Draculas Fluch
überlegen, doch einer der Adjutanten bricht in seine Gedanken ein.
»Sir«, sagt er, »genug vom Geschwätz dieses Gecken. Schicken wir ihn zurück zu denen, die ihn gesandt haben. Und sei es in seinem eigenen Blut. Sprechen wir von wichtigeren Dingen – von unserem Siegermahl.«
Die beiden Adjutanten lachen.
Auch der Bote lacht. »Ein Mahl? Das nennt ihr wichtig? Wie ihr meint. Doch erlaubt meiner Stadt, euch zu diesem Mahl einzuladen. Ich zweifle nicht daran, daß eure Speisen von großer Köstlichkeit sind, aber vielleicht ist das, was ich euch bieten kann, mit einer Eleganz angerichtet, die euren Gefallen finden könnte.«
Der Bote verbeugt sich und tritt einen Schritt zurück. Er breitet die Arme aus und murmelt Worte. Das Innere des Zelts ist plötzlich in totale Finsternis getaucht. Und als das Licht wiederkehrt, verwandeln sich die Schreckensschreie der Adjutanten in Rufe des Entzückens. Ihre hastig gezogenen Schwerter fallen auf den Boden, der nicht mehr aus Lehm ist, sondern den ein farbenprächtiger Teppich schmückt. Der alte, zerkratzte Kartentisch in der Mitte des Zelts ist in eine glänzend mit Perlmutt eingelegte Tafel verwandelt, auf der in Silberschalen und Goldgefäßen die köstlichsten Gaumenfreuden angerichtet sind, die Ka-Zadok und seine Männer je zu sehen bekommen haben.
»Das – kann doch nur ein Trick sein«, bringt schließlich einer der Adjutanten heraus.
»Ein ganz lächerlicher Trick«, sagt der Bote. »Aber schließlich seid ihr es gewesen, die von einem Mahl gesprochen habt.« Er wendet sich an Ka-Zadok, der mit finsterer Miene auf den Tisch starrt. »Eßt doch. Ich versichere euch, daß nichts Schädliches in den Speisen ist. Genieße sie, und dann können wir von der echten Macht sprechen, die du dein nennen kannst, wenn du willst. «
Einer der Leutnants hat sein Schwert aufgehoben. »General, der Mann will uns mit einfacher Zauberei blenden. Wir dürfen nicht darauf hereinfallen.«
Der Bote stößt einen Seufzer aus. »Wie oft sollen wir uns noch von diesem Mann unterbrechen lassen, Ka-Zadok?« sagt er. »Wir haben schließlich Dinge zu besprechen, die wirklich von Wichtigkeit sind. Bei aller Ehrfurcht und allem Respekt, er muß stumm gemacht werden.«
Der Bote dreht sich zu dem Adjutanten um und murmelt ein einziges Wort. Der Krieger läßt das Schwert fallen und greift sich mit beiden Händen an die Kehle. Er ringt mit plötzlicher Atemnot. Der zweite Adjutant eilt ihm zu Hilfe, aber es ist schon zu spät.
Mit purpurrotem, ersticktem Gesicht liegt der Mann auf dem farbenprächtigen Teppich. Er ist tot.
»Ka-Zadok«, die Stimme des Boten klingt warnend, denn jetzt hat der Feldherr das Schwert gezogen, »als Ka-Zadok, der größte Krieger aller Zeiten, hast du viele Feinde getötet. Denke an die Kraft, die du als Ka-Zadok, der Zauberer, besitzen wirst. Du wirst auf die Weise töten können, die du eben gesehen hast. Denke darüber nach, während wir speisen.«
Die Szene wechselt, als Ka-Zadok das Schwert mit einem goldenen Becher vertauscht.
Hohe Türme und Minaretts einer Stadt im Licht der Sonne. Ka-Zadoks Heer marschiert durch die Straßen, das Volk jubelt.
Das nächste Bild zeigt den Feldherrn in einem Raum mit Marmorsäulen hoch über der Stadt. Er steht groß und mächtig vor den kostbar gekleideten Ältesten, die über seine Zukunft sprechen.
»Nicht ein Korn unseres Wissens soll dir verborgen bleiben. Kein Mensch und kein Heer sollen dich übertreffen können. Du wirst streben und lernen müssen, aber du wirst gleichzeitig unser Herrscher sein. Du mußt jedoch um den Fluch wissen, der sich an unser Angebot knüpft.«
»Um den Fluch?« fragt Ka-Zadok.
Ein Greis mit weißem Haar antwortet.
»Am Anfang deines Strebens«, sagt er, »Wirst du vor Glück über deine neu erlernten Fähigkeiten schier zerspringen. Und dann wird sich der Fluch auf dich legen. Du wirst nach mehr Wissen und mehr Macht dürsten. Mit jedem Schritt, den du in der Kunst weiterkommst, wirst du unzufriedener und gieriger werden. Dieser Fluch hat uns alle befallen. Alle, die wir Meister der magischen Künste sind. Ein Entkommen gibt es nicht, wie du auch dem tiefen Abgrund nicht entgehen kannst, in den sich dein Geist stürzen wird, wenn du alles weißt, was man wissen kann. Du lächelst jetzt, Ka-Zadok, weil du mir nicht glaubst. Du glaubst nicht, daß solche Macht die Seele bis zur Unerträglichkeit belasten kann. Auch wir – jeder einzelne von uns – haben einmal gelächelt. Aber
Weitere Kostenlose Bücher