Drachenwächter - Die Prophezeiung
erreicht.
Er setzte sich auf den Boden und schaute in Fahrtrichtung. Am Horizont war nichts zu erkennen, noch immer segelten die Ambria und die Valant auf hoher See. Seld schluckte den letzten Bissen und trank seinen Becher aus.
Der Drache würde warten, bis sie ankamen. Doch wohin waren die anderen Drachen geflogen?
Talut Bas lag auf dem Boden seiner Kabine und wand sich. Die Zähne hatte er aufeinandergebissen, die Knie angezogen und seine Arme gekreuzt. Ein Ächzen drang aus seiner Kehle, und nur mühsam konnte er Schmerzensschreie unterdrücken. Er wusste, dass die Wachen sofort sein Gemach stürmen würden, sobald sie ihn hörten.
Nur langsam ebbte der Schmerz ab, und schwer atmend lag der Herrscher von Derod schließlich auf dem Rücken, die Augen geschlossen.
Er hatte die Dämonen gesehen. Sie hatten sich aus der Asche von Klüch erhoben und flogen nun über das Meer. In den Ruinen der Stadt lebte kein einziger Mensch mehr, und nun mussten die Dämonen zu ihm. Er hatte ein Schicksal zu erfüllen.
Der Weg, der so undeutlich vor Talut gelegen hatte, war nun klar. Er verstand jetzt, warum die Dämonen seinen Geist bedrängten und was sie von ihm verlangten. Sie hatten ihn auserkoren, diese Welt zu beherrschen.
Doch dazu musste er einen Schritt tun, an den er nie zuvor gedacht hatte – er musste eins werden mit einem Dämonen. So würde er Macht erhalten, jedes Lebewesen zu unterwerfen, und selbst die Dämonen würden ihm gehorchen. Sobald die Dämonen die Valant eingeholt hatten, würde es geschehen ... Es war die Prophezeiung des Bematu, die sein Schicksal vorhersagte. Diese unendliche Macht würde er erhalten, wenn er die letzte Schlacht gewann. Und Seld – er war sein Gegner.
Neue Kraft schien durch seinen Körper zu strömen, und Talut Bas erhob sich vom Boden. Jeder einzelne Muskel war angespannt, und er atmete durch, wobei er glaubte, Gerüche wahrzunehmen, die er vorher nie bemerkt hatte. Wie es wohl sein würde, wenn er mit dem Dämonen verschmolzen war?
Talut Bas öffnete die Tür seiner Kabine. Die Soldaten, die im Gang gewacht hatten, nahmen Haltung an, als Talut an ihnen vorbeischritt.
Auf Deck trat der Herrscher zu Kapitän Tebis, der neben dem Steuermann stand.
Tebis hielt den Blick auf die Ambria gerichtet. »Eine Salve ... und wir hätten sie versenkt. Ich weiß, dass Ihr diesen Seld Esan hasst. Lasst uns ihm ein Ende setzen.«
»Nichts dergleichen werden wir tun«, sagte Talut. »Ich habe noch Pläne mit Esan. Es darf ihm nichts geschehen.«
Nun schaute der Kapitän zu dem Mann, der neben ihm stand. »Ihr wisst, wohin wir segeln?«
»Ich weiß, dass wir jenseits des Meeres ein anderes Land erreichen werden.«
»Aber warum ist niemand zurückgekehrt von denjenigen, die aufs offene Meer hinausgesegelt sind?«
Talut antwortete nicht. Sein Blick folgte einer Frau, die er auf dem Deck der Ambria erkennen konnte. Sie schien zu bemerken, dass sie beobachtet wurde, verlangsamte ihre Schritte und blickte zur Valant, dann eilte sie weiter. Bei einem Mann auf dem Achterdeck blieb sie stehen.
Talut lächelte. Mesala würde mit Seld sterben.
»Er beobachtet uns«, sagte Mesala.
Seld nickte. »Ich hätte wissen müssen, dass er nicht in den Flammen umkommen würde. Er wird ... ich ...« Er schüttelte den Kopf.
In ihrem Blick erschien Besorgnis. »Was ist mit dir?«
»Ich hatte eine Geistesreise. Ich sah die Drachen. Sie sind in einem Land angekommen, das irgendwo hinter dem Horizont liegt. Dann flogen sie weiter, aber ein Drache blieb zurück. Er wird auf uns warten. Selbst jetzt, ohne Geistesreise, fühle ich ihn dort.«
»Was für ein Land ist es? Leben dort Menschen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Seld.
Mesalas Blick schweifte zurück zur Valant. »Sollten wir uns nicht von ihm absetzen?«
»Das können wir nicht«, sagte Seld. »Auch wir sind den Wellen und dem Wind ausgesetzt. Wenn Talut uns folgen möchte, kann er es tun.«
Mesala nickte.
»Du hattest in Klüch auch eine Geistesreise. Was hast du gesehen?«, fragte er.
»Als die Drachen die Stadt überquerten, war es, als hörte ich unzählige ihrer Stimmen. Sie forderten, dass ich ihnen folgen sollte. Etwas derartiges habe ich noch nie erlebt, und ich frage mich, ob ich die Einzige war, die diese Stimmen vernommen hat.«
»Nein«, sagte Seld. »Viele Menschen haben das Gleiche erlebt.«
»Aber warum? Zu welchem Zweck wollen die Drachen, dass wir Menschen ihnen folgen? Wir sind so klein und machtlos verglichen mit
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