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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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abgelegt, die von kräftigen Lif gezogen wurden. Hinter dem Wald erstreckte sich eine hügelige Ebene, die Seld an die Landschaft zwischen Hequis und den Koan-Bergen erinnerte, denn auch hier zeichnete sich am Horizont das Gebirge ab. Es wurde wenig geredet in der Kolonne, als sie sich von der Küste entfernte, und der Geruch des Meeres dem vollen Duft der Wiesenblüten wich.
    Über dem Meer brach die Nacht herein. Kapitän Tebis wanderte auf dem Deck der Valant auf und ab, warf den arbeitenden Matrosen kurze Blicke zu, als hielte er nach einem einzigen falschen Handgriff Ausschau.
    Seitdem die Valant dieses fremde Land erreicht hatte, war kein Zeichen mehr von dem Herrscher zu vernehmen gewesen. Niemand hatte ihn seitdem von Angesicht zu Angesicht gesehen, nicht einmal die Matrosen, die sein Essen und frisches Wasser im Vorzimmer abstellten. Jeden Abend räumten sie die unberührten, kalten Gerichte ab und stellten am nächsten Morgen frische Nahrung und Wasser auf den Holztisch im Vorzimmer der Kabine.
    Kapitän Tebis war angewiesen worden, seine Berichte nur noch in schriftlicher Form abzugeben. Er verfasste sie auf Pergamenten und schob sie unter der Tür in die Kabine, als wäre er eine Dienstmagd. Keine einzige Anweisung war aus der Kabine des Herrschers herausgekommen.
    Nicht einmal auf die Nachricht von diesem Morgen hatte der Herrscher reagiert. Ohne etwas dagegen tun zu können, hatte Tebis beobachten müssen, wie sich dieser Esan mit seinen Leuten und den Einwohnern der Siedlung davonstahl. Tebis hatte gegen die Tür des Herrschers geklopft, nachdem er seine gekritzelte Nachricht unter der Tür hindurchgeschoben hatte, doch den ganzen Tag hatte er nichts von dem Herrscher erhalten. Wollte er sie etwa einfach so ziehen lassen?
    Wie lange würde er sich noch beherrschen können, bis er seinen Soldaten befahl, die Tür gewaltsam zu öffnen? Vielleicht war Talut Bas verstorben, und im Prunk der Kabine lag sein Leichnam?
    Gedankenverloren hatte Tebis zum rückwärtigen Horizont über dem Meer geblickt. Nun blinzelte er, kniff die Augen zusammen. Dort, am Horizont, war ein schwarzer Punkt im Himmel zu sehen – ein Fleck, der Dunkelheit am Himmel zu säen schien und die Nacht mit sich brachte. Der Kapitän eilte zur Reling am Heck des Schiffes und starrte aufs offene Meer hinaus. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als ihm bewusst wurde, wann er diese Form das letzte Mal gesehen hatte: in Klüch. Es war ein Dämon.
    »Ein wundervoller Anblick, nicht wahr?«
    Tebis wirbelte herum zu dem Sprecher – es war der Herrscher. Talut Bas lächelte, und Tebis glaubte, in das Antlitz eines Totenschädels zu blicken. Talut trug seine Königsrobe aus blauem Samt. Er wirkte, als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen, doch seine Augen waren ruhelos und stechend, seine Gestalt zwar hager, aber aufrecht und angriffslustig. »Die Dämonen kommen, um es zu beenden. Und ich bin dazu bereit.«
    »Werden sie uns töten?«
    Talut legte den Kopf schief, als dächte er darüber nach, während hinter ihm auf Deck Unruhe ausbrach – die Besatzung der Valant hatte das nahende Unheil entdeckt.
    »Sie holen sich zurück, was ihnen gehört, Tebis. Diese Welt haben sie einst beherrscht, bis Drachen und Menschen sich verschworen haben, um sie an sich zu reißen.«
    Tebis machte einen Schritt weg von dem Herrscher, der dem Wahnsinn anheim gefallen sein musste. Talut Bas breitete die Arme aus und brüllte: »Komm! Ich habe auf dich gewartet!«
    Der Dämon näherte sich schnell. War er im ersten Moment noch ein undeutlicher Punkt im dunkler werdenden Abendhimmel, wurde er im nächsten schon von seinen Schwingen herangetragen und glitt so nahe über das Schiff, dass Tebis fürchtete, er würde den Mast rammen. In einem engen Bogen wendete der Dämon – Tebis und der Herrscher drehten sich um –, dann winkelte er seine Schwingen an und sank langsam auf dem Deck des Schiffes nieder. Als seine schwarzen Klauen das Deck beim Hauptmast berührten, faltete er seine Flügel zusammen. Mit einem Mal sackte sein gesamtes Gewicht herab, und die Valant schwankte heftig von einer Seite zur anderen, so dass Tebis sich an der nahen Reling festhalten musste.
    Die meisten Matrosen waren längst vom Oberdeck geflohen, als der Dämon herangekommen war; einige waren in ihrer Furcht über Bord gesprungen und schwammen zum Anleger. »Du!«, rief Talut und deutete auf einen jungen Matrosen, der auf dem Oberdeck erstarrt schien. »Hab keine Angst. Komm zu

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