Dragon Sin: Roman (German Edition)
gegeben hatte.
»Er ist dir … ziemlich treu ergeben, fürchte ich«, sagte Vigholf. »Und das seit fünf Jahren. Aber für jemanden wie ihn ist das nicht leicht. Wie seine Brüder ist auch er in den letzten drei Jahren nicht hier gewesen. Er ist ungeduldig, gemein und hinterhältig geworden, und er lässt seine Launen an uns anderen aus – und am Feind. Die Eisendrachen nennen ihn Gwenvael den Schänder.«
Die Frau brach in Lachen aus. So etwas hätte Vigholf von dieser mürrischen kleinen Frau nie erwartet. Allmählich fasste sie sich wieder. »Entschuldigung, das ist ein privater Scherz. Und warum nennen sie ihn so?«
»Er hat die Angewohnheit, die Körper der Feinde zu zerstückeln. Manchmal leben sie dabei noch. Ich habe es dir ja gesagt. Während deiner Abwesenheit ist er ziemlich gemein geworden.«
»Ich verstehe.«
»Und was den Krieg selbst angeht …« Vigholf seufzte. »Ich fürchte, das ist etwas komplizierter.«
Rhona zog ein ärmelloses Kettenhemd, eine eng anliegende braune Lederhose und kniehohe schwarze Lederstiefel an. Annwyl hatte ungefähr Rhonas Größe. Die hohen Stiefelschäfte verbargen die Tatsache, dass die Hose etwas kurz war. Und der Umstand, dass die Königin größere Brüste hatte, ließ genug Platz im Hemd für Rhonas breitere Schultern.
Während Rhona in die Kleidung der Königin schlüpfte, stritten sich Annwyls Schwägerinnen wie zwei wütende Harpyen.
»Wie konntest du es wagen, es ihnen nicht zu sagen?«, wollte Talaith von Keita wissen. »Du hättest es Briec und Fearghus mitteilen müssen!«
»Und damit Vateria genau das geben, was sie erreichen wollte? Du scheinst zu vergessen, Schwester, dass ich eine Protektorin des Thrones bin.«
»Bla, bla, bla.«
»Ich habe die Entscheidung getroffen, meinen Brüdern nichts zu verraten, aber ich bin hier, um mit Rens Hilfe meine Nichten und meinen Neffen zu beschützen. Also finde dich gefälligst damit ab!« Keita sah Rhona im Spiegel an. »Und du hättest deinen götterverdammten Mund halten sollen.«
»Ich bin außer Dienst, Cousine, und das heißt nach dem Gesetz der Cadwaladrs, dass ich dich richtig heftig verprügeln darf.«
Talaith blinzelte. »Es gibt Cadwaladr-Gesetze?«
»Wenn nötig«, sagte Rhona und nahm ihr Schwert sowie die Überreste ihres geliebten Speers auf. »Streitet euch ruhig weiter. Ich gehe inzwischen zu meinem Vater.«
»Du verlässt uns?«, fragte Keita.
Rhona drehte sich zu ihrer Cousine um. »Du hast mich gebeten, dich und Ren bis hierher zu begleiten. Jetzt seid ihr in Sicherheit. Was ihr von nun an tut, liegt ganz bei euch.« Sie ging zur Tür des Schlafzimmers. »Ich reise in der Morgendämmerung ab«, sagte sie zu ihnen, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich.
Talaith sah zu, wie die Cousine ihres Gefährten das Zimmer verließ. »Ist alles in Ordnung mit ihr?«
»Sie ist Rhona.«
»Was soll das bedeuten?«
»Genau das, was ich sage: Sie ist Rhona. Und jetzt sollten wir uns etwas zu essen besorgen. Ich verhungere .«
Talaith sah Keita eindringlich an. »Versuche nicht, das Thema zu wechseln. Ren wird meine Tochter nirgendwohin bringen.«
Keita legte sich die Finger an die Schläfen. »Wenn du mir nur einmal zuhören würdest …«
»Nein. Sie und die anderen beiden Kinder sind hier vollkommen sicher, Keita. Ich werde nicht das Risiko eingehen, sie in ein Land zu schicken, über das ich nicht das Geringste weiß. Nicht mit Ren, auch nicht mit Briec oder Izzy – mit niemandem.«
»Aber …«
»Nein. Das ist mein letztes Wort. Nur damit wir uns richtig verstehen: Glaube nicht, dass du die Zwillinge an den Kyvich vorbeibekommst. Ich kenne diese Hexen. Sie werden Ren jagen und ihm jede einzelne Schuppe aus der Haut reißen. Wenn ich du wäre, Schwester, würde ich diese Idee fallen lassen.«
Dagmar und Vigholf betraten den Rittersaal von der Küche aus. »Wann verlässt du uns wieder?«, fragte Dagmar.
»Morgen, glaube ich. Ich reise mit Rhona, und wenn ich sie nicht im Auge behalte, wird sie mir ohne Erlaubnis davonlaufen.«
Dagmar blieb stehen und schaute zu ihm hinauf. Vigholf war genauso hübsch wie sein Bruder, aber auf eine andere Art. Vielleicht war es die Narbe auf seinem Kinn. Denn nichts an ihm wirkte so unschuldig wie bei Ragnar dem Listigen. »Du willst sie im Auge behalten?«
»Irgendjemand muss es ja tun.«
»Weißt du, dass sie eine …«
»… eine Cadwaladr ist, ja. Ich bin mir ihrer Blutsbande ziemlich deutlich bewusst, schließlich werde ich
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