Drachenwege
ins Cottage gehe und einen neuen Haferbrei zubereite? Er muss so frisch wie möglich sein.«
»Klar bleibe ich hier und passe auf!«, beteuerte Zenor.
Kindan musst den Kessel von innen scheuern, um die angebrannte Kruste zu entfernen, ehe er den neuen Brei kochen konnte. Er verschwendete eine Menge Hafer, aber er wollte auf Nummer Sicher gehen und den Brei fertig haben, wenn die Eischale zerplatzte. Denn er wusste, wie wichtig es war, dass ein Jungtier gleich nach dem Schlüpfen gefüttert wurde.
* * *
Drei Tage später wurde er des Morgens von einem lauten Geräusch aus dem Schlaf geweckt. Hastig setzte er sich hin, wobei er sich einen Moment lang orientie-rungslos fühlte. Er öffnete einen Glühkorb und schob behutsam die oberste Strohschicht, die das Ei bedeckte, beiseite. Ein großer Riss zog sich mitten durch die Schale. Er legte eine Hand darauf und spürte, wie etwas gegen seine Finger pochte. Dann begann er, liebevoll das Ei zu streicheln.
»Ich hole nur rasch den Haferbrei«, flüsterte er und schälte sich aus seinem Schlaf pelz. Dann rannte er die kurze Strecke zum Cottage des Harfners. Er nahm den Eimer mit Blut aus der Kühltruhe, zog den Kessel, in dem der dicke Brei träge vor sich hin blubberte, an den vorderen Rand der Herdplatte und rührte das Blut hinein. Er versuchte, leise zu sein und den Harfner nicht zu wecken, doch Meister Zist hörte das Klappern des Löffels im Kessel und betrat, in seinen Schlafpelz gehüllt, die Küche.
»Schlüpft der Wachwher?«, fragte er, rieb sich den Schlaf aus den Augen und kämmte sich mit den Fingern das Haar.
»Das Ei weist einen großen Sprung in der Mitte auf«, erklärte Kindan. Er eilte mit dem Kessel in den Stall, gefolgt von Meister Zist. Kindan erinnerte sich an das Versprechen, das er Zenor gegeben hatte, aber er wagte es nicht, den Stall zu verlassen. Und im Traum wäre es ihm nicht eingefallen, den Meisterharfner zu bitten, seinen Freund zu wecken. Dies wäre einem Affront gleichgekommen.
Der Spalt in der Eischale hatte sich verbreitert, und im Stroh lag ein Splitter.
»Ich glaube, bei einem Wachwher ist die Lichtemp-findlichkeit angeboren«, meinte der Harfner und schloss die Öffnung des Glühkorbs zur Hälfte. Er drehte ihn um, so dass der trübe Lichtschimmer, der sich noch hinausmogelte, auf die Stallwand fiel und das Jungtier nicht blendete.
Das Ei begann leicht hin und her zu schaukeln, und Kindan fragte sich, ob er es von den Ziegeln entfernen sollte. Vielleicht war der Untergrund für den jungen Wher zu warm, wenn er die schützende Eihülle verließ.
Er entschloss sich zu einem Kompromiss und zog seinen Schlaf pelz heran, der als Unterlage dienen sollte.
Das Ei ruckte noch einmal heftig, dann zersprang es in zwei Teile. Der Jungwher reckte den Hals und pur-zelte aus der Schale, wobei er mit der Nase voraus auf dem Pelz landete.
Kindan gab ermutigende Zirplaute von sich und streckte die Hand aus, um das Tier zu berühren. Der Wher hob den Kopf, öffnete das Maul und fing an zu quäken.
»Du musst ihn füttern«, drängte Meister Zist. Kindan fasste in den lauwarmen Brei aus Hafer und Blut, holte einen Klumpen heraus und bot ihn dem Wachwher an.
Genauer gesagt, er beschmierte damit die Zunge des Jungtiers. Sofort schlang der Wher die Nahrung hinunter, schluckte geräuschvoll und sperrte abermals hungrig das Maul auf.
Dieses Mal benutzte Kindan einen Löffel. Als er sah, wie gierig der Wher den Brei verschlang, wusste er, dass man einem so jungen Geschöpf noch keine Fleischbrocken geben durfte. Es konnte leicht daran ersticken.
Er fütterte den Wher, bis der Kessel leer war. Dann legte das Geschöpf den Kopf schief, wie wenn es sich wunderte, warum das Füttern nicht weiterging.
»Ich mache noch einen Topf Brei«, erbot sich Meister Zist und verließ den Stall, derweil Kindan den Wachwher streichelte und gurrende Töne erzeugte, die ihn beruhigen sollten. In der schummrigen Beleuchtung kam es dem Jungen vor, als habe das Tier eine grüne Haut. Falls das stimmte, handelte es sich um ein Weibchen. Zur Bestätigung untersuchte er den Wher vorsichtig und stellte fest, dass tatsächlich ein Weibchen geschlüpft war.
Er massierte die Stummelflügel, um sich zu vergewissern, dass sie sich frei bewegen ließen, streichelte liebevoll die Augenwülste und kratzte die empfindlichen Stellen hinter den Ohren. Der Wachwher stieß mit dem Kopf nach Kindan, kreischte durchdringend und versuchte, mit seinem zahnlosen Maul an den Fingern
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