Draußen wartet die Welt
sehr darüber freute, ein Teil meiner Geschichte zu sein.
»Also, das kommt mir alles ziemlich bekannt vor«, sagte Beth, und auf ihrem Gesicht lag ein verträumter Ausdruck.
Ich konnte es kaum erwarten, Beths Geschichte zu hören. »Du bist dran«, sagte ich. Beth wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und legte einen Deckel auf den Topf mit der Soße, bevor sie sich mir gegenüber an den Tisch setzte.
»Nun ja«, begann sie, »ich war das Nesthäkchen der Familie. Ich sah zu, wie Miriam sich genauso entwickelte, wie es von ihr erwartet wurde. Und dann kam deine Mom. Sie war ein wenig rebellischer. Sie hasste es zu kochen und brachte nie einen Quilt zu Ende. Unsere Mutter hat immer gebrummelt, wie schwierig es werden würde, sie zu verheiraten.«
Das klang alles ganz und gar nicht richtig. Ich war damit aufgewachsen, zu beobachten, wie meine Mutter ihre Arbeiten in der Küche und beim Quilten sehr gewissenhaft verrichtete. Bei allem, was sie tat, war sie sehr zuverlässig.
Beth fuhr fort: »Als Becky ein bisschen älter war als du jetzt, hatten wir finanzielle Probleme.« Ich wusste, was nun kommen würde – meine Mutter, die bei einem Schneider gearbeitet und das Geld nach Hause geschickt hatte, um ihrer Familie zu helfen, und dabei schrecklich unter Heimweh gelitten und sich ganz elend gefühlt hatte.
»Unsere Eltern hatten eigentlich vorgehabt, Miriam wegzuschicken«, sagte Beth, »aber deine Mutter hat sie förmlich angefleht, fortgehen zu dürfen. Miriam hatte nichts dagegen. Sie ging damals bereits mit Ike. Also ist deine Mutter ausgezogen, praktisch ohne sich auch nur noch einmal nach uns umzudrehen. Es hat mir das Herz gebrochen, sie gehen zu sehen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das hast du falsch in Erinnerung. Sie haben Mom gezwungen, wegzugehen.«
»Ganz und gar nicht«, versicherte Beth. »Deine Mom konnte das Haus gar nicht schnell genug verlassen. Ich war erst dreizehn und habe sie schrecklich vermisst. An einem Wochenende durfte ich mit dem Zug in die Stadt fahren und bei ihr übernachten. Es war wie im Traum. Sie hat mir das Fernsehen gezeigt und mich mit ins Kino genommen.«
»Habt ihr Meine Lieder – Meine Träume gesehen?«, wollte ich wissen.
»Ja, den haben wir uns tatsächlich auf Video angeschaut.«
Josh stieß ein Lachen aus, das wie ein Stöhnen klang. »Du und dieser Film. Ich muss ihn unbedingt irgendwann für dich ausleihen.«
»Danach«, fuhr Beth fort, »hatte ich das Gefühl, ich sei von einem Jahrmarkt zurückgekehrt. Zu Hause kam mir alles so gewöhnlich vor.« Ich wischte den besorgten Gedanken beiseite, dass es mir eines Tages genauso ergehen würde.
Beth schob ihren Stuhl vom Tisch zurück und widmete sich wieder dem Kochen. Ein paar Minuten später, beim Abendessen, fragte ich mich gespannt, ob Tante Beth den Kopf senken und ein Tischgebet sprechen würde. Aber sie stach bereits mit ihrer Gabel in den Salat.
Sie fuhr mit ihrer Geschichte fort. »Es war schwer, wieder zu Hause zu sein. Miriam bereitete sich auf ihre Hochzeit vor. Es war mein letztes Jahr in der Einraumschule. Dann kam deine Mutter früher wieder zurück, als wir erwartet hatten, weil unser Vater unsere Schulden hatte begleichen können. Ich habe mich so gefreut, dass sie wieder zu Hause war, aber sie hatte überhaupt keine Zeit für mich. Ihre Taufe war alles, was sie interessierte. Ich habe versucht, mit ihr über ihre Zeit fort von zu Hause zu sprechen, aber sie hat mich immer abblitzen lassen.«
Das klang schon eher nach der Mutter, die ich kannte – pragmatisch und organisiert. Eben niemand, der sich lange mit Einzelheiten aufhielt. Aber ich fragte mich, wie sie so leicht wieder in das Leben hatte zurückkehren können, vor dem sie davongelaufen war.
»Bevor ich überhaupt Zeit hatte, die Tatsache zu genießen, dass Becky wieder zu Hause war, plante sie schon ihre Hochzeit. Und ich war wieder allein. Also habe ich die Schule zu Ende gemacht und einen Job in einem Quiltladen in der Stadt angenommen.«
»Hast du Quilts verkauft?«
»Schlimmer«, antwortete Beth. »Ich habe den ganzen Tag auf einem winzigen Hocker mitten im Laden gesessen und Quadrate zusammengenäht, während die Touristen mich anstarrten. Ich fühlte mich ganz elend dabei. Als ich sechzehn wurde, wollte ich nur noch weg.«
»Was hast du gemacht?«
»Ich war keine gute Amische«, erwiderte Beth und schüttelte den Kopf. »Ich war immer mit den Wildesten aus den verschiedenen amischen Gruppen zusammen. An
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