Dragon Fire
besonders, und er bekam sehr selten die Gelegenheit, in eine
Buchhandlung oder eine Bibliothek hineinzuschauen. Und Götter, wenn er es
vorschlug, erntete er nur ausdruckslose Blicke von den anderen.
Das klang also
perfekt, nicht wahr? Ein gutes Buch und eine herzhafte Mahlzeit in einer der
örtlichen Schänken.
Nachdem er seine
Taschen nach Geld durchsucht hatte – er hatte ein bisschen aus Briecs Zimmer
gestohlen, sein Bruder brauchte schließlich nicht so viel –, machte sich
Éibhear auf den Weg.
Er ging nach draußen
und verzog das Gesicht, als ihn das helle Tageslicht wie ein Hammerschlag traf.
Das brachte ihn nicht von seinem Plan ab, doch es erinnerte ihn daran, dass
Alkohol nicht immer sein Freund war. Er vertrug ihn einfach nicht so gut wie
der Rest seiner Sippe.
Er ließ sich Zeit und
war auch nur in der Lage, ein Auge offen zu halten, als er die Stufen des
Rittersaals hinabging. Sobald seine Füße das Pflaster des Hofs berührten,
wandte er sich in Richtung des Seitenausgangs.
»Hallo, Éibhear.«
Éibhear blieb stehen
und schaute zurück zur Treppe. Er hatte gemeint, auf der Treppe an jemandem
vorbeigekommen zu sein, aber er war so darauf konzentriert gewesen, sie hinter
sich zu bringen, ohne sich übergeben zu müssen, dass er nicht weiter darauf
geachtet hatte.
Blinzelnd lehnte er
sich ein bisschen vor, um besser sehen zu können. Ihr Götter, er würde
wahrscheinlich nie wieder so schnell so viel trinken.
»Äh … hallo.«
»Ihr Götter … habe ich
mich in zwei Jahren so verändert, dass mich mein eigener Onkel nicht mehr erkennt?«
Éibhears Augen wurden
groß – beide –, und er ignorierte den dadurch verursachten Schmerz, während er
sie anstarrte. »Izzy?«
Ihr Lächeln brachte
wie immer ihr Gesicht und seine Welt zum Leuchten. Er hasste sie für dieses
Lächeln. Auf diesen langen, einsamen Patrouillengängen in trostlosem
Nordland-Gebiet hatte er nicht aufhören können, an dieses Lächeln zu denken.
»Wie … wie geht es
dir?«
»Gut. Hab
herausgefunden, dass meine Eltern und meine ganze Familie« – und das Folgende
brüllte sie zu den Burgmauern hinauf – »vollkommene und heillose Lügner sind!«
»Ach, jetzt komm schon
endlich drüber weg!«, schrie Talaith von irgendwo im Inneren zurück.
»Aber abgesehen
davon«, sprach Izzy weiter, »geht es mir gut. Wie ist es mit dir?«
»Mir geht’s gut.«
»Der Norden hat es gut
mit dir gemeint, wie ich sehe. Du bist größer. Überall.«
Sag es nicht. Sag es einfach nicht!
»Viel harte Arbeit.
Wie ist das Leben in der Armee?«, fragte er eilig, um das Thema zu wechseln.
»Ich bin immer noch in
der Ausbildung«, beschwerte sie sich und verdrehte die Augen.
»Ich lege Bäume um.
Sehr viele.«
Sie lachte. »Keine
Sorge. Ich bin mir sicher, in ein paar Jahren werden wir ernstzunehmende Größen
sein.«
Éibhear zeigte auf
sie. »Was hast du da?«
Sie hielt ein
Fellknäuel hoch. »Einen Welpen.«
»Den hast du doch
nicht aus Dagmars Zwingern, oder? Sie würde dich häuten!«
»Du meinst, es würde
nicht funktionieren, wenn ich ihr erzähle, dass ich ihn draußen gefunden habe?«
»Bestimmt nicht.«
Sie hob den Welpen
dicht vor ihr Gesicht und legte ihre Nase an seine nasse Schnauze. »Aber er ist
so süß!«
»Und in ein paar
Monaten wird er dir das Gesicht auf ein Mal abbeißen können.«
»Dann will ich ihn auf
jeden Fall.«
Éibhear kicherte. »Ich
sehe, du hast dich nicht verändert, Izzy.«
»Das kommt darauf an,
wen du fragst.«
In diesem Moment, als
er Izzy mit ihrem Welpen sah, immer noch in der schmutzigen Reisehose und einer
ärmellosen Tunika, Schmutz auf den Wangen und am Hals, dämmerte es Éibhear … er
war über sie hinweg. All diese unangemessenen Gefühle, die er für sie gehabt
hatte – und die Götter wussten, wie er diese ganzen verdammten,
unkontrollierbaren Gefühle gehasst hatte –, waren weg. Er konnte sie immer noch
nicht als seine Nichte sehen, aber er hatte keinerlei wie auch immer geartetes
Interesse mehr an ihr.
Diese Erkenntnis ließ
seine Kopfschmerzen verschwinden, und er trat etwas näher. »Ich wollte gerade
in die Stadt, bei den Buchhändlern vorbeigehen und dann etwas essen. Willst du
vielleicht …«
»He!«
Éibhear schaute über
den Hof und lächelte beim Anblick seines Vetters Celyn. Er und Celyn waren
ziemlich gut befreundet gewesen, als sie beide jünger waren, bis … na ja, bis
Celyn Izzy kennengelernt hatte. Aber das war jetzt nicht mehr wichtig.
»Celyn?«,
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