Dragon Touch
war.
»So!«, sagte er, als sie es endlich geschafft hatte, sich
von ihm loszumachen. »Viel besser.«
»Was ist bloß los mit dir?«
»Was mit mir los ist?« Seine Hand glitt in ihren Nacken,
und er zog sie näher an sich heran. »Ich hätte dich fast verloren, Annwyl. Ich
hätte fast die einzige Frau verloren, die ich jemals lieben werde. Das ist los
mit mir.«
»Das ist ja alles schön und gut, aber solltest du dann
nicht ein bisschen netter zu mir sein? Ein paar Blumen, vielleicht ein
Abendessen bei Kerzenschein?« Zwischen zusammengepressten Zähnen zischte sie:
»Geht es über deine Fähigkeiten, ein kleines bisschen romantisch zu sein?«
»Ja, das tut es.«
»Ich gebe auf.« Sie schwamm zurück zum Ufer, Fearghus
direkt hinter ihr. »Ich weiß nicht, wie ich es mit dir aushalte.«
Er schnappte sie und drehte sie zu sich um. »Du hältst es
mit mir aus, weil du mich liebst. Und ich liebe dich, Annwyl.«
Dann küsste er sie, seine Hände gruben sich in ihre nassen
Haare und hielten sie fest, während sein Mund gierig über ihren herfiel. Das
kannte sie noch. Danach hatte sie sich gesehnt.
Sie war dort gewesen. Auf der anderen Seite. Doch nicht
dort, wo alle es erwartet hätten. Nicht ihre Vorfahren hießen sie dort
willkommen. Es waren die von Fearghus. Ailean der Verruchte hatte sie in den
Hintern gekniffen, und mit Baudwin dem Weisen, Fearghus’ Urgroßvater, hatte sie
sich über Bücher unterhalten. Und so wunderbar das alles gewesen war, in diesem
weichen Gras zu sitzen, umgeben von Bäumen und vielen Seen, während eine Sonne
auf sie schien, hatte sie dennoch ihren Fearghus vermisst.
Als Shalin, Aileans Gefährtin und Fearghus’ Großmutter,
gesehen hatte, wie Annwyl ins Leere starrte, hatte sie ihr den Arm um die Mitte
gelegt und gesagt: »Mach dir keine Sorgen. Es ist noch nicht vorbei für dich.
Sie kommt dich holen.« Annwyl hatte keine Ahnung gehabt, wen die hübsche
Drachin meinte, doch dann war sie fortgezogen worden, aus der einen Welt in die
andere gerissen. In Blut, Schmerz und Elend.
Bis sie dieses Schwert in der Hand gehalten hatte – und
dann war alles richtig gewesen.
Doch mit Fearghus an ihrer Seite … war jetzt alles
perfekt.
Er löste seine Lippen von ihren, hielt die Stirn aber
gegen ihre gelehnt, und seine Hände hielten sie fest. Sie sahen sich lange und
eindringlich an. Es gab Worte, die sie hätten sagen können, aber es waren keine
nötig. Nicht für sie.
Dann wandten sie gemeinsam die Köpfe in Richtung
Höhlenboden. Als Annwyl den kleinen Jungen ansah, waren es Fearghus’ Augen, die
sie unter dem braunen Haarschopf mit den goldenen Strähnen anfunkelten.
Der Junge schaute sie beide an, während seine Schwester
auf die am nächsten stehenden Waffen zukrabbelte.
Und bis Annwyl diese Welt verlassen würde – zum zweiten
Mal, um genau zu sein –, würde sie sich nicht entscheiden können, was sie in
diesem Augenblick am meisten beunruhigte: dass ihre drei Tage alten Kinder
schon krabbeln konnten, dass ihre Tochter direkt auf die Streitaxt zusteuerte
oder dass ihr Sohn sich an den Rand des Sees setzte, sich zu ihr vorbeugte und
schrie.
Fearghus dümpelte neben ihr, und sein Körper rieb an
ihrem. »Er will wirklich ,
dass du ihn hochnimmst.«
Annwyl nickte. »Das merke ich.«
31 Dagmar
saß auf dem Baumstumpf an dem Flüsschen. Es wurde langsam spät, die beiden
Sonnen gingen gerade unter. Doch dies war laut Gwenvael die Finstere Schlucht,
und der Name passte gut, denn die Bäume standen hier so dicht, dass man das
Gefühl hatte, es sei spät in der Nacht und nicht früher Abend.
Aber das war nicht wichtig. Nicht in diesem Moment, wo sie
sauber war und Gwenvael ihre Haare sanft von all dem eingetrockneten Blut
befreit hatte. Er schien es genossen zu haben, sie von Kopf bis Fuß zu waschen.
Er hatte so erleichtert gewirkt, sie einfach nur an seiner Seite zu haben.
Ob es nun so war oder nicht: Dagmar war auf jeden Fall
froh, ihn zu haben. Sobald sie seine Stimme gehört, seine Gegenwart gespürt
hatte, hatte sie gewusst, dass sie in Sicherheit war. Bei ihm fühlte sie sich
sicher, ohne das Gefühl zu haben, gefangen zu sein; das liebte sie.
Es war nicht überraschend, dass Annwyl und Fearghus nicht
zu ihnen zurückgekehrt waren. Dagmar hatte sich etwas Sorgen gemacht, als sie
die Kampfgeräusche in der Ferne gehört hatte – klappernde Schwerter,
Schlachtrufe, viel Geschrei – doch Gwenvael schien sie nicht zu bemerken,
während er sich um die wenigen Wunden
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