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Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft

Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft

Titel: Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Redline Wirtschaft
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freier Journalist. Zu seinen Auftraggebern gehörten und gehören Playboy , Zeit , Süddeutsche Zeitung , Stern , Psychologie heute , Spiegel und Focus .
    Der Sozialarbeiter versteinert. »Arbeitsstrich? Hab’ ich noch nie von gehört.« Dabei ist der Mann in Berlins »Prekariat« vernetzt wie kaum ein anderer. Er weiß, was Menschen alles versuchen, sich aus dem Hartz-IV-Milieu hochzuwurschteln. Doch wenn man ihn offiziell auf den »Arbeitsstrich« anspricht, macht er dicht. Er darf nicht wissen, was sich da tut in Berliner Parks und an den Bahnhöfen. Also mimt er den Ahnungslosen. Erst wenn man erklärt, man habe den »Arbeitsstrich« am eigenen Leib erlebt, wird er zugänglicher. »Wo waren Sie da?«, fragt er. Man sagt, das sei damals am Treptower Park gewesen. Der Sozialarbeiter entspannt sich. »Da ist jetzt alles sauber«, sagt er.
    Ob denn die Szene umgezogen sei, will man wissen. Darüber wisse er nichts.
    Man fragt sich durch. Und wird fündig. Natürlich ist der »Strich« umgezogen. Momentan stünden die Männer rund um den Ostbahnhof und warteten auf die »Arbeitgeber«. Morgens um vier. Man geht hin.
    Da stehen sie. In ihren schäbigen Anoraks, mit Gesichtern ohne Hoffnung. Sie stehen da, wie man selbst vor zwei Jahren auch gewartet hat. Damals am Rand des Treptower Parks …
    Es ist kalt am Treptower Park. Ich habe das Rad in der Nähe des Karpfenteichs angekettet und meinen Platz bezogen. Nach der Fahrt durch Kreuzberg und Neukölln friere ich. Es ist kurz nach vier, auf den Wiesen des Parks wabert kniehoher Bodennebel. Zehn Meter von mir stadteinwärts hat ein bulliger Berliner, den ich schon kenne, Position bezogen. Er raucht Kette und kümmert sich sonst um nichts. Beim letzten Mal haben wir beide keinen Job gekriegt und sind einander später an der S-Bahn-Station über den Weg gelaufen. Der Berliner wollte eine Runde ausgeben; als ich ablehnte, hätte der andere gern eine Keilerei angezettelt. Da habe ich ihm meinerseits einen Schnaps und ein Bier bezahlt und mir einen Kaffee gekauft. Der andere hatte mich als Weichei bezeichnet – als ich den Imbiss verließ, war es gerade mal sieben – und es war schon wieder mal ein verlorener Tag.
    Zehn Meter stadtauswärts von West steht ein Neuer. Er sieht vergleichsweise gepflegt aus. Sehniger Typ, fast schon ein bisschen ausgemergelt. Er nestelt in seinem Rucksack, holt eine Thermoskanne raus und gießt sich etwas in den Becher. Er merkt, dass man ihm zusieht. »Kaffee!«, ruft er herüber. »Gut. Willst du auch?« Nein danke. Vielleicht später. (Später werde ich froh sein über ein Heißgetränk sein– der Himmel ist eisgrau und ich habe das Gefühl, es wird im Lauf des Tages noch schneien.) Ich will mich nicht ablenken lassen. Gleich kommen die Rumänen. Da macht es sich nicht gut, wenn man am Strich steht und Kaffee süffelt.
    Der Treptower Park ist die vorläufige Endstation einer zermürbenden Suche nach Arbeit. Meine Storys waren nicht mehr gefragt, meine Themenvorschläge interessierten nicht. Nicht mal die von der »Apotheken Umschau« (früher war ich bei denen alles los geworden) wollten was von mir, bei den Tageszeitungen bekam ich höfliche Absagen, von den großen Magazinen kamen nicht mal Absagen. Alle Kunden von früher sagten nett und bestimmt »Nein danke«. Das war nicht persönlich gemeint. Es gab für Freie einfach kaum Jobs. Ich traf immer wieder Kollegen, die den Beruf aufgegeben hatten. Sie betrieben eine Kneipe, fuhren Taxi, hüteten ihre Kinder, soffen sich ins Vergessen.
    Für einen Fahrradkurier war ich zu alt. Ich war kein besonders guter Handwerker und hatte keine Ausbildung. Da blieben nur Hilfsarbeiten – und selbst die waren schwer zu finden. Ich brauchte aber Jobs. Der Antrag auf Hartz IV war beim ersten Anlauf abgelehnt worden. Jetzt lief eine erneute Anfrage, bislang noch ohne Antwort. Auf dem Konto war kein Geld, also musste ich ein paar Euro verdienen. Im Arbeitsamt hatte mir die Sachbearbeiterin geraten, mich doch einmal in der Sonnenallee umzusehen. Dort könne man, wenn man früh genug dran war, immer wieder Jobs ergattern. Das sei ja besser als gar nichts.
    Die »Hauptagentur für Arbeit Berlin Süd« ist in der Sonnenallee 282, 12057 Berlin. Das ist keine schöne Gegend dort. Die wenigen verwitterten Einfamilienhäuser ducken sich hinter Hecken weg. Die Hochhäuser sind verschossen und nicht einladend. Freudlose Menschen kommen heraus und gehen hinein – darauf bedacht, niemanden ansehen zu müssen. Kinder

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