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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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Sie schienen beide um die vierzig Jahre alt zu sein. Aus ihrem Benehmen und Fräulein Hornsbys verschämt
     abgewandtem Blick und unterwürfigem Knicks war deutlich abzulesen, dass es sich um den Hausherrn und die Hausherrin handeln
     musste.
    »Guten Abend, Fräulein Hornsby«, sagte der Herr herzlich und reichte ihr Hut und Mantel. Als seine Augen (grüne Augen, ein
     Spiegelbild meiner eigenen) auf mich fielen, blieb |227| ihm der Mund offen stehen, und er erstarrte und sah so erschüttert aus, dass ich befürchtete, er würde auf der Stelle vor
     mir auf den Marmorboden sinken.
    »Ist das eine Freundin von Ihnen, Fräulein Hornsby?«, fragte Lady Sterling ein wenig verwirrt.
    »Ja, und sie wollte gerade gehen, gnädige Frau«, erwiderte Fräulein Hornsby rasch.
    Sir Cuthbert trat zwei Schritte zurück. Er starrte mich immer noch fassungslos an. Ich riss mich zusammen, reichte Fräulein
     Hornsby den Federhalter und das Blatt Papier und sagte: »Es war so angenehm, Sie zu sehen. Guten Abend.«
    Kaum hatte ich die Schwelle überschritten, da fiel schon krachend die Tür hinter mir ins Schloss. Herr Wagner, der in der
     Nähe unter einem Baum wartete, eilte herbei. »Ich habe gesehen, wie sie vorfuhren. War das Ihr …«
    »Ja. Ich fürchte, ich habe ihm einen gehörigen Schrecken versetzt.«
    »Verzeihen Sie mir. Ich habe Sie in eine sehr peinliche Lage gebracht.«
    »Bitte entschuldigen Sie sich nicht. Ich bin froh, dass ich es gemacht habe.« Ich lächelte, und dann tanzte ein kleines Lachen
     in mir hoch. »Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte ich an keine einzige Tür geklopft und wüsste immer noch nichts über meine
     Eltern. Nun glaube ich mit einiger Sicherheit sagen zu können, dass ich die Tochter eines Parlamentsmitglieds und einer Zigeunerin
     bin!«

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    11
    Als wir in der Droschke zum Bahnhof zurückfuhren, erzählte ich Herrn Wagner alles, was während meines kurzen Besuchs im Haus
     der Sterlings geschehen war.
    »Wie bemerkenswert, dass Sie Ihrer Mutter so sehr ähneln.«
    »Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, als Sir |228| Cuthberts Augen auf mich fielen. Glaubte er etwa, ich wäre der Geist meiner Mutter und wäre gekommen, um ihn heimzusuchen?
     Oder hat er begriffen, dass ich seine Tochter bin?«
    »Wer weiß, vielleicht wusste er nichts von Ihrer Existenz.«
    »Das stimmt.«
    »Haben Sie vor, sich noch einmal mit ihm in Verbindung zu setzen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich will nichts von ihm. Er hat eine Ehefrau und eine Familie. Ich denke, ich kann gewiss davon ausgehen, dass sie nichts
     von mir ahnen. Meine Mutter war achtzehn Jahre alt, als sie dieses Haus verließ. Viel älter kann auch er nicht gewesen sein.
     Ich bin ein Fehltritt aus seiner Vergangenheit. Ich freue mich sehr, ihn einmal gesehen und das Rätsel meiner Geburt gelöst
     zu haben. Und nun weiß ich auch, dass meine Mutter ihn geliebt hat. Doch ich möchte ihm keinen Schmerz zufügen.«
    »Eine bewunderungswürdige Einstellung«, meinte Herr Wagner leise und lächelte.
    Als wir den Bahnhof erreichten, erwartete ich, mich nun von Herrn Wagner verabschieden zu müssen. Dieser Umstand erfüllte
     mich mit großer Melancholie. Zu meiner großen Überraschung kaufte er für uns beide Billets nach Purfleet.
    »Aber Sie sind doch in London abgestiegen«, sagte ich. »Bitte entfernen Sie sich nicht nur um meinetwillen so weit von der
     Stadt.«
    »Es würde mir niemals einfallen, Sie um diese Uhrzeit unbegleitet zurückreisen zu lassen«, beharrte er.
    Wir waren gezwungen, unser Abteil mit drei anderen Reisenden zu teilen, und schwiegen den größten Teil der Fahrt. Ich war
     vollkommen verwirrt von all dem, was mir gerade widerfahren war.
    Als wir in Purfleet aus dem Zug stiegen, sagte Herr Wagner: »Es ist spät. Ich bringe Sie auf jeden Fall noch bis an Ihre Haustür.
     Wo wohnen Sie?«
    |229| Ich zögerte, ehe ich antwortete, wusste ich doch, dass ich eine Erklärung bereit haben müsste, falls jemand sah, wie ich in
     Begleitung von Herrn Wagner eintraf. Jedoch erleichterte mich sein Angebot auch, denn mir war nicht wohl bei dem Gedanken,
     ganz allein durch die dunklen Sträßchen zu laufen. Mit einiger Verlegenheit gestand ich ihm ein: »Ich wohne im Irrenhaus von
     Purfleet, das etwa eine Meile entfernt liegt.«
    »In einem Irrenhaus? Tatsächlich?«
    Inzwischen war es kühl geworden, und ich schlang mir das Tuch fester um die Schultern. »Ich weiß, dass es seltsam klingt,
     aber einer

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