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Draculetta: Eine Bestürzung in Transsylvanien (German Edition)

Draculetta: Eine Bestürzung in Transsylvanien (German Edition)

Titel: Draculetta: Eine Bestürzung in Transsylvanien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Reimertz
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Comtesse du Moulin. Früher hätte man die Funktion, die ich hier im Schloß erfülle, als Hof- oder Gesellschaftsdame bezeichnet. Wir sind nur eine kleine Gesellschaft, kein Hof; nein, wirklich nicht, und ich bin Mädchen für alles.«
    Die Comtesse war, man konnte es nicht anders sagen, niedlich. Ihre Augen blitzten mich aus den Winkeln an, und ihr Französisch war mir ein Trost in der Fremde. Sie bog sich in der Hüfte zu einer Art Knicks, schnellte dann zur Seite und streckte ein Ärmchen aus. »Ich habe die Pflicht und das Vergnügen, Ihnen einige Räume der Burg sowie Ihr Zimmer zu zeigen. Die Fürstin wird Sie morgen sehen.«
    Damit wandte sie sich mit einer Vierteldrehung gegen die nächste Tür, die aufging, ohne daß sie sie berührte. Hier begann eine Stiege mit halbhohen Stufen, die endlos zu sein schien. Die Comtesse tänzelte voran, und mir wurde es immer schwerer, ihr zu folgen. Doch ich drängte mich weiter. Vor kurzem war ich in mein fünfzigstes Lebensjahr eingetreten, und ich wollte nicht, daß die junge, hübsche Frau dies allzu deutlich wahrnahm. Immer im Kreis zu gehen und dabei emporzusteigen machte mich schwindelig. Der Spiralgang wurde immer niedriger und enger, und ich mußte Anfälle von Platzangst abwehren. Um der Comtesse willen riß ich mich zusammen, außerdem mußte ich hier ja durch, so oder so; ich fragte mich allerdings, ob ich bei meiner Abreise die enge Wendeltreppe wieder passieren müsse, oder ob es einen andere Weg gebe.
    »Wir haben es gleich geschafft«, sagte die Moulin, ohne sich umzudrehen. Entweder hatte sie bemerkt, wie schwer es mir fiel, ihr zu folgen, oder sie kannte diese Schwierigkeiten von anderen Besuchern. »Und Sie werden sehen«, setzte sie hinzu und sprang weiter von Stufe zu Stufe. »Es lohnt sich!« Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, mir wurde heiß, nicht allein von der Anstrengung, auch das Stiegenhaus schien sich mit jeder Stufe zu erwärmen. Irgendwann wurde es so eng, daß selbst die kleine Comtesse nicht mehr weiterkam. Sie stieß eine seitliche Tür auf, eher eine Luke. Die Wendeltreppe war hier noch nicht zu Ende, sie ging weiter und verengte sich bis auf Zwergen-, ja Mäusemaß. Die Comtesse stieg, ich kroch durch die Öffnung. Ich fühle Luft und meinte schon, wir seien im Freien. Als ich mich ausstreckte und umsah, bemerkte ich, daß sich ein riesiger Kuppelsaal über uns erhob. »Das ist der sogenannte Ahnensaal«, erläuterte die Kleine. »Ich dachte«, warf ich ein, »die Halle unten sei ein Saal der Ahnen.« Meine Führerin machte eine Art Verbeugung, aus der man auch Spott herauslesen konnte. »Den ersten Raum, den Sie betreten haben, Monsieur, nennen wir die Grabkammer, weil dort unten einige Vorfahren der Fürstin ihre letzte Ruhe gefunden haben. Ihr ewiges Leben führen diese Herrschaften jedoch hier oben, denn in dieser Halle wird ihrer gedacht.«
    Im Rund der Kuppel illuminierten grobe Steinleuchter ein Antiquarium unzähliger Büsten in Nischen. Ich sah mit einem Blick, daß es alles andere als kluge Köpfe waren, die hier in Marmor, Gips und Bronce die Lücken füllten. Vom vollbärigen Ritterflegel über das polierte Rokokobürschchen bis hin zum blumengeschmückten Damenkopf des Jugendstils war alles vertreten. Die Steinleuchten mit verdeckter Lichtquelle schlugen scharfe Hell-Dunkel-Kontraste. Am meisten erschrak ich, als ich den Kopf in den Nacken legte und über mir eine Kuppel erblickte, die mich an jene des Pantheon in Rom erinnerte. Obwohl sich in dieser Wölbung kein Loch befand, ergriffen mich die Erinnerungen an unsere Italienreise und die erschreckende Öffnung in der Kuppel der Rotunde. Die Erzählungen meines Vaters über das Ozon-Loch fielen mir wieder ein, und daß dieses noch größer sei als die Öffnung im Pantheon.
    »Ist Ihnen nicht gut?« Die Comtesse du Moulin hatte bemerkt, daß ich mit meinen Gedanken abgeschweift, oder besser: abgehoben war. »Es ist nichts«, beruhigte ich sie und mich. »Sie sind aber plötzlich ganz bleich geworden«, erwiderte sie. »Offenbar hat die Reise Sie angestrengt, Monsieur.« Ich suchte Contenance zu wahren und lächelte die Kleine an. »Ich bin nicht mehr der jüngste.« Sie schüttelte den Kopf. »Davon kann keine Rede sein. Wenn alle Männer, die hierher kommen, mir so schnell über die Stiegen und durch die Räume folgen könnten, wie Sie, Monsieur, dann würden die guten vielleicht auch nicht so schnell schlapp machen!«
    Dies Wort der Comtesse sc hlug mir gegen die Brust wie

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