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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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nutzlos gewesen wäre«, fügte er mit trotzigem Unterton hinzu. »Sie hat ein erstklassiges Schiff und drei Fregatten erledigt, ganz allein, nur mit den wilden Burschen, und sie hat ein Dutzend französischer Drachen verjagt. Aber sie verfügt nicht über einen Funken Disziplin. Sie tat so, als ob sie mich nicht gehört hätte, ließ den rechten Flügel des Korps sperrangelweit offen stehen, und zwei Tiere sind deswegen schwer verwundet worden. Man würde mich deswegen rauswerfen, wenn man es sich leisten könnte, auf sie zu verzichten.«
    Er lief in dem engen Zelt auf und ab, umklammerte sein leeres Glas und sprach schnell, beinahe nervös. Es schien ihm eher daran gelegen, die Stille zwischen ihnen zu füllen, als dass er seine Worte mit Bedacht gewählt hätte.
    »Daran krankt das gesamte Korps«, sagte er. »Ich habe nie gedacht, ich sei ein… ein schlechter Offizier, jemand, der seinem Drachen schadet, oder sonst irgendein Narr, den man nur weiterbeschäftigt, weil sein Tier sonst für den Dienst verloren wäre. Die Armee und die Marine verachten uns deswegen und wegen anderer Dinge, und was diesen Punkt angeht, haben sie recht, wenn sie uns verhöhnen.
Unsere Admiräle müssen nach der Pfeife der Marine tanzen, was die Jüngeren unter uns auch sehen, und dann kann man es ihnen nicht einmal vorwerfen, wenn sie alle Regeln über Bord werfen …«
    Mit einem Ruck brach er ab, als er zu spät daran dachte, dass seine Worte nicht nur für ihn selbst zu hören gewesen waren, und kläglich warf er Laurence einen Blick zu.
    »Sie haben ja nicht unrecht«, sagte Laurence. Schließlich hatte er in seinen Tagen in der Marine ebenso gedacht. Er hatte das Korps für einen Haufen rücksichtsloser, wilder Freigeister gehalten, die sich keinem Gesetz oder anderen Autoritäten unterwarfen, die Grenzen austesteten, soweit sie es wagten, und kaum zu zügeln waren. Nützlich waren sie einzig und allein, weil sie ihre Tiere unter Kontrolle hielten, aber sie verdienten keinerlei Respekt.
    »Aber wenn wir mehr Freiheit haben, als wir sollten«, fuhr Laurence einen Augenblick später mühsam fort, »dann liegt es daran, dass sie nicht genug davon haben. Ich meine die Drachen. Ihnen liegt nichts an einem Sieg, außer dass er uns glücklich macht. Ihr tägliches Brot würden sie auch von jeder anderen Nation annehmen, nur um Ruhe und Frieden zu haben. Wir bleiben im Dienst, solange wir das tun, was wir eigentlich nicht tun sollten: Wir machen uns ihre Zuneigung zunutze, um sie fügsam und willig zu halten, obwohl unsere Ziele ihnen keinen Gewinn bringen – oder sogar Schaden.«
    »Aber wie wollen Sie denn bewirken, dass sie aus eigenem Antrieb handeln?«, fragte Granby. »Wenn wir abziehen, würden uns die Franzosen überrennen und sich unsere Dracheneier unter den Nagel reißen.«
    »Sie handeln in China aus eigenem Antrieb«, sagte Laurence. »Und in Afrika. Und es ist ihnen umso wichtiger, je mehr ihr eigener Verstand nicht unterdrückt wird und ihr Herz nicht im Widerstreit dazu steht. Wenn man bei ihnen keine natürliche Vaterlandsliebe, wie wir sie verspüren, erwecken kann, dann ist das unser Fehler und nicht der ihre.«
     
    Laurence schlief in dieser Nacht in Granbys Zelt auf einer Decke. Er wollte Granbys Hängematte nicht benutzen. Es war seltsam, in der Hitze zu dösen und verschwitzt, wie mitten im Sommer, zu erwachen, dann herauszukommen und zu sehen, wie das Lager unter ihnen im Laufe der nächtlichen Stunden vom Schnee überzogen worden war. Die getarnten, grauen Zelte leuchteten plötzlich sauber weiß, und der Boden verwandelte sich bereits in morastige Pfützen.
    »Sie sind wieder zurück«, bemerkte Iskierka und sah Laurence an. Sie war hellwach und stocherte in den verkohlten Überresten ihres Frühstücks, während sie scheele Blicke über das schlaftrunkene Lager gleiten ließ. »Wo ist Temeraire? Er hat Sie in einen schlimmen Zustand geraten lassen«, fügte sie ziemlich hochmütig hinzu. Laurence konnte nicht widersprechen. Er bot wirklich einen erbärmlichen Anblick. Sein Mantel hing in Fetzen herunter, seine Schuhe waren an den Nähten aufgeplatzt, und über seine Strümpfe sollte besser kein Wort verloren werden. »Granby«, fuhr Iskierka fort und sah über Laurence hinweg zu ihrem Kapitän, »du könntest Laurence deinen viertbesten Mantel geben.« Und an Laurence gewandt fuhr sie fort: »Und Sie können Temeraire sagen, dass es mir sehr leidtut, dass er Ihnen keine schöneren Kleidungsstücke

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