Drake (German Edition)
Rutsch abgebrochen, da ihr das nötige Durchhaltevermögen dafür gefehlt hatte.
Sie fuhr die erste Treppe vorsichtig an.
32 Stockwerke. Vielleicht mit zwei oder drei Pausen dazwischen.
Immer nur an die nächsten Meter denken, nicht an die ganze Strecke.
Die ersten drei, vier Stockwerke ging alles gut.
Die Geschwindigkeit war genau richtig.
Sie nahm die 90-Grad-Winkel der Treppen ganz eng und fing den Schwung kurz danach mit einem energischen Abstoßen an der Wand ab. Kurz vor jedem Erreichen eines Stockwerks ging sie tief in die Hocke und nahm das Tempo mit auf die Gerade.
Im fünften Stockwerk stürzte sie genau an dieser Stelle und prallte hart an die gegenüberliegende Wand.
Benommen rappelte sie sich wieder auf. Alles okay. Einzig und allein die Erkenntnis, dass der Sturz auf keinem Fahrfehler, sondern auf ihrer mangelnden Kondition und ihrer Übermüdung beruhte, ließ sie das Schlimmste befürchten. Der weitaus größte Teil der Strecke lag noch vor ihr. Der nächste Sturz konnte weniger glimpflich ausgehen.
Einfach nicht daran denken.
Alle Kraft nur für die nächsten Meter konzentrieren und rechtzeitig eine Pause machen. Notfalls konnte sie immer noch zu Fuß die Treppen hinabsteigen.
Fünf Stockwerke auf einmal, dann eine kurze Pause, danach das Gleiche von vorne.
Beim nächsten Abschnitt ging alles gut.
Sie atmete heftig, war aber innerlich beruhigt.
Sie konnte es schaffen, und zwar in kürzester Zeit.
Sie schaffte auch den weiteren Abschnitt unbeschadet, auch wenn sie beinahe strauchelte.
Noch drei weitere Abschnitte und sie würde den Weg in weniger als 15 Minuten zurückgelegt haben.
Ihr Atem ging jetzt stoßweise, aber sie musste weiter. Mit einem unterstützenden und kraftvollen Aufschrei ging sie die nächsten Treppen an.
Der derbe Klang ihrer Stimme half ihr, den richtigen Rhythmus zu finden, und ließ sie ihre Müdigkeit vergessen. In dieser Weise kam sie laut schreiend und fluchend bis zur vorletzten Treppe.
Beinahe hätte sie ihn übersehen.
Erst im letzten Moment nahm sie ein dunkles Bündel auf dem letzten Treppenabsatz wahr und fing sich am Geländer ab.
Sternberg!
Hyatt Sternberg, mit einer Flasche Rotwein in der Hand. Er saß zusammengekauert auf der Treppe und sah unverwandt nach unten in den Gang.
Was machte Sternberg hier unten?
Aus Verotroicx’ Bericht wusste sie, dass die Gruppe ihn im Salon zurückgelassen hatten, aber wie kam er hierher?
Keuchend ging sie in die Hocke.
Plötzlich stockte ihr erneut der Atem.
Unten, direkt am Eingang zu MOSES stand ein Cobo Ya Ya. Mit seinem grünlich schimmernden Tarnschirm bildete er einen unwirklichen Kontrast zu der roten Wand.
Unmöglich. Leila hatte doch alle Cobo Ya Ya innerhalb der Unit Eleven unschädlich gemacht.
Caitlyn sah sich unsicher um, konnte aber sonst niemanden entdecken.
Der Cobo Ya Ya benahm sich etwas seltsam. Zum einen schien er verwirrt darüber zu sein, keinen Kontakt mit seinen Artgenossen herstellen zu können, und zum anderen starrte er immer wieder auf die Stelle, wo sich Sternberg aufhielt.
Wieso konnte er Sternberg sehen?
Erst als Sternberg eine Bewegung vollzog, erkannte sie den Grund.
Hyatt Sternberg trieb ein neckisches Spielchen mit dem Cobo Ya Ya. Er nahm einen Schluck Rotwein aus der Flasche und spuckte die Flüssigkeit halbhoch in die Luft. Sobald die Flüssigkeit den Bereich des Zeitzwischenraums verlassen hatte, mutierte sie zu einer Wolke aus dunkelroten Teilchen, die in der Schwerelosigkeit träge auf den Cobo Ya Ya zutrieb. Aus dessen Sicht entstand aus dem Nichts eine Wolke aus feinen roten Teilchen, die ihn in unregelmäßigen Zeitabständen umfing und in seinem eigenen künstlichen Schwerkraftbereich auf ihn herabrieselte.
Sternberg gluckste jedes Mal begeistert und gönnte sich zwischendurch selbst einen guten Schluck aus der Flasche.
Caitlyn konnte unschwer erkennen, dass er sturzbetrunken war.
Eine brenzlige Situation. Und die Zeit drängte.
Sie durfte keinen Fehler begehen.
Sie richtete sich auf und ging vorsichtig die Treppe hinab.
»Hallo, Herr Sternberg!«
Der Angesprochene rührte sich nicht. Erst als sie es das zweite Mal versuchte, stützte er sich steif an der Wand ab und drehte seinen Kopf halb in ihre Richtung. »Bah, was?«, machte er. Dann erkannte er Caitlyn. Seine Augen wirkten glasig. Anscheinend war das nicht seine erste Flasche Wein. »Ah! Ah! Mulholland! Caitlyn!« Er lachte vergnügt. »Sie auch hier?«
Er deutete mit der Flasche in den Raum
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