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Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft

Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft

Titel: Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Redline Wirtschaft
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berichtete er live von den Erlebnissen und Begegnungen.
    Dort sind zusätzlich zu diesem Text die Begegnungen mit den Menschen nachzulesen, die Sebastian Pantel im Zuge seiner Recherche getroffen hat.
    Geld – und sonst?
    Heute habe ich mir bei der Bank 364 Euro auszahlen lassen. Wenn die Koalition ihren Entwurf durchbringt, wird das ab dem kommenden Jahr der Regelsatz für einen allein lebenden Hartz-IV-Empfänger sein. Ich werde versuchen, einen Monat lang von diesen 364 Euro zu leben. Funktioniert das? Muss ich jetzt nur noch beim Discounter kaufen? Wird sich mein Blick auf den Alltag verändern?
    Natürlich kann das Ganze nur gemogelt sein. Ich werde nicht für einen Monat in eine »angemessene« Wohnung ziehen. Ich werde nicht mein Auto verkaufen. Ich werde weiter jeden Tag zur Arbeit in mein Südkurier -Büro gehen. Ich starte den Versuch mit einem gefüllten Kleiderschrank, einer eingerichteten Wohnung – und ich weiß, dass nach 31 Tagen alles vorbei sein wird.
    Was ich also nicht erleben werde, ist das, was viele Hartz-IV-Empfänger als so belastend beschreiben: die Auseinandersetzungen mit Amt und Fallmanager. Die Blicke der Nachbarn. Das Gefühl, abgestempelt zu sein. Die Lebensleere. Alles also, was die Seele betrifft. Ich werde vor allem übers Geld schreiben können.
    Schreck
    Der erste Schreck am Morgen des ersten Tags mit Hartz IV. Ich rechne aus, was ich laut Regelsatz heute für Essen und Getränke ausgeben darf. Ergebnis: 4,14 Euro. Wie soll das gehen? Bisher habe ich unter der Woche allein für das Mittagessen mit den Kollegen täglich zwischen neun und elf Euro bezahlt. Ich habe mich für die nächsten 31 Tage abgemeldet. Heute Mittag werde ich einkaufen gehen, für heute und das Wochenende. Das sind dann 12,42 Euro.
    Discounter
    Ich habe mich soeben durchs Aldi-Angebot getastet wie durch einen dunklen Wald. Ich war schon ewig nicht mehr hier und finde mich nicht zurecht. In den vergangenen Jahren bin ich zum Bioladen-Käufer und Marktgänger geworden. So irre ich nun durch die Regalreihen auf der Suche nach dem Nötigsten. Aber was ist das Nötigste? Ich muss irgendwie mit 12,42 Euro übers Wochenende kommen. Also Brot. Nudeln. Tomatensoße. Mehl. Milch. Wurst und Käse. Marmelade. Butter. Eier. Hähnchenschnitzel. Ich überschlage grob im Kopf – und verrechne mich anscheinend. An der Kasse werden 14,48 Euro fällig. Und ich habe noch kein Gemüse gekauft. Dafür will ich morgen auf den Markt gehen und Preise vergleichen. Ich rede mir ein, dass einiges vom Gekauften länger halten wird als bis Sonntag, dass ich also doch so halbwegs hinkommen werde. Wir werden sehen.
    Inzwischen erreichen mich zahlreiche Mails und Anrufe von Menschen, die mir von ihrem Leben mit Hartz IV erzählen wollen. Ich hatte mit Rückmeldungen gerechnet – aber nicht so bald und nicht mit so offenen Reaktionen. Also werde ich in den nächsten Tagen viel durch die Region fahren. (Ja, ich weiß – mit dem Auto. Als wirklicher Hartz-IV-Empfänger wären mir diese persönlichen Kontakte unmöglich.) Ich bin gespannt – und habe gleichzeitig großen Respekt vor den Gesprächen, vor der Wucht der persönlichen Begegnungen. Das ist vergleichbar mit dem Gefühl, in ein völlig fremdes Land zu reisen. Mit dem Unterschied, dass es in Wahrheit das Land ist, in dem ich lebe.
    Grünzeug
    Es gibt ja viele Klischees über Hartz-IV-Empfänger. Manchmal widersprechen sie sich. Zum Beispiel: Hartz-IV-Empfänger leben in spätrömischer Dekadenz. Und: Sie essen den ganzen Tag nur Junkfood und leben von Discountern mit den vier Buchstaben. Also mache ich den Preisvergleich. Funktioniert es, sich von 4,14 Euro am Tag gesund und verantwortungsvoll zu ernähren? Bei Obst und Gemüse heißt die klare Antwort: Nein. Dass die Preise zwischen Aldi-Gemüsekiste und Markt-Gemüsekiste so unterschiedlich sind, war mir nicht klar. Ein Kilo Kartoffeln bei Aldi: 46 Cent. Auf dem Markt: 1,20 bis 1,50 Euro. Das ist das Dreifache. Paprika: 1,58 Euro pro Kilo hier, 4 Euro da. Zucchini: 1,19 gegen 2,50 Euro. Äpfel: 90 Cent gegen 1,50 Euro. Karotten: 55 Cent gegen 1,50 Euro. So kaufe ich meine Wochenend-Ration Obst und Gemüse beim Discounter. Äpfel, Paprika und Zucchini für insgesamt 1,70 Euro.
    Ach ja. Und dann lese ich heute in der Zeitung (die ich natürlich auch eigentlich abbestellen müsste), dass in Friedrichshafen nun in den Kirchen Kisten für Lebensmittel- und Sachspenden stehen, die an die Tafel gehen. Der Grund: Die Supermärkte fahren

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