Dracula II
des Klosters. Sie sind aus dem Fels herausgehauen worden. Wir haben dort Vorräte aufbewahrt. Jetzt werden diese Kasematten sicherlich von den Blutsaugern in Beschlag genommen worden sein, aber daran kann ich nichts ändern.«
Marek nickte. »Wie du mir das erzählt hast, könnten es für sie die idealen Tagesverstecke sein.«
»Stimmt.«
»Zeig mir den Zugang.«
Der Abt wehrte sich noch. »Es ist besser, wenn du nicht diesen Weg nimmst, sondern den normalen.«
»Anschauen kann ich ihn mir doch.«
»Wie du willst.«
Askin ging vor. Er war größer als Marek und wirkte ziemlich eckig, trotz der Kutte. Auf eine Kerze hatte er verzichtet. Statt dessen verließ er sich auf die Taschenlampe des Pfählers, der den geisterhaft bleichen Strahl über den Boden streifen ließ.
Im Hintergrund verengte die Höhle sich stark. Am Ende des Schlauchs wuchsen die Mauern von zwei Seiten zusammen.
Rechts und links gab es keine Lücke mehr, aber nach oben hin war der Weg frei.
Kein Luftstrom fuhr in Mareks Gesicht, als er in die Höhe leuchtete. Ein Zeichen, daß sich am Ende des Schachts keine Öffnung befand. Und wenn, dann war sie verschlossen.
Im Licht sah Marek auch die Sprossen. Sie mußten sehr alt sein, dennoch sahen sie aus, als wären sie in der Lage, das Gewicht der beiden Männer halten zu können.
Er drehte sich wieder um. »Das ist doch schon was«, flüsterte er dem Abt zu, dessen Gesicht unverschlossen blieb.
»In der Tat.« Er legte Marek eine Hand auf die Schulter. »Ich würde trotzdem warten, bis der Tag angebrochen ist.«
»Natürlich. Außerdem habe ich die Nase voll. Etwas Schlaf kann mir guttun.«
»Dann werde ich wachen.«
»Tu das, Askin.«
Marek wollte schlafen, das gelang ihm nicht. Er lag wach, fiel ab und zu in einen Sekundenschlaf, um aus ihm schreckhaft zu erwachen, weil ihn die Schritte des Abtes störten.
Dann schielte er auf die hochgewachsene Gestalt, die sich durch die Höhle bewegte und hin und wieder leise Worte murmelte, möglicherweise alte Gebete.
Irgendwann schlief Marek trotzdem ein. Die Erschöpfung war einfach zu groß gewesen.
Und er schlief sehr lange, denn als er wieder erwachte und einen Blick auf die Uhr warf, erschrak er.
Die zehnte Morgenstunde war bereits vorbei. Zwar konnte man draußen nicht von einem hellen Tag sprechen, auch dieser war wieder grau geworden, aber das Vampirwetter, die Dunkelheit, hatte sich längst verzogen.
»Mann, so etwas ist doch nicht möglich.« Marek schimpfte über sich selbst. Als er sich bewegte, stellte er fest, daß ihn der Muskelkater quälte.
Durch den Höhleneingang drang Licht. Davor fiel der Wasserfall aus der Höhe wie ein nie abreißender Vorhang.
Marek mußte einige Minuten auf dem Rand des Lagers sitzenbleiben, um mit sich und seinen Gedanken ins reine zu kommen. Irgend etwas hatte ihn gestört.
Der Pfähler überlegte, was dies hatte sein können, bis es ihm plötzlich einfiel.
Der Abt war nicht mehr da!
Marek stand auf, rief den Namen, duchsuchte die Höhle und lief auch in den Hintergrund, wo der Schacht den Fels durchnitt. Kein Spur von Askin!
Frantisek Marek geriet ins Grübeln. Er hatte den Abt als Helfer kennengelernt, aber er kannte ihn nicht gut genug, um seine Reaktionen voraussagen zu können.
In der Nacht hatte er noch Wache gehalten. Jetzt war er verschwunden. Weshalb? Hatte er nur einfach mal weggehen und frische Luft schnappen wollen?
Nein, so simpel machte es sich Marek nicht. Am Eingang der Höhle war er stehengeblieben und schaute gegen den tosenden Wasserfall. Dabei überkam ihn ein böses, sehr böses Gefühl…
***
Geschafft!
Unser Wagen hatte es geschafft. Ein Hoch auf den Leihwagen, denn der Weg in die Berge war nicht einfach zu fahren gewesen. Steigungen, Schlamm, sehr enge Kurven oft seifiger Lehm, dann Büsche, die bis dicht an den Rand wuchsen und mit ihren Zweigen gegen die Karosserie schlugen. Das alles lag hinter uns.
Und was lag oder besser gesagt stand vor uns?
Einen VW-Käfer! Mareks Wagen.
Er hatte ihn dort stehengelassen, wo er beim besten Willen nicht mehr weiterkam, und auch wir mußten aussteigen und den Rest des Weges zum Kloster hoch zu Fuß gehen.
Die Strecke hatte doch ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen. Der erste Dunst des späten Nachmittags wehte als bleiches Gespinst durch den Wald, die Wolkendecke hatte sich zwar nicht verdichtet, sie war sogar an einigen Stellen aufgerissen, aber die langen Schatten der Dämmerung warteten darauf, sich über die Berge und
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