Drachenwächter - Die Prophezeiung
die Haare. Nichts wünschte er sich mehr, als sich hinzulegen und seinen Geist in den Schlaf treiben zu lassen. »Nein«, sagte er und schaute seinem Gegenüber in die Augen. »Ker, woher hast du gewusst, dass die Dämonen kommen?«
»Der Drache hat es mir gesagt.«
»Redest du mit ihnen wie mit einem Menschen?«
»Ja. Das war schon immer so. Meine Vorfahren haben schon die Drachen sprechen gehört. Und die Drachen sagten mir, dass ich auf dich warten soll.«
»Auf mich?«
»Auf jemanden, der von jenseits des Meeres kommt und dem es bestimmt ist, mit den Drachen zu sein. Niemand von uns hat es je gewagt, sich der Drachenspitze zu nähern, doch dir ist dieser Weg bestimmt.«
Seld nickte. Er hob seinen Kopf und beobachtete die Hequiser, die mit den Taheffern lachten, sangen und tanzten. Es schien ihm, als wären er und Ker die einzigen in der Halle, die sich nicht vergnügten. »Du weißt auch, in welcher Gefahr wir uns befinden?«
»Wir Taheffer können sofort aufbrechen. Allerdings haben wir keine Wagen, denn wir sind ein sesshaftes Volk, und uns sind keine anderen menschlichen Siedlungen in Taheff bekannt. Einige Reittiere können wir mitnehmen; sie können Last tragen, aber die meisten von uns werden zu Fuß gehen. Ein langer Marsch ...«
»Wir werden im Morgengrauen aufbrechen. Verbreite es unter deinen Leuten.« Seld stand auf und ging aus der Halle.
Mitten in der folgenden schlaflosen Nacht kam Seld der Gedanke, dass Mesala vielleicht nicht mitkommen würde, und das ängstigte ihn. War sie schon allein losgezogen, in die Fremde, weg von ihm? Aber vielleicht lag sie genauso wie er in einem der Häuser der Taheffer und schlief. Er musste sich beherrschen, nicht aufzustehen und nach ihr zu suchen; es gab nichts, was er tun konnte. Und so wälzte er sich von einer Seite auf die andere, bis die ersten Sonnenstrahlen über das Land krochen.
Als Seld zu dem Gelände hinter der Siedlung kam, waren schon fast alle Hequiser und Taheffer versammelt. Seld fühlte sich an den Tag erinnert, als die Hequiser ihren Ort verlassen hatten. Es hatte damals geregnet ... doch an diesem Tag, vor diesem weiteren Aufbruch, war der Himmel wolkenlos und die Luft warm trotz der frühen Stunde. Seit einiger Zeit war Seld kein Vorsteher mehr, doch er fühlte die Blicke der Hequiser und der Taheffer auf sich, als er zwischen ihnen hindurchschritt. Zwar hatte er kein Amt mehr inne, aber er war immer noch der Anführer dieser Leute. Ark, Wod und Ker traten an Seld heran.
»Wir werden die Besatzung der Valant wirklich nicht fragen, ob sie mit uns kommen will?«, fragte Ark. »Meinst du, Talut Bas wird nicht bemerken, dass wir gehen?«
Selds Blick glitt zum Mast der Valant, der hinter den Dächern der kleinen Siedlung aufragte. »Er weiß längst, dass wir gehen ... und wohin wir unterwegs sind.«
»Aber seine Besatzung ist unwissend«, warf Kapitän Wod ein. »Wenn die Dämonen kommen, werden sie wehrlos sein.«
»Das waren die Klücher auch«, erwiderte Seld. »Wir können keine Rücksicht darauf nehmen. Uns ist ein Weg vorherbestimmt, und wir werden ihn nun gehen.« Während er sprach, ließ er seinen Blick über die Menschen schweifen, die sich um ihn herum versammelt hatten, doch er entdeckte Mesala nicht.
»Brechen wir auf«, sagte er.
Die neu gebildete Kolonne hatte sich kaum auf den Weg gemacht, als er Mesala fand. Sie lief gesenkten Blickes zwischen einer Gruppe Taheffern, als suche sie Schutz zwischen ihnen.
Seld trat an sie heran. »Ich verstehe, warum du es getan hast«, sagte er.
»Nein, das tust du nicht. Du lügst mich an.«
Seld kam näher, passte seine Schritte den ihren an. »Es steht mir nicht zu, über dich zu richten, aber ich habe es trotzdem getan. Ich kann dich nur um Verzeihung bitten, dass ich dir vorgeworfen habe, nicht wie deine Schwester zu sein.«
Nun warf sie ihm einen kurzen Blick zu. »Es ist dir vergeben.«
Hequiser und Taheffer ließen die Siedlung hinter sich und durchquerten den Wald. Seld hielt Ausschau nach weiteren Ruinen, doch hier fand er keine. Er erzählte Ker, der neben ihm lief, von dem Fund, den er und Mesala bei der ersten Landung gemacht hatten.
Ker nickte. »Wir kennen die Ruinen. Aber wir wissen nicht, aus welchem Zeitalter sie stammen. Vielleicht sind es die Stätten der Drachen, denn sie erstrecken sich über die gesamte Küste. Wir haben unzählige Überreste im Boden gefunden.«
Es war ein heißer Tag, und Seld hatte seinen Mantel ausgezogen und auf einem der acht Wagen
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