Drake (German Edition)
ungewohnte Fortbewegungsart. Verotroicx stapfte deswegen wie ein Berggänger den Gang entlang, der gerade die ersten sanften Anhöhen hinter sich ließ. Den anderen hinter ihm ging es nicht anders.
Nach ein paar Minuten tauchte der erste Schacht ins Innere vor ihm auf. Es gab zwar kleine Aufzüge, aber Verotroicx entschied, über die steilen Treppenkonstruktionen ins Innere und damit ins Zentrum zu gelangen. Mit beiden Händen an den Geländern schwang er sich hinunter. Es ging leichter als erwartet, trotz der Raumanzüge.
Laut der Navigationsanzeige auf seinem Frame mussten sie lediglich vier Stockwerke tief steigen, aber Verotroicx kam jetzt schon ganz schön ins Schwitzen. Wahrscheinlich mehr aus Nervosität als aus Anstrengung. Er ertappte sich immer wieder dabei, wie er mit raschen Blicken all die Bilder auf seinem Frame kontrollierte, aber es war nichts Aufregendes zu entdecken. Die Übertragung von Katrin Gauthier war ein Abbild seiner eigenen Wegstrecke und die Kameras der übrigen Teilnehmer zeigten nur die wankenden Rücken der Vorausgehenden. Nur manchmal wurde das Bild auf seinem Frame von zackigen Flecken durchlaufen. Sie rührten von der Strahlung des nahen Gasriesen her, und das, obwohl die Timeless im Strahlungsschatten der Unit Eleven lag. Wahrscheinlich kamen magnetische Reflexionen von der Schiffshülle durch.
»Alles okay hier«, sagte Katrin gerade über seinen Frame. »Bisher laufen wir durch ein leeres Schiff.«
»Ich frage mich, was mit den restlichen vier Besatzungsmitgliedern geschehen ist«, antwortete er, nur um etwas zu sagen.
»Es muss nicht unbedingt mit ihnen etwas geschehen sein, sie könnten aus irgendeinem Grund ihre Frames deaktiviert haben.«
»Glaubst du an diese Möglichkeit?«
»Nein, ich rede nur so vor mich hin.«
Verotroicx grinste verhalten. Es ging ihnen allen gleich. Die Situation begann, ihnen über den Kopf zu wachsen. Sternbergs Expedition entfernte sich immer mehr von dem eigentlichen Ziel. Für ihn selbst konnte er nicht genau sagen, was er eigentlich erwartet hatte, aber im Stillen musste er Werfels Worten recht geben: Die Menschheit war noch nicht reif für das ganz große Universum. Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt zur Umkehr.
»Was ist? Träumst du?«, fragte Scott hinter ihm.
»Ja und nein. Ich fragte mich gerade, wo genau wir Tamini finden werden«, antwortete er ausweichend und versuchte damit, sich von seinen düsteren Gedanken abzulenken.
»Kann ich dir sagen. Das Peilsignal kommt von der Zugangstür zu MOSES . Er muss sich unmittelbar dahinter aufhalten. Bisher hat er sich nicht gerührt.«
»Hoffentlich bleibt es so. Nicht, dass er vorhat, irgendwas mit MOSES anzustellen.«
»Mal den Teufel nicht an die Wand. Ich habe keine Lust, in einem Schwarzen Loch zu enden!«
Verotroicx antwortete nichts darauf, beschleunigte jedoch seine Schritte unmerklich. Laut den Aussagen der Ingenieure war MOSES unmanipulierbar und sicher, aber was war heutzutage schon sicher?
Der innere Bereich der Timeless glich dem der Unit Eleven. Die gleiche rote Halle mit den gleichen silbrigen Streifen an den Wänden, das kugelförmige Segment mit dem Sichtfenster und dem Stahlgeländer drumherum. An diesem Ort war er in der Unit Eleven auf Caitlyn Mulholland getroffen und hatte mit ihr einen Durchgang erlebt. Es schien Monate her zu sein.
»Der Zugang zu MOSES ist auf der anderen Seite«, erklärte Scott Cohen und steuerte mit tapsigen Schritten darauf zu. Verotroicx folgte ihm. Jetzt bewegten sie sich praktisch auf einem nur fünfzig Meter durchmessenden Planeten, der sie mit einer Schwerkraft von 1 g anzog.
Bei jedem Schritt hatte er das Gefühl, als flogen die Perspektiven auseinander.
»Hier, das ist der Zugang«, sagte Scott Cohen und deutete auf eine nur etwa 1,50 Meter hohe Tür, die beinahe fugenlos und unauffällig in die Wand eingelassen war. »Soll ich aufmachen?«
Verotroicx nickte wortlos und trat etwas zurück. Ihm war schwindlig. Die Spannung und die örtlichen Verhältnisse machten ihm zu schaffen.
Cohen musste zunächst mit einem Lync einen Main Authority Code eingeben, danach glitt die Tür beinahe lautlos seitwärts in die Wand hinein.
Kein Tamini. Nur ein beleuchteter Steg, der in die technischen Innereien von MOSES führte.
»Das Signal kommt aber von hier«, sagte Scott Cohen ratlos.
Verotroicx beugte sich über den Steg. »Hier an der Seite, was ist das für eine Tür?«
»Das ist eigentlich keine Tür. Es ist ein Schutz für
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