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Draußen wartet die Welt

Draußen wartet die Welt

Titel: Draußen wartet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Grossman
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Fisch gefangen. »Das hier wird dir gefallen«, sagte er und hielt eine der kleinen Schachteln hoch, auf der »Dylan & the Dead« stand. Das Bild des gruselig aussehenden Skeletts gefiel mir ganz und gar nicht, aber Josh hatte die Schachtel bereits geöffnet, die silberne Scheibe herausgeholt und sie in der Musikmaschine platziert. Diese Scheiben hatten einen bestimmten Namen, an den ich mich nicht erinnern konnte, irgendwas mit zwei Buchstaben. Josh unterbrach meine Gedanken.
    »Dylan ist mehr als ein Musiker«, erklärte er und drückte auf einen Knopf. »Er ist ein Poet.«
    Ich lauschte dem nächsten Musikschwall, der aus der Maschine strömte. Diesmal verstand ich den Text über die Himmelspforte klar und deutlich. Ich saß ganz still, während die Worte durch die Luft schwebten und sich ständig wiederholten, bevor sie sich ganz sanft auf meine Lippen legten, wie ein vertrauter Gruß. Ich spürte, wie sich der Teppich bewegte, und als ich aufblickte, sah ich, dass Josh sich mir gegenüber ebenfalls in den Schneidersitz gesetzt hatte und seine Knie beinahe meine berührten. Ein warmes Kribbeln kroch durch meine Knie, so als berührten wir uns tatsächlich.
    Die Musik erschallte immer noch. Die verschiedenen Stimmen, hohe und tiefe, klangen freundlich, so als seien viele Menschen zusammengekommen, um sich gemeinsam einer Aufgabe zu widmen. Es war gleichermaßen erhebend und schmeichelnd. Ich spürte, wie ich im Takt mit dem Kopf nickte, geleitet von einer unsichtbaren Kraft. Die leisen, sanften Klänge wirbelten um mich herum und durch mich hindurch. Sie entsprangen nicht einer einzelnen Quelle, sondern hallten im ganzen Zimmer wider. Ich hob den Kopf, um zu sehen, ob Josh dasselbe empfand. Seine Augen waren geschlossen, und seine rechte Hand war zu einer lockeren Faust geballt und bewegte sich jedes Mal in dem Moment auf und ab, in dem ich mit dem Kopf nickte, so als schlage er mit einem Hammer. Meine Augen wanderten von seinem unsichtbaren Hammer wieder zu seinem Gesicht hinauf, und ich sah, dass er mich mit seinen braunen Augen fixierte. Er sah mich mit hoffnungsvoller Miene an, und ich wusste, dass es wichtig für ihn war, was ich über dieses Lied dachte.
    »Hat’s dir gefallen?«
    »Ja«, sagte ich. »Das war so ein fröhlicher Klang.«
    »Ah ja?«, fragte er in leicht neckischem Tonfall. »Sprecht ihr so in Iowa?«
    Im selben Augenblick schwang die Haustür auf, und Rachel stand im Türrahmen, die Tasche mit ihren Büchern über ihre Schulter gehängt. Ich hatte Angst, dass es ihr gar nicht gefallen würde, mich allein mit einem Yankee-Jungen zu sehen. Aber stattdessen lächelte sie uns an. »Oh, hi, Joshua. Ich wollte dich noch anrufen und dir von Eliza erzählen. Aber wie ich sehe, habt ihr euch ja bereits kennengelernt.«
    »Hi, Rachel«, grüßte Josh in entspanntem, beiläufigem Tonfall. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass wir uns ein paar von deinen CDs angehört haben.« CD, dachte ich. Das waren die zwei Buchstaben.
    »Natürlich nicht«, sagte Rachel. »Ich hoffe, dir gefällt unser Musikgeschmack.«
    »Teilweise«, erwiderte ich aufrichtig. Josh und Rachel lachten, und ich fragte mich, ob ich etwas Falsches gesagt hatte.
    Josh erhob sich. »Ich muss wieder zur Arbeit. Ich hoffe, du hattest Spaß bei deiner Unterrichtsstunde.«
    »Das hatte ich«, sagte ich. »Danke.«
    »Gut«, erwiderte er und ging zur Tür. »Na dann, wir sehen uns.«
    Als Josh die Tür hinter sich schloss, dachte ich noch einmal über seine Worte nach. Wir sehen uns. Ich hoffte, dass sie wahr werden würden.

 
Kapitel 14
    Im Laufe der nächsten drei Tage passte ich mich langsam immer besser dem Rhythmus des Familienlebens an. Ich bat Ben, mir alles über Baseball zu erzählen, und brachte ihm im Gegenzug bei, wie man morgens die Zeitung hereinholte. Ich lernte, welches Buch Janie vorgelesen bekommen wollte, kurz bevor sie einschlief, und sie erklärte mir, dass immer ein Glas Wasser auf ihrem Nachttisch stehen musste, falls sie einen Traum hatte, der sie durstig machte. Ich wusste jetzt, was Sam gerne zum Abendessen aß und wann Rachel wollte, dass die Kinder still waren, damit sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren konnte. Und ich hatte herausgefunden, wie man den Fernseher bediente, und konnte die Morgennachrichten sehen, wenn ich als Einzige wach war.
    Jeden Nachmittag, wenn ich allein im Haus war, hörte ich Musik. Ich staunte darüber, dass aus jeder CD eine andere Musik ertönte und ein Lied in nur zwei Minuten

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