Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker
ich
nie zuvor erlebt hatte.
»Nicolae«, flüsterte ich. »Bitte hör auf.«
Völlig verängstigt dachte ich:
Das ist das Ende. Ich sterbe.
Und dann schwanden mir die Sinne.
Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich auf dem Balkon vor meinem Schlafzimmerfenster und lag in Draculas Armen. Der Himmel
war immer noch pechschwarz. Auf seinen Zügen konnte ich eine Mischung von Angst, Selbstverachtung und Bedauern wahrnehmen,
als er flüsterte: »Meine Liebste, es tut mir so leid. Ich hatte nicht die Absicht, dir Schmerzen zu bereiten.«
Er stellte mich auf die Füße und schaute zu mir herab. »Mein Gott, du blutest immer noch.« Ehe ich auch nur blinzeln konnte,
drückte er ein Taschentuch fest auf die Wunden an meinem Hals. »Es tut mir so leid«, wiederholte er. »Wenn |418| ich dir heute etwas angetan habe, Mina, würde ich mir das nie verzeihen.«
Wir sanken einander in die Arme und verharrten einige Sekunden so. Ich fröstelte und vermochte die unsägliche Angst nicht
zu vergessen, die ich verspürt hatte, als das Tier in ihm so brutal über mich hergefallen war. Würde ich je wieder seine Umarmung
genießen können, da ich doch wusste, dass er jederzeit erneut die Beherrschung verlieren könnte? »Ich hätte versuchen sollen,
dich aufzuhalten, ehe du anfingst. Aber das wollte ich nicht.«
»Ich fürchte, es könnte Folgen haben.«
Ich schaute ihn an, und mein Herz pochte beklommen. Er hatte mir beteuert, dass ich erst Vampir werden würde, wenn ich schon
alt und grau geworden war, und nur wenn ich unsterblich zu werden wünschte. Hatte ich diese Wahl noch? »Woher weiß ich denn,
ob ich …«
»Ich habe mich damals sofort verwandelt; ich bin gestorben und wurde gleich wiedergeboren. Bei dir wird es anders sein. Es
könnte eine Weile dauern. Nach dem, was mir andere erzählt haben, wirst du wahrscheinlich spüren, dass du dich langsam verwandelst.
Du bist möglicherweise oft sehr müde. Du schläfst lieber während des Tages. Oder du fröstelst leicht, oder dir ist schwindlig.
Es kommt dir vielleicht so vor, als würden all deine Sinne schärfer. Feste Nahrung wird dir zuwider werden, und das Essen
und Trinken wird dir zunehmend schwerfallen.«
»Wenn ich diese Veränderungen spüre«, fragte ich, während mich die Furcht beschlich, »bedeutet das dann, dass ich bald sterben
werde?«
»Lass uns keine Vermutungen anstellen. Wir wollen hoffen, dass du bald wieder bei guter Gesundheit bist.«
Ich nickte. Der Gedanke war zu grausam, als dass ich ihn auch nur in Betracht ziehen wollte. Ich werde gesund, sagte ich mir,
ich werde gesund.
Er umfing mein Gesicht mit seinen Händen. Seine Finger, |419| bemerkte ich, waren nun warm. »Ich muss fort. Die Sonne geht schon bald auf.«
»Ich werde dich vermissen«, antwortete ich mit schwindender Stimme.
»Und ich dich. Aber wir werden einander wieder umarmen, das verspreche ich dir. Und während wir getrennt sind, sind wir jeden
Tag in Gedanken beieinander.« Er küsste mich noch einmal. Ich schloss die Augen und genoss jede Sekunde. »Ich liebe dich,
Mina.«
Ich schlug die Augen auf, um ihm das Gleiche zu erwidern, aber er war bereits fort.
Voller Traurigkeit schlich ich mich im Dunklen ins Bett. Ich zwang mich, an etwas anderes zu denken, mich zu entspannen und
einzuschlafen.
Kaum hatte ich die Augen geschlossen, begann ich auch schon zu träumen.
Ich träumte, dass Dracula mich liebte.
In meinem Traum spürte ich den Druck warmer Hände an meinem Körper, wie sie meine Brüste durch den dünnen Stoff meines Nachthemdes
hindurch liebkosten. Diese Berührung entflammte jede Faser meines Körpers. Nun lagen Lippen auf meinem Mund, heiß und hungrig,
und küssten mich mit fiebrigem Verlangen. Ich brauchte die Augen nicht aufzuschlagen, um zu wissen, wer der Liebhaber in meinen
Träumen war: Ich lag wieder in Draculas Armen.
Plötzlich hinderte ihn kein Stoff mehr. Wie durch Zauberhand war mein Nachthemd verschwunden. Ich spürte das Gewicht seines
langen, muskulösen, nackten Körpers, der sich gegen mich drängte. Meine Haut fühlte sich in der Berührung mit seinem warmen
Fleisch glühend heiß an. Während seine Hände sanft und zärtlich über meinen Körper wanderten, schien bei seinen Liebkosungen
jeder Nerv zu beben. Ich erkannte die Sündhaftigkeit meiner Leidenschaft, |420| gab mich ihr trotzdem hin, presste mich mit aller Macht noch enger an ihn.
Nun wanderte sein warmer, drängender Mund
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