Draußen wartet die Welt
und ich die Stadt verlassen haben, sind wir noch bei deinen Eltern vorbeigefahren, damit ich mich von deiner Mutter verabschieden konnte. John hat im Wagen gewartet.« Beths Stimme klang furchtbar brüchig, wie bei jemandem, der sich von einer Grippe erholt. »Ich habe Becky mitgeteilt, dass ich fortgehe, aber sie meinte nur: ›Wahrscheinlich ist es am besten so.‹ Dann habe ich ihr versprochen, dass ich ihr schreiben werde, und sie gefragt, ob sie mir antworten würde. Sie hat Nein gesagt.«
Ich stieß die Luft aus, die ich schon seit einer ganzen Weile anhielt. Beth fuhr fort: »Ich habe mich abgewandt und bin gegangen, aber als ich mich noch einmal zu Becky umdrehte, konnte ich sehen, dass sie den Kopf gesenkt hatte und ihre Schultern zitterten. Dann hat sie gesagt: ›Ich werde dir nicht zurückschreiben, aber schick mir die Briefe trotzdem.‹«
Ich schloss die Augen. Es war genau das, wovor wir alle immer gewarnt wurden, und es war in meiner eigenen Familie passiert. Ich wollte kein einziges Wort mehr hören, aber gleichzeitig wollte ich einfach alles wissen. »Was ist dann passiert?«, fragte ich.
»Ich wollte zu ihr hinrennen, aber ich hatte Angst, dass ich es nicht schaffen würde, zu gehen, wenn ich es tat. Als ich gerade zur Tür hinaus war, rief ich: ›Ich liebe dich‹, und sie sagte: ›Ich dich auch.‹ Das waren die letzten Worte, die meine Schwester zu mir gesagt hat.«
»Hast du geweint?«, fragte ich.
»Nur ungefähr ein Jahr lang«, antwortete Beth mit einem Lachen. »Ich habe in Chicago bei Johns Eltern gewohnt, während er seine Doktorarbeit fertig geschrieben hat. Und ich habe meinen Highschool-Abschluss nachgeholt. Nachdem John und ich geheiratet hatten, bekam er eine Stelle an der Northwestern University, und wir sind nach Evanston gezogen.«
»Arbeitest du jetzt auch?«, wollte ich wissen.
Beth nickte. »Ich bin Sekretärin in einer Kinderarztpraxis.« Sie machte eine Pause, bevor sie hinzufügte: »Wir haben ein schönes Leben. Wir haben viele Freunde, und ich habe eine Nichte und einen Neffen, die mir sehr nahestehen.« Sie sah mich an. »Und jetzt habe ich dich.«
»Ganz genau«, erwiderte ich. »Jetzt hast du mich.«
Im selben Moment hörte ich das metallische Klicken eines Schlüssels in der Haustür und sah Beth fragend an. »Tja, sieht ganz so aus, als ob du gleich deinen Onkel John kennenlernst«, sagte sie, sprang auf und war mit ein paar Schritten an der Haustür. »John«, rief sie, bevor er das Haus überhaupt betreten hatte, »du wirst nicht glauben, wer hier ist.«
John schaute herein und blickte mit einem großen Fragezeichen im Gesicht zu Josh und mir herüber. Wir erhoben uns von der Couch, als er zu uns ins Wohnzimmer kam. Er trug eine Kakihose und ein kariertes Hemd. Sein braunes Haar war von grauen Strähnen durchzogen, und die Falten an seinen Augenwinkeln zeigten nach unten, wodurch er gleichermaßen müde und freundlich wirkte.
Beth nahm John bei der Hand und zog ihn in meine Richtung. »Das ist Eliza«, sagte sie. »Sie ist Beckys Tochter. Sie hat mich gesucht und gefunden.«
Auf Johns Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und die Falten um seine Augen zeigten nach oben. »Oh!«, stieß er aus. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist ja wundervoll!« Er streckte seine Hand aus, um meine zu schütteln, schien es sich dann jedoch anders zu überlegen. »Also, ich werde meiner Nichte sicher nicht die Hand schütteln«, sagte er, breitete die Arme aus und zog mich in eine herzliche Umarmung. Mir blieb gar keine Zeit, schüchtern auf diese unmittelbare Vertrautheit zu reagieren. Und irgendwie fühlte es sich auch richtig an, diesen Mann zu umarmen, der meinen Großeltern versprochen hatte, dass er ihre Tochter immer lieben würde.
»Und das ist Joshua«, erklärte Beth, und Josh und Onkel John schüttelten sich die Hand. »Er ist Elizas … tja, als was würdet ihr euch denn eigentlich bezeichnen?«
Ich drehte mich zu Josh um. Er senkte den Blick und spielte an seinem Telefon herum. »Wir sind gute Freunde«, antwortete ich schnell. Als ich Josh einen Blick zuwarf, wirkte er erleichtert. Ich schluckte einen Anflug von Enttäuschung hinunter, bevor ich mich wieder zu Beth umdrehte. »Wann kann ich dich wiedersehen?«
»Jeden Tag?«, schlug sie vor und kicherte. Sie schrieb zusammen mit den Worten Tante Beth und Onkel John eine Reihe von Ziffern auf ein Stück Papier und riss es aus ihrem Notizblock. Als sie es mir reichte, sagte sie: »Ich
Weitere Kostenlose Bücher