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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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gleichgültig sind.
    Scholz
    Ich Ihnen gleichgültig?! Ich erhielt noch von keiner Frau mehr Beweise von Zuneigung als von Ihnen!
    Anna
    Das ist nicht meine Schuld. Ihr Freund hatte Sie mir als einen Philosophen geschildert, der sich um die Wirklichkeit überhaupt nicht kümmert.
    Scholz
    Mir hat nur die Wirklichkeit meine Philosophie abgerungen! Ich bin keiner von denen, die ihr Leben lang über irdische Nichtigkeit schwadronieren und die der Tod, wenn sie taub und lahm sind, noch mit Fußtritten vor sich herjagen muß!
    Anna
    Dem Marquis von Keith hilft sein Konfirmationsspruch über jedes Mißgeschick hinweg! Er hält seinen Konfirmationsspruch für eine unfehlbare Zauberformel, vor der Polizei und Gerichtsvollzieher Reißaus nehmen!
    Scholz
    Ich erniedrige mich nicht so tief, um an Vorbedeutungen zu glauben! Hätte dieser Glücksritter recht, dann erhielt ich bei meiner Konfirmation eine ebenso unverbrüchliche Zauberformel für mein Unglück. Mir gab unser Pastor damals den Spruch: »Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.« – Aber das kümmert mich nicht! Hätte ich auch die untrüglichsten Beweise dafür, daß ich selber nicht zu den Auserwählten gehöre, das könnte mich immer nur in meinem unerschrockenen Kampf gegen mein Geschick bestärken!
    Anna
    Verschonen Sie nur bitte mich mit Ihrem unerschrockenen Kampf!
    Scholz
    Ich schwöre Ihnen, daß ich lieber auf meine gesunde Vernunft verzichte, als daß ich mich durch diese Vernunft davon überzeugen lasse, daß gewisse Menschen ohne jedes Verschulden von Anfang an von allem Lebensglück ausgeschlossen sind!
    Anna
    Beklagen Sie sich darüber doch beim Marquis von Keith!
    Scholz
    Ich beklage mich gar nicht! Je länger die harte Schule des Unglücks währt, desto gestählter wird die geistige Widerstandsfähigkeit. Es ist ein beneidenswerter Tausch, den Menschen wie ich eingehen. Meine Seele ist unverwüstlich!
    Anna
    Dazu gratuliere ich Ihnen!
    Scholz
    Darin liegt meine Unwiderstehlichkeit! Je weniger Sie für mich empfinden, desto größer und mächtiger wird in mir meine Liebe zu ihnen, desto näher sehe ich den Augenblick, wo Sie sagen: ich kämpfte gegen dich mit allem, was mir zu Gebote stand, aber ich liebe dich!
    Anna
    Bewahre mich der Himmel davor!!
    Scholz
    Davor bewahrt Sie der Himmel nicht! Wenn ein Mensch von meiner Willenskraft, die sich durch kein Mißgeschick hat brechen lassen, sein ganzes Sinnen und Trachten auf einen Vorsatz konzentriert, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: er erreicht sein Ziel, oder er verliert den Verstand.
    Anna
    Darin scheinen Sie wirklich recht zu haben.
    Scholz
    Darauf lasse ich es auch ankommen! Alles hängt davon ab, was widerstandsfähiger ist, Ihre Gefühllosigkeit oder mein Verstand. Ich rechne mit dem schlimmsten Ausgang und wende, ehe ich am Ziel bin, keinen Blick zurück; denn kann ich mir aus der Seligkeit, die mich in diesem Augenblick erfüllt, kein glückliches Leben gestalten, dann ist keine Hoffnung mehr für mich. Die Gelegenheit bietet sich nicht wieder!
    Anna
    Ich danke Ihnen von Herzen dafür, daß Sie mich daran erinnern!
(Sie setzt sich an den Schreibtisch.)
    Scholz
    Es ist das letztemal, daß die Welt in all ihrer Herrlichkeit vor mir liegt!
    Anna
ein Billett schreibend
    Das trifft auch für mich zu! –
(Ruft)
Kathi! –
(Für sich)
Mir bietet sich die Gelegenheit auch nicht wieder.
    Scholz
plötzlich zu sich kommend
    Was argwöhnen Sie, gnädige Frau?! – Was argwöhnen Sie?? Sie täuschen sich, Frau Gräfin! – Sie hegen einen entsetzlichen Verdacht…
    Anna
    Merken Sie denn noch immer nicht, daß Sie mich aufhalten? –
(Ruft)
Kathi!
    Scholz
    Ich kann Sie so unmöglich verlassen! Geben Sie mir die Versicherung, daß Sie nicht an meiner geistigen Klarheit zweifeln!
    Simba tritt mit Annas Hut ein.
    Anna
    Wo bleiben Sie denn so lange?
    Simba
    I hab mi net hereingetraut.
    Scholz
    Simba, du weißt am besten, daß ich meiner fünf Sinne mächtig bin…
    Simba
ihn zurückstoßend
    Gehens, redens net so dumm!
    Anna
    Lassen Sie doch mein Mädchen in Ruhe.
(Zu Simba)
Wissen Sie die Adresse des Herrn Konsul Casimir?
    Scholz
in plötzlicher Versteinerung
    – – Ich trage das Kain-Zeichen auf der Stirn…
     

Fünfter Aufzug
    Im Arbeitszimmer des Marquis v. Keith stehen sämtliche Türen angelweit offen. Wahrend sich Hermann Casimir auf den Mitteltisch setzt, ruft v. Keith ins Wohnzimmer hinein.
    v. Keith
    Sascha!
(Da er keine Antwort erhält, geht er nach dem Wartezimmer; zu

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