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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Er rieb sich die Stirn. »Entschuldigt, dass ich all Eure Boten abgewiesen habe. Wir durften nicht wagen, Ido irgendeinen Vorwand dafür zu liefern, die Prüfung abzubrechen.«
    »Lord Ido will die Prüfung nicht abbrechen«, entgegnete ich. »Er rechnet mit meinem Versagen und vermutlich liegt er damit richtig. Glaubt Ihr wirklich, dass ich in zwei Tagen lernen kann, den Königsmonsun zu bändigen?«
    Tyron seufzte. »Ein Lehrling braucht seine gesamten zwölf Ausbildungsjahre, um die Kraft seines Drachen zu beherrschen. Und so lange braucht er auch, um sich auf sein Jahr als Herrschendes Drachenauge vorzubereiten.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Andererseits vermögt Ihr alle zwölf Drachen zu sehen. Wenn jemand es schaffen kann, dann Ihr.«
    Ich lächelte schwach. Er schob den reich bestickten Seidenvorhang beiseite und sah zu, wie der Rest seines Gefolges sich hinter uns aufstellte. Jetzt hatte ich die Möglichkeit, ihm ungestört den Drachenkompass zu zeigen. Ich zog ihn aus der Tasche meines Gewands und war dabei so aufgeregt, dass ich nicht mal ein Stoßgebet sprechen konnte.
    »Lord Tyron –«
    Er wandte sich wieder zu mir um.
    Ich hob meinen Beutel und nestelte an der Kordel. »Das hier möchte ich Euch zeigen. Der Prinz hat es an mich zurückgegeben, gemeinsam mit den anderen Kostbarkeiten des Spiegeldrachen.«
    Der Beutel ging auf. Als der Kompass in meine Hand fiel, spürte ich die Perlen an meinem Unterarm zucken.
    »Was für eine Schönheit«, hauchte Tyron. Er sah mich fragend an, nahm den Kompass in die Hand und strich über den Rubin in der Mitte. »Großartig.«
    Ich beugte mich vor. »Erkennt Ihr die Schriftzeichen, Lord Tyron? Könnt Ihr sie lesen?«
    Blinzelnd musterte er die ringsum eingravierten Ringe.
    »Die Tierdarstellungen und die Hauptpunkte sind mir vertraut«, sagte er schließlich, »aber Schriftzeichen wie diese habe ich noch nie gesehen. Sie müssen sehr alt sein.«
    Die Enttäuschung traf mich wie ein Schlag vor die Brust. Ich schloss die Augen. Selbst ein Drachenauge konnte das Buch nicht lesen. Seine Geheimnisse würden mir für immer verschlossen bleiben. Es gab keine Möglichkeit, die Schrift zu entziffern.
    Doch ich hatte eine letzte Hoffnung – das Sonnenpulver. Aber was würde geschehen, wenn es sich nicht bewährte?
    »Lord Eon.«
    Ich öffnete die Augen. Tyron sah mich über den Kompass hinweg an. Sein Gesicht war aschfahl.
    »Habt Ihr nur diesen einen Kompass?«, flüsterte er. »Aber natürlich – nach dem Verschwinden des Spiegeldrachen sind davon sicher keine mehr hergestellt worden.«
    Ich begriff, warum er erbleicht war. Jeder Kompass war auf seinen Drachen abgestimmt, und das geheime Wissen, das sich darauf befand, wurde vom jeweiligen Drachenauge an seinen Lehrling weitergereicht und für den Nachfolger in einen neuen Kompass eingearbeitet. Doch ich konnte den geerbten Kompass nicht lesen, da es kein Spiegeldrachenauge gab, das mich in seine Geheimnisse hätte einweihen können, und mit den Instrumenten der anderen Drachenaugen konnte ich die Kraft meines Tiers nicht lenken. Über all meinen verzweifelten Bemühungen, das Buch zu entziffern, war mir diese Katastrophe entgangen.
    Tyron fuhr sich abgespannt mit den Fingern über die Augen. »Von denen, die nach Daikiko reisen, interessiert sich meines Wissens nur Ido für die alten Schriften. Aber ihm dürfen wir den Kompass nicht zeigen. Wenn er erfährt, dass Ihr Euren Kompass nicht lesen könnt, wird er das zum Vorwand nehmen, Euch den Platz im Drachenrat endgültig zu verwehren.«
    »Er wird es bei der Prüfung merken«, sagte ich schrill. »Er wird es daran merken, dass ich den Kompass nicht benutze.«
    Tyron gab mir das Instrument zurück und umschloss meine Hand dabei so kurz wie beruhigend mit der seinen. »Ido hat sicher schon die Drachenlinien berechnet. Stützt Euch einfach darauf. Und ich werde Euch die Grundlagen lehren, Eure Kraft vermittels des Rubins zu bündeln.«
    »Aber Idos Berechnungen gelten nur für den Herrschenden Rattendrachen. Wie kann ich sie nutzen?«
    Tyron nagte an der Oberlippe. »Ihr seid das Zweite Herrschende Drachenauge. Ich hoffe, die Linien gelten auch für Euch – jedenfalls fast.«
    »Ihr hofft, sie gelten auch für mich? Wisst Ihr es etwa nicht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Niemand weiß, was morgen geschehen wird. Keiner weiß, was es bedeutet, dass es zwei Herrschende Drachenaugen gibt. Wir wissen nicht, ob Ihr die gleichen doppelten Kräfte habt wie Lord Ido oder ob

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