Dracula II
wir Glück haben«, murmelte er, »da könnten wir wirklich Glück haben.« Er stand auf und näherte sich mit schlurfenden Schritten einem Regal. Auf dem Boden ließ er Schleifspuren zurück, denn er hatte die Holzspäne zur Seite geschoben. Im Regal standen Bücher. Er nahm eines hervor und blies den Staub weg. Dann blätterte eres auf, murmelte dabei und legte es schließlich vor Marek auf den Tisch. »Ist da was?«
»Schau selbst hin.«
Das Bild sah kaum besser aus als Mareks Abzug. Es war ebenfalls verblichen, aber in der Brust des Pfählers trommelte das Herz plötzlich schneller.
Hänle beobachtete ihn und bekam mit, wie sich Marek den Schweiß von der Stirn wischte.
»Nun?«
Mit der flachen Hand schlug Frantisek neben das Buch. »Das ist es, verdammt, das ist es!«
»Wunderbar.«
»Jetzt brauche ich nur zu wissen, wo ich die Kirche oder das Kloster finden kann.«
Hänle setzte die Brille ab. »Du hattest recht, es ist nicht sehr weit von hier. Kennst du die Kirche oder das Kloster der schweigenden Münder?«
»Ja und nein. Ich habe davon gehört.«
»Dort wirst du die heilige Jovanka finden.«
»Und weiter?«
»Nichts. Die Kirche und das Kloster sind leer, glaube ich. Wenn auch vor einigen Jahren dort noch Mönche lebten.«
»Weshalb hießen sie die schweigenden Münder?«
»Weil sie das Gelübde abgelegt haben, nicht zu reden. Oder zumindest nur zu bestimmten Zeiten.«
»Hattest du schon Kontakt mit ihnen?«
Hänle schüttelte den Kopf. »Nur durch meine Bücher. Wie dir bekannt ist, sind in den Kirchen und Klöstern noch zahlreiche Kunstgegenstände zu finden. Das ist nun mal so, denn alles hat der Staat nicht wegschaffen können.«
Marek lächelte. »Jetzt brauchst du mir nur den genauen Weg zum Kloster zu erklären.«
»Das mache ich gern.«
Marek erfuhr, daß er sich den Weg eigentlich hätte sparen können, denn die Kirche lag nicht weit vom Ausgangspunkt entfernt, einige Kilometer nördlich von Skodar in den Bergen, ziemlich einsam, versteckt und zugewachsen, wie Walter Hänle meinte.
Der Pfähler steckte die Kopie wieder ein und mußte sich nach dem Grund seines Besuchs fragen lassen.
»Wie ich es schon ansprach, Walter. Ich jage tatsächlich hinter Vampiren her.«
»In der Kirche?« Die drei Worte sollten spöttisch klingen. Hänle lachte dabei. Nur als er das ernste Gesicht des Freundes sah, preßte er die Lippen zusammen.
»Davon gehe ich aus, Walter.« Marek sprach jetzt schneller und sogar hektischer. »Es ist vieles anders geworden, alter Freund. Die Blutsauger halten sich nicht nur in Särgen oder finsteren Grüften versteckt. Sie suchten andere Möglichkeiten und haben auch welche gefunden, um ihre Macht ausbreiten zu können. Die Vampire sind stärker und raffinierter geworden. Leider haben sie dabei nichts von ihrer Grausamkeit und Brutalität eingebüßt.«
Hänle kratzte an seinem Schädel. »Also das muß ich erst noch verkraften.«
Frantisek klopfte ihm auf die Schulter. »Keine Sorgen, das brauchst du nicht. Es ist mein Problem, und ich kann nur hoffen, daß es das Problem einiger weniger bleiben wird.«
»Hältst du mich auf dem laufenden?« erkundigte sich der Rumänien-Deutsche, als er Frantisek zur Tür brachte.
»Natürlich.«
Hänle ging mit bis zum Auto. Mit der flachen Hand klopfte er auf das Dach und lächelte. »Es fährt noch immer, wie?«
»Ja, deutsche Wertarbeit.«
Die beiden Männer umarmten sich, und Hänle schaute dem Wagen so lange nach, bis er um die Ecke gebogen war.
Dann ging er zurück ins Haus.
***
Es war selbst für Frantisek Marek nicht leicht gewesen, den Weg zum Kloster oder zur Kirche zu finden. Wieder tuckerte er mit seinem VW los, aber mit dem Wagen kam er nicht bis an das Kloster heran. Der Weg sah aus, als würde er aufhören.
Nur mehr als schmaler Pfad wand er sich weiter, vorbei an einem Wasserfall und auf einer brüchigen Holzbrücke über eine kleine Schlucht, in der der Wasserfall einen kleinen See speicherte. Von dort schäumte er durch sein schmales Bett mit hoher Geschwindigkeit talwärts.
Der Pfähler mußte suchen, wo der Weg weiterführte. Dicht an der steilen und mit dunklem Wald bewachsenen Bergflanke führte er entlang, wand sich um eine feuchte Felsnase herum und führte in Serpentinen weiter. Das Rauschen des Wasserfalls begleitete den einsamen Wanderer noch eine Weile, doch das hörte Marek kaum. Er hatte andere Sinne geschärft, besonders seine Augen, denn diese Umgebung war für Blutsauger wie
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