Dracula II
herausgerutscht, aber Frantisek wußte nun, was ihm bevorstand.
Die nächste Attacke der Blutsauger würde nicht so harmlos sein, davon ging er aus. Vielleicht versuchten sie dann, zu dritt oder viert über ihn herzufallen, noch konnte er sich allerdings frei bewegen. Nur — wo sollte er hingehen?
Als einzige Wegmarkierung diente ihm das Rauschen des Wasserfalls. Und der ließ ihn nicht los. Immer stärker drehten sich seine Gedanken um das fließende Wasser, das mit einer gewaltigen Wucht in die Tiefe schoß. Es tötete Vampire…
Würden sich die Blutsauger überhaupt in seine Nähe trauen? Der Pfähler lächelte grimmig, als er daran dachte. Wenn er ehrlich gegen sich selbst war, glaubte er nicht daran. Mallmann vielleicht, aber nicht seine Helfer.
Es ärgerte ihn jetzt, daß er sich auf dem Hinweg den Wasserfall und dessen nähere Umgebung nicht genau angeschaut hatte. Jetzt war es zu dunkel, um Einzelheiten auszumachen. Er mußte sich auf sein Glück verlassen.
In der Dunkelheit des Waldes tastete sich Marek voran. Noch traute er sich nicht, die Taschenlampe einzuschalten, das Licht hätte einfach zu weit gesehen werden können. Er brauchte ein Versteck. Wenigstens die Nacht wollte er überstehen, und da kam ihm der Wasserfall gerade recht. Vielleicht gelang es ihm, die Stunden hinter dem nach unten fallenden Schwall zu verbringen.
Bis jetzt hatte alles geklappt. Dann aber kippte der Hang plötzlich weg. Marek sah es im letzten Augenblick, als er über die Kante schaute und unter sich den schäumenden See erkannte, in den der Strahl hineinraste. Ersah auch den Gebirgsbach, der durch die Enge der Schlucht tobte. Wenn ihn die Massen erfaßten, würde er jämmerlich ertrinken.
Frantisek stand bereits am Rand der Schlucht und schaute hinab. Er suchte nach einer Möglichkeit, an den gegenüberliegenden Wasserfall zu gelangen.
Wenn er erst einmal unten war, ging es leichter. Dann konnte er den Fluß auch überqueren, in dem er von Stein zu Stein sprang. Aber die gefährlichste Strecke lag noch vor ihm. Wie kam er hinab?
Gehen war unmöglich, auch eine schräge Haltung würde ihm nichts mehr nutzen.
Am besten war es, wenn er sich weiterhangelte. Das war zu schaffen, denn fast im rechten Winkel wuchsen vom Steilhang Bäume in die Leere hinein.
Sie besaßen starke Äste, so jedenfalls sah es aus. Marek mußte sich auf ihre Kraft verlassen.
Er begann mit seiner Kletterei. Daß er in seinem Alter noch derartige Torturen auf sich nehmen mußte, damit hätte er nicht gerechnet. Als er mit beiden Beinen zum erstenmal über dem Abgrund hing, rutschte ihm das Herz beinahe in die Hose, und seine Augen quollen aus den Höhlen. Zudem bog sich der Ast durch, aber er hielt, und Marek fand sogar Halt für seine Füße.
Das beruhigte ihn wieder, so konnte er sich den nächsten Ast aussuchen, der glücklicherweise über einem kleinen Vorsprung hing. Wenn ihn jetzt ein Blutsauger angriff, war er verloren. Marek wollte daran nicht denken, trotzdem suchte er ab und zu den düsteren Himmel nach einem noch dunklen Schatten ab.
Dort blieb alles ruhig. Es zeigte sich keine Riesenfledermaus, und er kletterte beruhigt weiter.
Marek hatte sogar Glück. Aus der Höhe hatte er den Fallwinkel des Hangs nicht richtig einschätzen können, aber nahe des Wassers kam er ihm entgegen.
Nachdem er bäuchlings durch ein Gebüsch gerutscht war, fanden seine Füße auf der Schräge Halt, die er auch hinangehen konnte, wenn er die richtige Haltung einnahm.
Zunächst blieb Marek sitzen und ruhte sich aus. Sein Atem mußte sich erst beruhigen. Es gab keine Stelle an seinem Körper, die nicht zitterte. Trotz der Kälte war er schweißnaß, sein Körper dampfte regelrecht, die Arme schmerzten in den Schultergelenken. Er konnte jedoch weitermachen.
Mehr als die Hälfte der Strecke lag jetzt hinter ihm. Vor sich sah Marek die lange, helle Zunge des Wasserfalls. Sie hämmerte der Tiefe entgegen und tauchte mit einem donnernden Geräusch in den kleinen See, wobei sie Wolken von Gischt in die Höhe schleuderte. Plötzlich sah Frantisek etwas, das ihm überhaupt nicht gefiel. Als hätte jemand einen Vorhang am Himmel zur Seite geschoben, tauchte dort ein Gegenstand auf, der von keiner Wolke verdeckt wurde. Der Mond!
Aber welch ein Mond! Fahl, bleich — und rund! Der ideale Kraftspender für Vampire. Vollmond, das Vampirwetter. Da würden sich Mallmann und seine Heiter in ihrem Element fühlen.
Der Mond würde auch die letzten Blutsauger aus ihren
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