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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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möchte.«
    |408| »Oh, ich verstehe. Kannst du noch andere Tiergestalten annehmen?«
    »Ja.«
    »Welche?«
    Er zögerte und zog mich dann an sich. »Ich denke, wir sollten dieses Thema im Augenblick nicht weiter verfolgen.«
    »Warum?«
    »Weil«, meinte er leise, »es mir lieber ist, dass du mich als Mann in Erinnerung behältst.« Er küsste mich. Meine Arme schlangen
     sich um ihn. Die Begierde wuchs in mir. Mein Herz raste. Doch plötzlich stieß er mich von sich. Seine Augen wurden stahlhart,
     sein ganzer Körper bebte, als müsste er mit jeder Faser seines Willens gegen etwas ankämpfen, das ihn zu überwältigen drohte.
    »Du wolltest einen Wolf sehen«, sagte er, als er endlich die Herrschaft über sich wiedergewonnen hatte. »Wenn wir nicht vorsichtig
     sind, wird dir dieser Wunsch erfüllt.«
    Schweigend standen wir eine Weile da, während ich meinem Herzen befahl, wieder in seinem üblichen langsamen Rhythmus zu schlagen.
     Ich bemerkte, dass wir zu einer Seite seines großen Herrenhauses spaziert waren, die ich zuvor noch nicht gesehen hatte. In
     der vom Mond erhellten Finsternis bemerkte ich ein Gebäude, das offenbar alt und aus grauem Stein errichtet war. Es sah aus
     wie eine kleine Kirche. Eine Reihe hoher Spitzbogenfenster war mit Buntglas verziert. Die große schwere Eichentür war mit
     Eisen beschlagen.
    »Ist das deine Kapelle?«, erkundigte ich mich.
    »Ja.«
    »Würdest du mir erlauben, einmal hineinzugehen? Ich habe so viel über diese Erdkisten gehört, dass ich wirklich gern eine
     sehen würde.«
    Nicolae runzelte die Stirn. Es schien ihm nicht zu behagen, dass er mich dort mit hineinnehmen sollte. Doch auf mein Drängen
     hin zog er schließlich einen Schlüsselbund aus der Tasche und schloss die Tür auf. Wir traten ein. Ein moderiger, |409| erdiger Geruch durchdrang den ganzen Raum, und es war sehr kalt. Rasch fand Dracula einige Kerzen und zündete sie an. Im flackernden
     Licht konnte ich ausmachen, dass es eine recht große Kapelle war, beinahe so groß wie einige alte Kirchen auf dem Lande. Die
     hohen Steinmauern und die alten Deckenbalken waren dick mit Staub und Spinnweben überzogen, die wie zerrissene, flauschige
     Lappen herabhingen. Der Altar und die gemeißelten Steinfiguren, die ihn zierten, waren auch davon bedeckt.
    Als Nicolae eine Kerze ein wenig in die Höhe hielt, konnte ich sehen, dass der Raum voller großer, quaderförmiger Kisten stand.
     Es waren mehr als zwei Dutzend. Die Kisten sahen aus, als seien sie solide aus unbehandeltem Hartholz gezimmert, etwa wie
     Transportkisten für große Gegenstände oder Möbel – oder wie Särge. Sie waren schlicht und ziemlich hässlich. Die Deckel waren
     alle aufgehebelt und abgenommen worden und lagen im Raum verstreut herum. Nicolae nahm mich bei der Hand, und wir gingen zusammen
     auf eine der Holzkisten zu. Ich starrte hinein, fühlte mich vom Anblick der Schicht Erde, die den Boden bedeckte, seltsam
     abgestoßen.
    »Schläfst du wirklich in solch einer Kiste?«
    Ich merkte, wie er zusammenzuckte, und spürte sein Unbehagen ob meiner Reaktion. »Ich schlafe nicht wirklich. Es ist eher
     eine Art Trance. Ich ziehe mich nur in ein Bett dieser Art zurück, wenn es unbedingt sein muss, wenn ich mich fern der Heimat
     aufhalte.«
    Nun bemerkte ich, dass überall in der Kiste Stücke zerkrümelter Hostie, wahrscheinlich der geweihten Hostie, verstreut lagen.
     Ich wich zurück, erinnerte mich an den qualvollen Schmerz, den ich verspürt hatte, als eine ähnliche Hostie meine Stirn berührte.
     Nicolae blickte voller Mitgefühl zu mir hin und drückte mir wortlos die Hand.
    »Hat auf dich die Hostie die gleiche Wirkung?«, wollte ich wissen.
    »Ja.«
    |410| »Und was ist mit Kruzifixen?«
    »Ich gehe ihnen aus dem Weg, so wie ich die direkten Strahlen der Sonne meide. Beide bewirken, dass mir schwindelig wird,
     dass meine Kräfte abnehmen.«
    »Und Knoblauch?«
    »In den ersten frühen Tagen, als ich mich gerade verwandelt hatte, hatte ich eine starke Abneigung gegen Knoblauch. Doch ich
     vermute, dass es eher mit dem Geruch zu tun hatte als mit irgendwelchen seltsamen Kräften, die der Knolle innewohnen. Dieser
     Aberglauben scheint sich allerdings hartnäckig zu halten.« Unvermittelt fuhr er fort: »Hast du genug gesehen?«
    Ich nickte. Wir gingen hinaus, wie wir hineingekommen waren, und spazierten weiter durch den Park. Nicolae führte mich zu
     einem Pfad, der sich durch das hohe Gras und Gestrüpp zwischen den

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