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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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herum und schlug wild auf ihn ein. Es war ein junger Soldat, der seinen Helm verloren hatte und dessen Gesicht blutverschmiert war. Ich stieß ihm die Finger in die Augenhöhle und hörte ihn aufschreien, doch er zerrte nur umso fester an meiner Robe. Ryko umklammerte meinen Oberschenkel, und die Anstrengung, zugleich mich und das Pferd zu halten, ließ ihn die Zähne blecken. Ich wollte den Mann erneut angreifen, doch da beendete das Pferd den Kampf, indem es dem Soldaten einen solchen Tritt verpasste, dass er mit voller Wucht gegen das Wächterhaus flog. Ryko riss an den Zügeln, als das Tier vorandrängte und zugleich nach allem hinter uns ausschlug.
    Verbissen hielten wir uns fest. Ich drückte die Hände von hinten an Rykos Brust, während er darum kämpfte, das Pferd wieder unter Kontrolle zu bekommen. Schließlich beruhigte es sich und stand mit bebenden Flanken da.
    »Sieh mal!«, rief ich Ryko ins Ohr und zeigte nach vorn.
    Rykos Freund hatte seinen Gegner niedergestochen und hieb sich nun eine Gasse durch die Soldaten vor uns. Sein seltsamer Schrei hatte die kaiserliche Garde in einem Ring um uns versammelt, der die angreifenden Soldaten beharrlich abwehrte und sich einen Weg durchs Getümmel bahnte. Ryko trieb das erschöpfte Pferd Schritt für Schritt vorwärts, während die Gardisten uns langsam an den Rand des Gefechts führten.
    »Ich brauche ein Schwert«, brüllte Ryko.
    Ein groß gewachsener Gardist zu unserer Rechten stieß einem Soldaten sein Schwert in die Brust, zog es wieder heraus und schob den Sterbenden beiseite.
    »Deckung!«, schrie er dann und trat einen Schritt zurück. Die beiden Gardisten, die links und rechts von ihm kämpften, rückten zusammen, ohne aus ihrem Fechtrhythmus zu geraten.
    »Hier«, rief der große Gardist Ryko zu und reichte ihm sein blutiges Schwert.
    Ryko dankte ihm und prüfte rasch, wie die Waffe in der Hand lag und wie gut sie sich führen ließ, während der Gardist einen Dolch zog und sich wieder ins Gefecht stürzte.
    Wir waren jetzt fast im Torhof. Das Pferd strebte vorwärts, denn es spürte die nahe Sicherheit. Mit einer Wendigkeit, die seinen stämmigen Körperbau Lügen strafte, sprang der vorde re Gardist zur Seite und überließ uns seine beiden Gegner. Den einen trampelte das Pferd zu Boden, während Ryko den anderen mit dem Schwert tötete.
    Wir hatten es geschafft!
    Ryko steuerte das Pferd zum Dienerweg. Ich blickte zurück. Die Gardisten bildeten eine Linie, um Verfolger aufzuhalten. So wenige Verteidiger gegen so viele Angreifer! Einer der Gardisten sah sich um und vergewisserte sich, dass wir entkamen. Ich hob die Hand. Er grüßte mich knapp und wand te sich wieder dem verzweifelten Kampf zu.
    »Dieses Tier macht es nicht mehr lange«, sagte Ryko und ließ das zitternde Pferd über den dunklen, unebenen Weg traben. »Alles in Ordnung?«
    »Bei mir ja. Was ist mit deinem Bein?«
    »Nur eine Schnittwunde.« Er ließ das Pferd halten. »Könnt Ihr von hier aus zu Fuß weiter?«
    Als Antwort ließ ich mich vom Pferd gleiten. Das Tier wich zur Seite aus, als ich auf dem Boden ankam und kraftlos neben den Hufen einknickte. »Meine Beine! Sie sind ganz schwach!«
    »Das geht vorüber«, erwiderte Ryko. »Ruht Euch einen Moment lang aus.« Er saß ab und achtete darauf, das den Kopf unruhig hin und her werfende Pferd nicht sein blutiges Schwert sehen zu lassen. Ich massierte meine Oberschenkel, während er das Tier vom Weg führte und die Zügel über einen Busch warf.
    »Glaubst du, dass Lady Dela hier in Sicherheit ist?«, fragte ich. »Bei all den Soldaten?«
    »Lady Dela kann selbst auf sich aufpassen.« Er wischte das Schwert im Gras ab und schob es in die Scheide. Ein Knirschen von vorn ließ uns aufhorchen. Da kam jemand. Jede Menge Leute kamen da. Ryko zog mich auf die Beine. »Höchste Zeit zu verschwinden.«
    So begann ein Versteckspiel auf Leben und Tod. Sethons Soldaten waren weit in den Palastbezirk vorgedrungen und trieben gezielt alle Bewohner in die größeren Innenhöfe. Während wir zwischen den Gebäuden hindurchflitzten, sah ich Gruppen kreischender Frauen und sich duckender Eunuchen, die auf die Knie geprügelt wurden. Zu oft gelang es uns nur gerade eben noch, vor vorbeikommenden Soldaten in De ckung zu gehen. Immer wieder glaubte ich fest, sie würden mein Herz klopfen hören oder das Weiß meiner panisch ge weiteten Augen im Dunkeln glimmen sehen. Einmal ließ mei ne verfluchte Hüfte mich nicht schnell genug verschwinden und ein

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