Dragon Kiss (epub)
rückwärts. Er richtete sich jedoch schnell wieder auf und traf Annwyl mit einem brutalen Hieb. Ihr Körper flog mehrere Fuß weit, bevor er auf dem Boden landete. Doch ihr Drache hatte sie beim Training auch schon so getroffen, deshalb spürte sie Lorcans Faust kaum. Sie war schon wieder auf den Beinen, bevor er sie erreicht hatte.
Nach den Kämpfen mit Fearghus erschienen ihr Lorcans Bewegungen langsam und ungelenk. Nicht wie die flüssigen Bewegungen ihres Drachen. Plötzlich verstand sie nicht mehr, was sie all diese Jahre so gefürchtet hatte. Zum Teufel, sie hatte sich Bercelak dem Großen gestellt und ihn fast getötet. War ihr Bruder wirklich eine so große Herausforderung?
Sie merkte, wie sie immer ruhiger wurde. Sah seine Bewegungen voraus, lange, bevor er sie ausführte. Außerdem sah sie seine Wut in seinem ganzen Körper brennen. Er wollte sie so dringend tot sehen, dass seine Angriffe schlampiger wurden. Bald war er voller Blut. Und es war nicht ihres.
Fearghus schleppte Hefaidd-Hen hoch hinauf zu den Sonnen, seine Krallen in seinen weichen weißen Bauch gegraben. Er besaß nicht mehr die schützenden Schuppen ihrer Art.
Was hat dieser Drache sich angetan?
Hefaidd-Hen spie einen Zauber aus, und ein beinahe unerträglicher Schmerz durchlief Fearghus’ Körper. Ein Schmerz, der von innen kam. Jetzt sah er, dass die Bestie Teile von sich selbst opferte für die Magie, die durch ihre Adern floss. Die Magie, die Hefaidd-Hen nun gegen ihn richtete. Doch Fearghus würde den Mistkerl nicht loslassen. Er würde nur wieder Annwyl verfolgen. Das konnte er nicht riskieren. Also hielt er seine Krallen weiterhin tief in Hefaidd-Hens Fleisch vergraben und hielt ihn fest.
Eine erneute Schmerzwelle brandete durch Fearghus’ Körper. Er brüllte. Doch sein Brüllen konnte sich nicht mit Hefaidd-Hens gellendem Schrei messen. Er öffnete die Augen und sah, dass Morfyd sich an Hefaidd-Hens Rücken festhielt. Ihre Klauen gruben sich tief in das weiße Fleisch, während sie einen Zauber sprach, der die Bestie in Brand setzte. Und ohne Schuppen hatte er keinerlei Schutz vor den schrecklichen Flammen, die Morfyd auf ihn abschoss.
»Jetzt, Fearghus! Jetzt!«
Fearghus grub seine Krallen noch tiefer in Hefaidd-Hens Unterleib und riss ihn von den Eingeweiden bis zur Kehle auf.
Hefaidd-Hen schrie. Ein Schrei der Überraschung und des äußersten Schmerzes. Fearghus und Morfyd ließen seinen Körper los. Die widernatürliche Bestie stürzte der Erde entgegen, während sie vergeblich versuchte, ihre Eingeweide im Körper zu halten und das Feuer zu löschen, das sie einhüllte. Morfyd spie der sich entfernenden Gestalt noch einen Zauber hinterher, und Hefaidd-Hen zerbarst in Stücke.
Fearghus sah seine Schwester an. »Das war ein bisschen viel, findest du nicht?«
Sie zuckte unschuldig die Achseln. »Ich gehe gern auf Nummer sicher.«
Annwyl sah eine Lücke in seiner Deckung und ergriff die Gelegenheit. Sie machte einen Ausfallschritt und versenkte ihre Klinge in seinen Oberschenkel. Lorcan brüllte vor Schmerzen auf; er schlug ihr ins Gesicht, und seine behandschuhte Hand riss ihr die Wange auf. Sie ging bäuchlings zu Boden, und er schwang sich auf ihren Rücken, beide Hände an ihrer Kehle. Seine Wut hatte die Kontrolle übernommen, doch sie hätte nie gedacht, dass er seine bloßen Hände benutzen würde, um sie zu töten. Sie hatte nur Sekunden, bevor ihr schwarz vor Augen wurde. Sie zog ihren Dolch und holte nach hinten aus. Schreiend taumelte er von ihr fort.
Annwyl sprang auf, bevor Lorcan sich erholen konnte, wandte sich um und sah ihren Bruder, der sich die Hand vors Gesicht hielt, während das Blut zwischen seinen Fingern hindurchströmte. Sie hatte ihn am Auge getroffen. Rasch, weil sie ihm keine Zeit lassen wollte, sie erneut anzugreifen, lief sie um ihn herum, während er auf dem Boden kniete und sich das blutende Auge hielt. Ihr Vater hatte ihr immer gesagt: Wenn du die Beine eines Mannes zerstörst, hast du den ganzen Mann vernichtet. Daran erinnerte sie sich nun und zerschnitt die Bänder an der Hinterseite von Lorcans Füßen. Sie ignorierte seine Schreie, die sich um das Zehnfache steigerten. Im Bewusstsein, dass er nicht gehen oder laufen konnte, trat sie ihm in den Rücken und warf ihn damit zu Boden.
Annwyl setzte sich rittlings auf ihn, genau wie er es bei ihr getan hatte. Sie schnappte sich das Lederband, das sie benutzte, um ihre Haare zurückzubinden, schlug die Hände ihres Bruders
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