Dragon Dream (epub)
durchbohrte, und alles, was Talaith tat, war, ein wenig das Gesicht zu verziehen. Nichts weiter. Sie hatte sich bereits damit abgefunden; Annwyl konnte es in ihren Augen sehen. Sie hatte das schon vorher unter der Herrschaft ihres Bruders gesehen, als sie noch bei ihm gelebt hatte. Diese Resignation, wenn man wusste, dass der Tod bevorstand und es keinen Ausweg gab. Sie hatte es oft bei denen erlebt, die zum Tode verurteilt in seinen Kerkern saßen.
Schlimmer noch, sie hatte es schon in Talaiths Augen gesehen, als sie sich am See begegnet waren. Also hatte sie nicht aufgegeben, weil Annwyl ihr eine Klinge an den Hals hielt. Die Frau war schon tot gewesen, als sie in ihr Zelt gekommen war.
Mit einem verärgerten Naserümpfen schob Annwyl sie weg, stand auf und ging neben ihr auf und ab.
»Was … was tust du?«
»Nicht das, was du von mir willst.«
»Verdammt!« Talaith griff heftig nach ihrem Arm. Sie war stark genug, um in jedem Kampf mitzuhalten. »Beende es, Annwyl. Beende es jetzt!«
Annwyl sah die Verzweiflung in den dunkelbraunen Augen. Sie wusste, dass kein noch so gutes Argument helfen würde. Also gab sie Talaith eine Ohrfeige, dass diese quer durchs Zelt geschleudert wurde.
Ohne ein weiteres Wort ging Annwyl zur Zeltklappe und hob sie ein Stück an. »Brastias«, rief sie. »Hol mir bitte Morfyd, ja?«
»Aye.«
Annwyl trat wieder ins Zelt und studierte den Dolch in ihren Händen. Er war einfach, aber stabil und scharf.
Talaith war gerade dabei sich aufzurappeln, als Morfyd hereinkam. Sie sah Talaith stirnrunzelnd an und wandte sich an Annwyl, doch ihre Verwirrung war vorbei, als sie den Dolch in deren Hand sah. »Wo hast du das her?«
»Was? Das?« Annwyl schwenkte den Dolch in Richtung ihrer Kriegsmagierin, und Morfyd sprang zurück.
»Halt das Ding von mir fern!«
»Habt ihr alle den Verstand verloren? Ich habe sie erwischt, als sie versucht hat, mich im Schlaf umzubringen, und du hast plötzlich Angst vor Dolchen!«
Der Dolch war schnell vergessen, und Morfyd stützte die Hände auf die Hüften. »Ich habe dir doch gesagt , dass sie es ist.«
»Ja, aber du hast mir nicht gesagt, dass sie mich praktisch anflehen würde, sie zu töten, oder?«
Morfyd blickte zu Talaith hinüber, die sich immer noch nicht ganz erholt hatte. »Es überrascht mich, dass du es nicht getan hast.«
»Findest du, dass sie verrückt aussieht, Morfyd?«, fragte Annwyl ruhig. »Sieht sie aus, als wäre sie nicht Herrin all ihrer Sinne?«
»Nein, aber …«
»Warum sollte sie dann mit einem Dolch auf mich losgehen? Sie ist keine Närrin. Und nur eine Närrin würde es riskieren, sich mir allein zu stellen. Wir haben sie beide beobachtet – sie ist eine gut ausgebildete Mörderin. Sie hätte mein Essen oder mein Wasser vergiften können. Sie hätte uns alle töten können und dann davonschleichen, ohne dass es je einer erfahren hätte. Sie hätte die mit Gift überzogenen Nadeln benutzen können, die sie in ihrem Dolchgriff hat.« Annwyl war ziemlich beeindruckt von sich selbst, weil sie die zusätzlichen Gefahren entdeckt hatte, die in diesem einfachen und schlichten Dolch verborgen waren. »Stattdessen setzt sie mir einen Dolch an die Kehle.«
Annwyl schüttelte den Kopf. »Nein. Sie ist lediglich das Schwert, Morfyd. Ich will die Hand, die sie führt.«
»Das ist ganz einfach.«
Morfyd ging zu Talaith hinüber, die immer noch etwas benommen aussah. Natürlich hatte Annwyl sie vorsichtshalber hart getroffen. Morfyd packte Talaith mit festem Griff, riss ihr den Lederhandschuh von der Hand, den sie trug, seit sie ihr begegnet waren, und nahm die Hand der Frau in ihre.
»Nein!« Talaith, plötzlich wieder hellwach, sprang auf und versuchte, Morfyd ihre Hand wegzuziehen, doch die Drachenhexe griff einfach mit ihrer freien Hand an Talaiths Kehle und drückte zu.
»Wenn du dich wehrst, Schwester, reiße ich dir die Kehle heraus.«
Morfyd schloss die Augen und alles wurde still. Annwyl wusste, dass sie die Farben und Flammen und alles andere hätte sehen können, wenn sie ein Drache wäre oder irgendwelche magischen Fähigkeiten hätte. Doch Annwyl war nur eine Kriegerin mit einem Drachen als Gefährten. Sie sah nur zwei Frauen, die wie zwei Statuen dastanden. Sie fand es ein bisschen merkwürdig.
Gelangweilt aufseufzend ging sie hinüber zu ihren Satteltaschen und holte eine Flasche Wasser heraus. Sie nahm einen langen Schluck, erschrak aber, als Morfyd plötzlich sagte: »Oh. Oh.«
Sie wandte sich zu ihr um,
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