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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Laurence seinen Namen genannt hatte, erwiderte der Kommandant: »Wenn Sie so freundlich sein und hier warten würden«, woraufhin er die Lichtung wieder verließ. Laurence stand nahe genug, um zu sehen, wie er mit den Offizieren sprach. Keiner der Kurierkapitäne sah willens aus, ihn mit an Bord zu nehmen. Man ließ ihn eine Stunde lang herumstehen, während vier Nachrichten hereinkamen oder losgeschickt wurden, ehe ein Winchester landete und neue Befehle der Admiralität überbrachte.
Dann schließlich kam der Kommandant und sagte: »Nun gut, wir haben einen Mann gefunden, der Sie mitnehmen wird.«
     
    »Guten Morgen, Sir«, sagte der Kapitän und legte die Hand an den Hut, als Laurence ihn erreichte. Es war Hollin, sein früherer Anführer der Bodentruppe. »Elsie, kannst du dem Kapitän hochhelfen? Da drüben ist eine Schlaufe, Sir, an der Sie sich festhalten können.«
    »Sehr freundlich, Hollin«, sagte Laurence, der dankbar für die unaufgeregte, sachliche Umgangsweise war, und stieg auf. »Wir wollen nach Pen Y Fan.«
    »Genau, Sir, wir kennen den Weg«, antwortete Hollin. »Elsie, brauchst du noch einen Happen zu fressen, ehe wir aufbrechen?«
    »Nein«, sagte sie und hob ihren tropfenden Kopf aus dem Wassertrog. »Dort gibt’s immer so leckere Kühe, ich will lieber noch warten.«
    Während des Fluges sprachen sie nicht viel. Winchester waren so klein und schnell, dass man fast immer das Gefühl hatte, selber zu fliegen. Die Wucht des Gegenwindes strapazierte die Riemen und die Karabinerhaken bis an die Grenzen, und Laurence’ Hände, die bereits voller Blasen waren, rissen an den Stellen auf, wo er sich an das Ledergeschirr klammerte. Sie rasten über verschwommene, braune Stoppelfelder voller Schnee dahin, die dünne, kalte Luft schnitt ihnen ins Gesicht und fuhr Laurence am Mantelkragen den Nacken hinunter und durch das fadenscheinige Hemd, um ihm dann auf der Haut zu brennen. Er kümmerte sich nicht im Geringsten darum, ja, er wünschte sich sogar, dass sie noch schneller vorankommen mochten; er hasste nun jede noch zu bewältigende Meile.
    Die Burg Goodrich auf ihrem Hügel tauchte vor ihnen auf, und Hollin setzte die Signalflaggen, als sie daran vorbeikamen: »Kurierdrache mit Befehlen«, und die Signalkanone der Festung feuerte zur Bestätigung, als sie das Gemäuer schon längst hinter sich gelassen hatten.
    Die Berge kamen näher und näher, und als die Sonne langsam
unterging, überflog Elsie den letzten scharfen Gebirgskamm, die festgetretenen, weiten Futterweiden, auf denen dunkle Flecken von offenkundig viel Blut zu sehen waren, und die Klippen voller Drachenhöhlen. Dann landeten sie. Der Viehstall war leer, die große Tür stand offen. Es gab keine Lichter und keine Geräusche.
    Ringsum war kein einziger Drache zu sehen.

4
    Über Nacht hatten sich Eiszapfen am Vorsprung über dem Eingang zur Höhle gebildet, eine Reihe glitzernder Zähne, und nun, da die Sonne zum Vorschein gekommen war, schmolzen sie zusammen und tropften aufs Gestein hinab – ein unregelmäßiger Klang ohne Rhythmus oder Muster. Temeraire öffnete hin und wieder die Augen und sah gelangweilt zu, wie die Gebilde immer kleiner wurden und schließlich verschwunden waren; dann schloss er wieder die Augen und ließ den Kopf auf den Boden sinken. Niemand hatte noch einmal vorgeschlagen, er solle ausziehen, oder ihn anderweitig gestört.
    Dann ließ ihn das kratzende Geräusch von Krallen auf Stein wieder hochblicken. Ein kleiner Drache war auf dem Vorsprung gelandet, und Lloyd kletterte von seinem Rücken. »Komm schon, komm schon«, sagte Lloyd und kam in die Höhle gestapft. Seine Stiefel machten Lärm und hinterließen Spuren von frischer Erde auf dem sauberen Boden. »Nun los, alter Junge, warum machst du denn einen solchen Aufstand? Wir haben heute eine wunderbare Besucherin. Und ein hübscher, fetter Ochse wird dich in Stimmung bringen …«
    Temeraire hatte nie das drängende Bedürfnis gehabt, jemanden umzubringen, außer natürlich, falls er versuchte, Laurence etwas anzutun. Zwar gefiel es ihm zu kämpfen, weil es aufregend war, aber er hätte sich nie träumen lassen, dass er mal jemanden um seiner selbst willen würde töten wollen. In diesem Augenblick jedoch wäre ihm alles lieber, als dass Lloyd vor ihm stand und so mit ihm sprach, wo doch Laurence tot war.
    »Halten Sie den Mund«, knurrte er. Doch Lloyd fuhr fort: »Extra
für dich heute Nacht haben wir den besten aufgehoben …« Temeraire reckte seinen

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