Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker
abhalten können. Alle Herren werden Fräcke tragen und ich einen
Brautstrauß aus Orangenblüten. Und ich will unzählige Brautjungfern haben! Möchtest du meine Ehrenjungfer sein, Mina?«
|60| »Aber natürlich!« Wir blieben stehen und umarmten einander, womit wir die Aufmerksamkeit einer Gruppe von Kühen auf uns zogen,
die neugierig und mit unerwarteter Eile näher kamen und uns ziemlich erschreckten.
»Ich hoffe, es macht dir nichts aus«, sagte Lucy, während wir lachend den Pfad entlangrannten, »dass ich vor dir verheiratet
sein werde, obwohl du zuerst verlobt warst und älter bist als ich.«
»Nein, überhaupt nicht, Lucy. Ich freue mich für dich!«
»Ich habe nicht vergessen, was wir einander bezüglich des Geheimnisses der Hochzeitsnacht versprochen haben«, fügte Lucy hinzu.
»Dass diejenige, die zuerst heiratet, der anderen
alles
verraten muss!«
Darüber mussten wir beide kichern, und die Röte stieg uns in die Wangen. »Du musst mir nicht absolut alles erzählen, Lucy.
Manche Dinge, denke ich, sollte man für sich behalten dürfen.«
»Das werden wir sehen. Ich muss zugeben, dass ich sehr neugierig bin! Mama sagt, mein Brautkleid würde aus weißer Seide genäht
werden und nach der neuesten Mode mit der feinsten weißen Spitze besetzt. Und du? Wer näht deines?«
»Ich kann mir nichts Neues leisten. Ich werde wohl einfach mein bestes Kleid anziehen.«
»Dein bestes Kleid? Meinst du das Schwarzseidene?«, rief Lucy entsetzt.
»Ja. Das habe ich selbst geschneidert, und ich finde es sehr hübsch. Ich habe mir mit der Stickerei große Mühe gegeben. Jonathan
macht mir immer Komplimente, wenn ich es trage.«
»Aber Schwarz! Mina, Schwarz ist doch eine Trauerfarbe!«
»Schwarz ist auch sehr praktisch. Frauen heiraten oft in Schwarz.«
»Das ist mir gleichgültig. Ich werde jedenfalls nicht dulden, dass du an deinem Hochzeitstag Schwarz trägst, Mina. Seit einem
halben Jahrhundert, seit Königin Viktoria bei der |61| Hochzeit mit Prinz Albert weiße Spitze getragen hat, ist nun schon Weiß
die
Farbe der Wahl für Brautkleider.«
»Ja, aber Frauen tragen doch immer noch alle möglichen Farben zur Trauung.«
»Aber
Godey’s Lady’s Book
besteht darauf, Weiß sei die angemessene Farbe. Es ist ein Symbol für die Reinheit und Unschuld der Jungmädchenjahre und für
das unverdorbene Herz, das die Braut nun ihrem Auserwählten schenkt. Hast du das Gedicht noch nicht gehört?«
»Welches Gedicht?«
Lucy rezitierte:
»Married in white, you will have chosen all right.
Married in grey, you will go far away.
Married in black, you will wish yourself back.
Married in red, you will wish yourself dead.
Married in blue, you will always be true.
Married in pearl, you will live in a whirl.
Married in green, ashamed to be seen.
Married in yellow, ashamed of the fellow.
Married in brown, you will live out of town.
Married in pink, your spirits will sink.«
2
Ich lachte. »Das ist doch nur ein dummer Aberglaube.«
»Nein, das ist es nicht. Ich bin fest überzeugt, dass man manche Dinge sehr ernst nehmen sollte, und die Farbe eines Brautkleides
ist wirklich wichtig. Erinnerst du dich an Sarah Collins aus unserer Schule? Die hat in Grau geheiratet:
Married in grey, you will go far away.
Und was glaubst du? Zwei |62| Monate später sind sie und ihr Mann nach Amerika ausgewandert! Und unsere liebe Freundin Kate Reed? Die hat Grün getragen:
Married in green, ashamed to be seen.
Seit ihr Mann bei diesem Aktiengeschäft all sein Geld verloren hat, schämt sie sich so über ihre beschränkten Verhältnisse,
dass wir überhaupt nichts mehr von ihr gehört haben!«
»Das sind alles nur Zufälle. Ich bin mir sicher, dass ich in jeder Farbe heiraten kann, die mir gefällt, und sehr glücklich
werde.«
Lucy schüttelte betrübt den Kopf.
» Married in black, you will wish yourself back
.«
» Wish yourself back?
Was soll das überhaupt heißen?«
»Vielleicht, dass du eine weite Reise machst und dich außerstande siehst, nach Hause zurückzukehren, wie sehr du es dir auch
wünschen magst. Oh! Es würde mich zu Tode betrüben, wenn du weit weg ziehen würdest, Mina! Schlimm genug, dass du in Exeter
wohnen wirst, wo ich dich wahrscheinlich nur wenige Male im Jahr besuchen kann.« Sie wandte sich mit einem tiefernsten Ausdruck
ihrer blauen Augen zu mir und flehte: »Bitte versprich mir, dass du nicht in Schwarz heiratest, Mina, sonst wirst du es bis
ans Ende deiner Tage
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