Drachenwächter - Die Prophezeiung
und auch den Dämonen immer weiter in sich aufnahm.
Es war für Tebis, als griffe das blaue Feuer auch nach ihm, und er wich zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Reling des Schiffhecks stieß, und sank zu Boden.
Was ihn dann verzehrte, war die Stille. Im ersten Moment glaubte er, das Prasseln von Feuer zu hören, doch es waren nur die Wellen, die leicht gegen die Valant schlugen. Kapitän Tebis erhob sich. Das Feuer war erloschen – der Mast war intakt, der Leichnam des jungen Soldaten lag in der Nähe, noch in seinem eigenen Blut. Mit zitternden Knien stellte sich der Kapitän auf und machte einige Schritte nach vorne. Dann sah er das Wesen, das dort auf Deck stand, wo sich vor kurzem noch der Herrscher und der Dämon befunden hatten.
Seine Gestalt war menschlich. Es stand aufrecht auf zwei Beinen, war fast dreimal so groß wie ein ausgewachsener Mann. Doch es war kein Mensch: Seine Haut bestand aus schwarzen Schuppen, und sein Kopf hatte die Züge eines Dämonen – doch darin glaubte Tebis auch das Antlitz von Talut Bas auszumachen. In den Höhlen brannten zwei tiefrote Augen. Schwarze, dicke Haare – jedes einzelne so dick wie ein menschlicher Finger – hingen vom Kopf bis auf den Rücken herab. An den gewaltigen Pranken standen spitze, schwarze Krallen ab.
Mit einer Stimme, die wie aus einer tiefen Höhle klang, sagte das Wesen: » DAS DUNKEL GEBIERT DAS OSERTEM. «
Dann rissen seine Klauen Kapitän Tebis in den Tod, und mit ihm alle anderen, die auf der Valant nach Taheff gekommen waren.
Kapitel 19
Auf der D rachenspitze
Die aus den Bewohnern von Hequis und Taheff bestehende Kolonne kam schnell voran, denn es gab kaum Hindernisse auf dem Weg, und die Leute waren ausgeruht. Seld fühlte sich rastlos, und er musste sich beherrschen, nicht loszurennen, denn hinter diesen Bergen würde er Antworten auf alle Fragen erhalten.
Als sie den Wald verließen, sahen sie vor sich eine hügelige Ebene, die Seld an das Nordostland erinnerte, aber offenbar viel fruchtbarer war.
Sie waren unterwegs, bis die Sonne den Horizont berührte. Als sie zum Rasten innehielten, glaubte Seld einen Schrei von der Küste zu vernehmen. Er fuhr in die Höhe und blickte den Weg zurück, den sie gekommen waren. Das Meer war im Zwielicht kaum noch auszumachen, und Seld konnte nicht erkennen, was der Ursprung dieses Schreis gewesen war. Doch offenbar war er der Einzige gewesen, der ihn vernommen hatte, denn alle anderen hatten sich nicht gerührt.
Es war der Schrei eines Dämonen gewesen, Seld war sich dessen sicher. Doch etwas daran war anders gewesen – fast hatte er menschlich geklungen. Waren die Dämonen schon in Taheff angekommen? Wäre das geschehen, so könnte die Kolonne niemals den Schutz der Berge erreichen, bevor die Dämonen über sie herfielen.
Mit dem ersten Licht des Tages zog die Kolonne weiter. Immer wieder blickte Seld hinter sich, ob sich Dämonenhorden am Himmel abzeichneten, doch weder eine Wolke noch die gefürchtete Schwärze waren zu sehen. Mesala und Ark bemerkten Selds Unruhe, doch sie sprachen ihn nicht darauf an, als fürchteten sie, schlechte Nachrichten von ihm zu hören.
Nun wurde die Umgebung immer unwirtlicher. Bis zum Fuß der Berge erstreckte sich ein Felsenmeer: Der Boden war steinig, und mannshohe Findlinge lagen verstreut herum.
Schweigend bewegten sich Hequiser und Taheffer vorwärts, wirbelten mit jedem Schritt einen feinen Staub auf, hielten den Blick auf die fernen Berge gerichtet. Am Nachmittag stießen sie an einen seichten Fluss, an dessen Ufer sie einige Zeit rasteten. Das Wasser war klar und kalt, es weckte Selds Sinne. Einige Leute schliefen, bis die Kolonne wieder aufbrach und sie alle durch den Fluss wateten.
Die Berge schienen kaum näher gekommen zu sein, und die Schritte wurden schwerer, doch keiner der Hequiser oder Taheffer verlangsamte das Reisetempo. Nur Kapitän Wod beschwerte sich mit schwachem Lächeln, dass er sich auf den Planken eines Schiffes wohler fühlte.
Seld beobachtete die Hequiser, während er einen Schritt vor den anderen setzte: Mesala, Ark, Erima, Hem, Telam ... sie alle waren Seld auf diesem Weg gefolgt, hatten ihm Vertrauen geschenkt. Er musste ihnen nun zeigen, dass er es wert war.
Mit dem Einbruch der Nacht hatte Seld das Gefühl, dass der Weg steiler wurde. Er blickte zu den dunklen Schemen der Berge auf, dann blieb er stehen und schaute zurück. Sie hatten das Felsenmeer durchquert und waren fast am Fuß der Berge angekommen; die Meeresküste
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