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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Hass. Zuvor hatte sich nur geringer, dumpfer Widerstand geregt, und zwar bei jenen, die nur zu gerne die französischen Soldaten bekämpft hätten, um hinterher im Gasthaus damit zu prahlen oder den englischen Truppen davon zu berichten, während sie gleichzeitig vor Letzteren ihre Vorräte versteckten. Doch nun floh niemand, wenn sie mit ihren Drachen landeten, sondern alle brachten ihr Vieh herbei, um die großen Tiere zu füttern. Die Anzahl der täglichen Rauchwolken von Signalfeuern wuchs. Die kleineren Drachen der Pennines, die wild zu leben pflegten und normalerweise auf den Höfen ihre Nahrung stahlen, waren vom Hunger und durch Temeraires Überzeugungskraft dazu verpflichtet worden, die weit verstreuten Informationen zusammenzutragen. Sie schossen von einem Feuer zum nächsten, wo ihnen die Dorfbewohner ein Schaf oder eine Ziege vorsetzten. Dann brachten sie die Informationen in Laurence’ Lager zurück, das sich jeden Tag weiter nach Süden vorschob. Laurence glaubte, dass er vermutlich mehr über die Bewegungen der Franzosen wusste als ihre eigenen Generäle, und jeden Tag schrieb er lange Briefe an Jane und Wellesley.
     
    Eines Abends, als sie in Cumbria waren, landete ein kleiner, blauer Wilddrache im Lager, während sie wortlos und trübsinnig an den kleinen Feuern saßen, ihre Bajonette schärften oder mit Wasser gestreckten
Whisky tranken. Mit einer tiefen Stimme, die nicht recht zum Körperbau passte, verkündete das Tier: »Die Franzosen kommen in diese Richtung, mit Kanonen und zwölf Drachen.«
    »Das Lager wird sofort verlassen«, befahl Laurence und steckte seinen Degen ein. »Nein, lassen Sie alles liegen. Die Zeit ist wichtiger als die Vorräte. Lassen Sie die Feuer brennen. In die Luft, Gentlemen, sofort«, trieb er sie mit scharfer Stimme an, als alle noch einige Augenblicke lang zögerten.
    »Aber Laurence«, murmelte Temeraire, als sein Lenker an Bord kletterte, »warum bleiben wir denn nicht und stellen uns ihnen? Das ist doch unsere Chance für eine wirkliche Schlacht, und vielleicht haben sie sogar eine Adlerstandarte dabei…«
    »Es liegt keine Ehre darin, eine Schlacht unter Dieben zu gewinnen«, sagte Laurence tonlos, nahm die Karten, die ihm Demane entgegenstreckte, und überflog sie. »Teilen Sie sich in Gruppen nicht größer als drei Drachen auf und nehmen Sie alle unterschiedliche Routen. Wir treffen uns bei Cross Fell«, rief er noch, und sie stiegen auf und stoben auseinander.
     
    Ihre Gruppe war zu wendig, als dass sie leicht aufzuspüren oder zu fangen gewesen wäre, vor allem nicht mit Tausenden von Augenpaaren, die in alle Richtungen nach Gefahr für sie Ausschau hielten. Drei weitere solcher Angriffsversuche schlugen ebenso gründlich fehl. Die Franzosen fanden nichts vor außer aufgegebene Feuer und Kochstellen. Belohnungen, die sie in absurder Höhe anboten, wurden verächtlich ausgeschlagen, und aus Frustration wurden die Franzosen noch grausamer. Sie verlegten sich nun auf Vergeltungsmaßnahmen gegen alle, die sie verdächtigten, Nachrichten weiterzuleiten oder Temeraires Trupp Nahrungsmittel zur Verfügung zu stellen, was beinahe auf alle Engländer zutraf.
    Als Laurence und die anderen etwa zwei Wochen nach ihrem Aufbruch in Howick Hall ankamen, stießen sie auf eine größere Truppe von Plünderern, die gerade dabei waren, nicht nur Vieh und Lebensmittel
abzutransportieren, sondern die auch Gemälde, Porzellan und einen großen, silbernen Kandelaber unter ihren Armen davontrugen, während das Haus, aus dem sie kamen, langsam bis auf die Mauern niederbrannte. Die Offiziere lachten und tranken dabei auf dem Gehöft Wein aus den Kellern.
    Die Drachenschatten, die auf sie fielen, brachten ihre Freudenfeier freilich abrupt zum Schweigen, und eilig wurden zwei Dutzend Musketen angelegt. Temeraire stand über ihnen in der Luft und brüllte in Richtung des Hauses, woraufhin beinahe die gesamte vordere Mauer, die lichterloh brannte, aufflammte, in sich zusammenfiel und die Hälfte der Soldaten unter sich begrub. Einen Augenblick lang wirkte das Gebäude wie ein Puppenhaus und gab den Blick ins Innere frei, von wo aus weitere Plünderer zu ihnen heraufstarrten.
    Dann gab stöhnend das Dach nach, und das große Haus klappte in sich zusammen. Die Mauern bröckelten in einzelnen Klinkersteinen zu Boden, Ziegel klapperten und stürzten, noch immer qualmend, auf den Rasen. Wie wild geworden galoppierten die Pferde und Kühe davon, und die verbliebenen Soldaten flohen in die

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