Draculas Goldschatz - Gruselroman
Darum ging ich davon aus, daß mögliche Fluchtrouten nach Osten zum Fluß geführt haben mußten.“
Sanchez blickte den Hang hinunter zu einer Ansammlung von Felstrümmern und Blöcken. Einer dieser Blöcke interessierte ihn besonders - und würde auch Conescu brennend interessieren, wenn er gewußt hätte, was für eine Bewandnis es damit hatte. Sanchez' Blick ruhte nur einen Moment auf der Stelle, dann drehte er den Kopf.
„Ich denke“, sagte er zögernd, „daß es einfacher wäre, am anderen Ende nach den Fluchtgängen zu suchen. Irgendwo müßten die Ausgänge zu finden sein, auch heute noch.“ Conescu wandte sich zu Thorka. „Sie haben recht“, sagte er auf Rumänisch. „Ihr junger Freund wird wahrscheinlich kein sehr guter Archäologe.“
„Wie bitte?“ fragte Sanchez.
„Ich sagte nur zu dem Professor, daß wir daran auch gedacht haben. Aber Sie müssen bedenken, daß der Berg sich nach unten verbreitert und in der Nähe des Flusses eine mehrere Kilometer lange Hanglinie hat. Wahrscheinlich müßten wir jahrelang graben und suchen, bis wir einen der verschütteten Ausgänge finden. Hier oben dagegen haben wir es mit hartem Fels zu tun, aber wir haben den Vorteil zu wissen, daß wir früher oder später einen der Fluchtgänge anschneiden, wenn wir nur beharrlich genug an der Arbeit bleiben.“
Sanchez nickte. „Beharrlichkeit ist richtig. Ich hoffe, daß es sich lohnt.“
Er warf Conescu einen langen, forschenden Blick zu, den dieser ruhig erwiderte. „Was könnte ein lohnenderes Ziel sein, als die Wiederherstellung der Familienehre, Mr. Sanchez? Das ist der Grund, warum ich hier ausgrabe.“
Thorka räusperte sich. „Die alten Werte, Mr. Sanchez. Wir sind ein sozialistisches Land, aber wir ehren unsere nationale Tradition und unsere Vorfahren.“ Er lächelte Conescu wohlwollend zu. Conescu lächelte breit zurück. Wie es schien, hatte er sich diesen alten Knaben zum Freund gemacht. „Ah! Da kommt meine Nichte. Mr. Sanchez, sie spricht ein ausgezeichnetes Englisch, und ich glaube, sie hat mehr freie Zeit als ich. Es wird ihr Freude machen, Sie herumzuführen. Dava!“
Sanchez hatte die Frau gesehen, die langsam den Berg heraufkam. Als sie nun das Winken ihres Pseudoonkels erwiderte, entschuldigte sich Thorka. „Mr. Sanchez, Herr Conescu, ich muß Sie jetzt leider verlassen. Der Professor und ich haben uns verabredet, und ich bin sicher, daß Sie sich gut vertragen.“
Er und Conescu schüttelten einander herzlich die Hände, dann machte er sich an den Abstieg. Sanchez sah schweigend zu, wie der alte Mann langsam den steinigen Weg hinunterging, den die Arbeiter angelegt hatten. Als Thorka die Frau passierte, sah es einen Moment aus, als wolle er stehenbleiben und mit ihr sprechen, doch dann ging er weiter. Als er kurz darauf wirklich halt machte, tat er es nicht, um der Frau nachzusehen, sondern blickte hinüber zu dem mit dürrem Gesträuch überwucherten Felsen, wo sich etwas im Schnee bewegte. Etwas Schwarzes. Eine große schwarze Katze.
Sanchez lächelte. Als die Frau herankam, bezog sie sein Lächeln offenbar auf sich. Sie erwiderte es beziehungsvoll, als Conescu sie einander vorstellte und seiner Nichte sagte, was er von ihr erwarte. Dann ging er, die Arbeiten zu beaufsichtigen.
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mr. Sanchez. Natürlich werde ich Sie gern überall herumführen, aber ich fürchte, Sie werden sich langweilen. Sehen Sie sich um. Seit Wochen ist es Tag für Tag das gleiche. Manchmal möchte ich auf und davon. Vielleicht hilft mir dieses Gespräch, daß ich mich wieder als intelligenter Mensch fühlen kann.“
Sie sprach gut. Und trotz der scharfen Linien, die ihr Gesicht durchzogen - Sanchez schätzte sie auf vierzig bis fünfundvierzig Jahre -, war sie eine hübsche und stattliche Frau. In diesem Punkt hatte Thorka nicht übertrieben. Ihre weiße Haut war von der Kälte gerötet, und ihr Gesicht zeigte die feingeschnittenen Züge einer Aristokratin. Obwohl sie einen dicken, schweren Mantel trug, verriet ihre Haltung, daß sie...
... daß sie eine gute Schauspielerin ist, ging es Sanchez durch den Kopf. Er wandte sich zu der schwarzen Katze um, die hinter ihnen lief. „Eine Freundin von Ihnen?“
Dava lächelte. „Darüber ist noch nicht entschieden. Sie schloß sich mir heute morgen an. Ich habe eine gute Hand mit Tieren, vielleicht weil ich selbst zu einem Teil Tier bin.“
„Sind wir das nicht alle?“ fragte Sanchez.
Sie musterte ihn von unten bis
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