Draußen wartet die Welt
der Vertrautheit erfüllt wurde. Ich band mir die Schürze um die Taille, setzte die Kapp auf und ließ die Bänder der Haube über meine Schultern hängen. Im Spiegel sah ich mich so, wie ich früher gewesen war. So, wie ich jeden Tag ausgesehen hatte, bevor ich hierhergekommen war. Ich hatte immer gegen dieses Bild angekämpft, aber jetzt fiel es mir schwer, mich zu erinnern, warum.
Ich öffnete die Schranktür und starrte auf die englischen Kleider, die ich so stolz eingekauft hatte und die in einer ordentlichen Reihe vor mir hingen. Ich streckte meine Hand aus und berührte das zweite Paar Jeans, von dem Valerie behauptet hatte, dass ich es unbedingt brauchte. Der Stoff fühlte sich ganz starr unter meinen Fingerspitzen an. Ich hatte geglaubt, dass diese Kleider mich befreien würden, aber vielleicht hatte Valerie ja recht. Vielleicht waren sie nur meine Art, ein Kostüm zu tragen.
Ich zog die Jeans und das Sweatshirt wieder an und hängte die amischen Kleider zurück auf den Bügel. Ich blieb noch eine Weile stehen, hielt den Kleiderbügel in der Hand und schaute auf die vertraute Form des Kleids und das saubere Weiß der Kapp und der Schürze. Schließlich hängte ich alles ganz vorn in den Schrank, neben meine anderen Kleider.
Kapitel 44
Der Quilt nahm allmählich Gestalt an. Ich arbeitete inzwischen an den dekorativen Stickereien, durch die ich die Quiltquadrate mit dem Stoff der Rückseite vernähte. Dazwischen lag das weiche Füllmaterial. Diese Phase des Quiltens ist sehr befriedigend, wenn auch nicht ganz so aufregend wie die Auswahl der Muster und Farben für die verschiedenen Quadrate und das Zusammennähen der Einzelteile, während man sich vorstellte, wie das fertige Werk aussehen würde, wenn erst alle Teile an ihrem Platz waren. Die Unsicherheit und die Vorstellung waren bei diesem Quilt vorüber. Ich wusste jetzt, wie er aussehen würde, wenn er fertig war.
Während ich den Faden durch die verschiedenen Schichten führte, dachte ich daran, wie ich mit meinen Freundinnen in Margarets Wohnzimmer in einem Quiltkreis gesessen hatte und unsere Knie unter dem straff gespannten Stoff immer wieder sanft gegeneinandergestoßen waren. Wir hatten sehr sorgfältig an dem Quilt gearbeitet und uns bemüht, unsere Nadeln gleichzeitig durch den Stoff zu stechen und wieder herauszuziehen. Für uns war es ganz natürlich, auf die anderen zu achten und unsere Bewegungen aufeinander abzustimmen. Während wir synchron am selben Quilt arbeiteten, unterhielten wir uns die ganze Zeit miteinander. So blieben wir miteinander verbunden und erinnerten uns an unsere gemeinsame Geschichte. An all das, was wir miteinander teilten. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass es mir zwar Spaß gemacht hatte, die Muster und Quadrate des Quilts zusammenzunähen, dass mir die Vertrautheit meiner Freundinnen bei dieser letzten Phase meiner Arbeit aber besonders fehlte.
Ich sah auf die Uhr. Es würde noch zwei Stunden dauern, bevor die Kinder nach Hause kamen, aber ich hatte plötzlich keine Lust mehr, weiterzunähen. Ich legte den Quilt beiseite und ging in Rachels Arbeitszimmer. Die Langeweile nagte erneut an mir. Allmählich wurde sie zur Gewohnheit.
Ich setzte mich an den Computertisch und staunte darüber, wie vertraut sich die Maus bereits unter meinen Fingerspitzen anfühlte. Als ich gelernt hatte, wie man den Computer bediente, hatte ich anfangs immer Angst gehabt, dass ich irgendeinen schlimmen Fehler machen würde, der ihn für immer kaputt machte. Aber schon bald hatte sich auch der Computer in einen ganz gewöhnliches Arbeitsgerät verwandelt, genau wie der Küchenabfallzerkleinerer – anfangs war er noch unheimlich gewesen und nun ein ganz natürlicher Bestandteil meines Alltags.
Josh hatte mir gezeigt, wie man die Google-Suchmaschine benutzte. Ich hatte schnell festgestellt, dass ich mich stundenlang damit beschäftigen konnte, ein bestimmtes Thema einzugeben und verschiedene Seiten darüber zu lesen, bevor ich nach dem nächsten Thema suchte. Es war ein endloser Kreislauf – die Neugier, die vielen verschiedenen Wissensbrocken, die Suche nach mehr.
Nachdem Josh und ich Meine Lieder – Meine Träume gesehen hatten, hatte Rachel mir erzählt, dass der Film auf dem Leben einer echten Familie basierte. Jetzt wollte ich alles über die echte Gouvernante und die Kinder erfahren, die sich von einer Welt in die andere gesungen hatten.
Als ich die Maus über das Mauspad bewegte, erschien ein Text auf dem Bildschirm.
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