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Dracula, my love

Dracula, my love

Titel: Dracula, my love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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ich die maschinegeschriebenen Seiten erschöpft, aber zufrieden in mein Arbeitskörbchen. Jetzt, dachte ich, haben wir es bei Bedarf auch für die Augen anderer bereit.
    Natürlich erwähnte ich beim Abendessen meine Arbeit mit keinem einzigen Wort.
    „Ich habe morgen geschäftlich in Launceston zu tun“, erklärte mir Jonathan, während er gedankenverloren sein Roastbeef kaute und an seinem Wein nippte. „Ich werde über Nacht dort bleiben müssen.“
    „Oh?“, antwortete ich enttäuscht. „Du wirst mir fehlen. Ist dir klar, dass dies das erste Mal ist, dass wir getrennt sind, seit wir geheiratet haben?“
    „Es tut mir leid, aber es ließ sich nicht ändern. Es ist doch nur eine Nacht, Liebes. Übermorgen komme ich zurück, wahrscheinlich recht spät.“
    Als wir einander am nächsten Morgen zum Abschied küssten, versicherte mir Jonathan, wie sehr er mich liebte, und hielt mich fest umarmt. Aber ich spürte, dass er mit seinen Gedanken bereits woanders war, wie stets, seit wir einander in Budapest wiedergesehen hatten. Als ich ihm nachschaute, während er die Straße hinunterging, flüsterte ich: „Gib gut auf dich acht! Hoffentlich bleibt jede Aufregung von dir fern.“
    Dann sank ich auf einen Stuhl und weinte lange.
    An jenem Morgen wurde mit der Post ein Brief von Abraham van Helsing gebracht, dem Mann, der mir wenige Tage zuvor das Telegramm geschickt hatte.
    24. September
    vertraulich
    Sehr geehrte gnädige Frau,
ich bin Ihnen insofern bekannt, als ich Ihnen seinerzeit die traurige Nachricht vom Tod Fräulein Westenras sandte, und bitte um Entschuldigung, wenn ich mich heute wieder an Sie wende. Durch die Liebenswürdigkeit Lord Godalmings bin ich in den Stand gesetzt worden, Fräulein Lucys Briefe und Aufzeichnungen zu lesen, und ich bin tief besorgt über einige Angelegenheiten von einschneidender Bedeutung. Ich fand unter den Papieren einige Briefe von Ihnen und ersah daraus, dass Sie mit Lucy eng befreundet waren und wie lieb sie sich gehabt haben. Verehrte Frau, um dieser Liebe willen beschwöre ich Sie, helfen Sie mir! Auch zum Wohle anderer bitte ich Sie, um großes Unrecht wieder gutzumachen und schreckliches Leid zu verhüten - größeres Leid, als Sie sich vorzustellen vermögen. Kann ich Sie persönlich sprechen? Sie dürfen mir vertrauen, ich bin mit Dr. Seward und Lord Godalming (Lucys Arthur) eng befreundet, allerdings bin ich gezwungen, die Angelegenheit vor diesen einstweilen noch streng geheim zu halten. Ich würde nach Exeter kommen, sobald Sie mir erlauben, Sie zu besuchen. Sie brauchen mir nur Zeit und Ort mitzuteilen. Da ich Ihre Briefe an Fräulein Lucy gelesen habe, weiß ich, wie gut Sie sind und wie sehr Ihr Gatte leidet. Ich bitte Sie, wenn es irgend möglich ist, ihn nicht einzuweihen, da es ihm nur schaden würde. Noch einmal bitte ich Sie um Vergebung.
    van Helsing
    Diesem Brief entnahm ich zwei wichtige Neuigkeiten: erstens, dass Herrn Holmwoods Vater gestorben war, da Arthur den Titel Lord Godalming geerbt hatte (nun wunderte es mich nicht mehr, dass er es bei all dem Kummer versäumt hatte, mir nach Lucys Tod zu schreiben!). Und zweitens, dass mich dieser Abraham van Helsing um Hilfe bat. Zu jenem Zeitpunkt hatte ich keinerlei Vorstellung, wer van Helsing war. Aus der etwas gestelzten Formulierung seines Briefes meinte ich schließen zu können, dass es sich vielleicht um einen Ausländer handelte, dem Namen nach wohl aus den Niederlanden. Da er erklärte, mit Lord Godalming und Dr. John Seward (einem der anderen beiden Männer, die Lucy einen Heiratsantrag gemacht hatten) befreundet zu sein, wollte ich ihn unbedingt treffen.
    Doch von welchem „großen Unrecht“ und „schrecklichen Leid“ sprach er? Hatte es etwas mit Lucys Tod zu tun? Würde ich endlich erfahren, was mit ihr geschehen war? Ich antwortete unverzüglich mit einem Telegramm, in dem ich ihn bat, noch heute mit dem nächstmöglichen Zug nach Exeter zu kommen.
    Es war halb drei Uhr, als ich ein Klopfen an der Haustür hörte. Ich wartete in großer Anspannung im Salon. Nach wenigen Augenblicken öffnete sich die Tür.
    „Dr. van Helsing“, meldete unser Hausmädchen Mary, knickste und zog sich zurück.
    Ich erhob mich und betrachtete meinen Besucher, während er näher trat. Er war ein Mann mittlerer Größe und kräftig gebaut, mit einem breiten Brustkasten. Er schien im späten fünften oder frühen sechsten Lebensjahrzehnt zu stehen. Sein ergrauendes Haar mit Strähnen blasser werdenden Rots war

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