DRAGONWOLF - Die tödlichste Kreuzung (German Edition)
dennoch ein stattlicher Anblick. Auf dem Dach des Gebäudes gab es einen dicken Schornstein, der trotz der Hitze mächtig viel Rauch ausstieß. Dort drinnen musste es so heiß wie in einem Glutofen sein. Hoffentlich würde sich unser Treffen auf draußen beschränken. Es war so schon heiß genug, obwohl es gerade mal Vormittag war. Wer oder was mochte wohl hier mitten in der Wildnis wohnen? Musste Victor sich unfreiwillig verstecken und deshalb in dieser Einöde, ohne jeglichen Komfort, leben? Bevor ich weiter darüber nachgrübeln konnte, ob eventuell jemand so ein Leben von sich aus in Erwägung ziehen würde, raschelte und knackte es plötzlich unheilvoll im Unterholz neben uns. Sofort waren alle meine Sinne geschärft und meine Muskeln bis aufs äußerste angespannt. Alles an mir war auf das schlimmste gefasst, meine Härchen im Nacken richteten sich auf und mein Körper bereitete sich auf einen Kampf vor. Auch Tabata schaute angestrengt in die dichtgewachsenen Büsche, ergriff meinen Arm und drängte sich näher an mich heran. Nicht das mir das nicht gefallen hätte, ganz im Gegenteil, aber so würde sie mir definitiv im Wege sein, sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen.
„Beruhigt Euch, Kinder! Das ist bloß Victor! Er wird auf der Jagd gewesen sein… ah seht nur, da ist er ja!“ Meine Mom war sichtlich erfreut darüber ihren Freund wiederzusehen, eilte mit ausgestreckten Armen auf den Mann zu und umarmte ihn herzlich. Er war gerade erst vollständig aus den Büschen getreten, sah uns über die Schulter meiner Mom freundlich an und sagte mit tiefer kratziger Stimme: „Hab‘ was zu essen mitgebracht! War fischen, im Silberteich. War gar nicht so einfach welche von diesen Viechern zu erwischen.“ Er hielt ein paar fischähnliche Kreaturen hoch, die an einigen Haken baumelten, als wären es Trophäen. Im Gegensatz zu den Fischen, die aussahen als wären sie die Nachkommen derer, die einen Atomangriff überlebt hatten, sah Victor ziemlich normal aus. Na ja, so gewöhnlich wie man sich eben jemanden vorstellt, der ein einsames Leben in einer Hütte draußen im Wald führte. Er hatte Kleidung an, die Jäger oder auch Soldaten trugen um sich gut im grünen zu tarnen. Sein Haar war schwarz, aber schon mit einigen grauen Strähnen durchzogen. Er war groß und muskulös und wusste mit Sicherheit wie man sich hier draußen zu wehren hatte. An seinem Gürtel hingen ein paar Dinge, die sich echt sehen lassen konnten. Da gab es zwei Jagdmesser mit beeindruckenden Klingen, eine Steinschleuder von beachtlicher Größe und… war das etwa ein Blasrohr mit Giftpfeilen!? Sowas hatte ich mal in einer Dokumentation im Fernsehen gesehen. Die Dinger benutzten zum Beispiel einheimische Völker im Regenwald von Brasilien oder im Dschungel Afrikas. Oder sahen so Betäubungspfeile aus? Auf jeden Fall sah Victor aus wie ein Mensch und zwar durch und durch.
„Ihr müsst Drawo und Tabata sein, richtig!? Hat deine Großmutter es endlich überwunden, dass aus deinem Onkel kein Elf geworden ist?“ Er sah Tabata an und lachte rau. „Man hat das für Aufregung in deiner Familie gesorgt!“ „Sie kennen meine Familie?“ Tabata war sichtlich erstaunt darüber und ich flüsterte ihr zu: „Wundert dich das etwa noch? In unserer Situation ist das doch noch das wahrscheinlichste von allem.“ Victor schien uns sehr amüsant zu finden, denn er lachte wieder sein raues Lachen und lud uns dann ein zum Essen zu bleiben. Neben mir riss Tabata die Augen auf, starrte auf die am Haken hängenden Monsterfische und wurde ganz grün im Gesicht. Nie im Leben würde ich diese Dinger anrühren, geschweige denn in den Mund stecken, darauf herum kauen und dann auch noch hinunterschlucken. Von ihnen ging ein Gestank aus, den ich noch nie in meinem Leben gerochen hatte. Mir wurde schon übel und ein Brechreiz stieg in mir auf, als meine Mom uns endlich zu Hilfe kam. „Tut mir leid, Victor! So viel Zeit haben wir leider nicht.“ (Was für ein Jammer! So ein Pech aber auch!) „Ich wollte euch nur Bekannt machen! Ich fand es an der Zeit, dass ihr euch mal kennenlernt. Und ich wollte den beiden Mal ein ganz außergewöhnliches Wesen präsentieren, bevor Drawo sein Vater es mir vorwegnimmt.“ Sie lachte und blinzelte uns verschwörerisch zu. „Außergewöhnliches Wesen? Ich kann keines entdecken!“, witzelte Victor und zeigte dann auf sein Mittagessen, dass immer noch schlaff an seinen Haken hing. „Meinst du etwa die hier? Och, die futtere ich
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