesehen. Das Einzige, was in dieser Küche wirklich fehlte, war ein Texturalizer, um aus rohen Proteinzellen Grundnahrungsmittel herzustellen. Viele Leute hatten heutzutage nicht
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