Draußen wartet die Welt
dunkler und glänzender meine Wimpern aussahen, nachdem ich sie benutzt hatte. Ich strich mir ein wenig Lidschatten auf die Lider und etwas Rouge auf die Wangen, bürstete mein Haar und band es dann zu einem Pferdeschwanz zusammen. Zufrieden mit dem Ergebnis ging ich nach unten. Als ich eine Unterhaltung hörte, blieb ich stehen. Ich erkannte Rachels Stimme, die viel strenger klang als gewöhnlich.
»Ich meine es ernst, Joshua. Ich muss dir vertrauen können.«
»Es ist alles in Ordnung, Rachel«, erwiderte er. »Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Eliza und ich sind Freunde. Hast du denn nicht selbst gesagt, dass du es gerne hättest, wenn ich mich diesen Sommer ein bisschen um sie kümmere? Genau das mache ich doch auch.«
»Joshua, wenn diesem Mädchen irgendwas passiert …«
»Gar nichts wird passieren. Wir gehen ins Kino und zu Konzerten. Wir trinken nicht. Wir tun nichts, was du in unserem Alter nicht auch getan hättest.«
»Genau das ist das Problem«, sagte Rachel. »Eliza stammt aus einer anderen Kultur, und das müssen wir respektieren. Und sie kehrt am Ende des Sommers wieder nach Hause zurück. Mach es nicht so schwer für euch beide, wenn es für sie Zeit wird, wieder nach Hause zu gehen.«
Ich hüpfte weiter die Treppe hinunter und machte dabei genügend Lärm, um Rachel und Josh wissen zu lassen, dass ich kam. Sie sahen mich an, Rachel mit strengem Blick, Josh ein wenig unsicher.
»Hast du das Konzert-T-Shirt für mich mitgebracht?«, fragte ich. Meine Stimme klang künstlich fröhlich.
Josh warf mir ein grünes T-Shirt zu, auf dem quer über der Brust der Aufdruck FORT MINOR in schwarzen Großbuchstaben prangte. »Danke, ich bin gleich wieder da«, rief ich. Ich ging zurück in mein Zimmer und versuchte, nicht an die Unterhaltung zu denken, die ich belauscht hatte. Ich zog mein Oberteil aus und streifte das Konzert-T-Shirt über. Es hing bis über meine Hüften hinunter und roch nach Josh. Ich hätte es am liebsten nie wieder ausgezogen.
Ich ging die Treppe wieder hinunter, rief Rachel zu: »Ich bin vor Mitternacht wieder zu Hause«, und huschte zur Tür hinaus.
»So«, sagte ich, als ich im Wagen saß und mich angeschnallt hatte. »Du hast dich also einverstanden erklärt, dich diesen Sommer ›um mich zu kümmern‹, ja?« In meinen Worten schwang gespielte Verärgerung mit. In Wahrheit freute ich mich darüber.
»Ja«, antwortete Josh mit breitem Grinsen. »Als ich zustimmte, hatte ich ja keine Ahnung, worauf ich mich da einlasse.«
Wir lachten kurz und verstummten dann beide wieder. »Dann hast du uns also gehört«, sagte er.
»Ja, habe ich.«
»Rachel hat etwas gesagt, woran ich selbst bisher nicht zu denken gewagt habe«, gestand er. »Du fährst am Ende des Sommers wieder nach Hause. Du gehst wieder dorthin zurück.« Er betonte das »dorthin«, als sei es der Name eines Ortes. Dorthin.
Ich wartete einen Moment, bevor ich etwas erwiderte. »Das war die Abmachung«, sagte ich. »Ich soll im September wieder zurück nach Hause. Das ist in ungefähr sechs Wochen.« Ich spürte ein Stechen, als mir bewusst wurde, dass meine Zeit hier bereits zur Hälfte vorbei war.
»Ist das noch verhandelbar?«, fragte Josh. »Kannst du noch mehr Zeit rausholen?«
»Ich weiß es nicht. Es war schon schwer genug, sie davon zu überzeugen, dass ich überhaupt so lange wegdarf.«
Ich schaute Josh an. Er starrte auf die Straße vor uns, aber ich konnte erkennen, dass er mir aufmerksam zuhörte. »Und wenn sie auch nur den Hauch einer Ahnung über … du weißt schon, über uns hätten, dann würde sich meine Mutter in den nächsten Zug hierher setzen und mich eigenhändig wieder nach Hause schleppen.«
Josh nickte und starrte weiter geradeaus. »Dann dürfen sie es nie erfahren.«
»Ganz genau«, pflichtete ich ihm bei. »Und Rachel darf es auch nicht wissen.«
Josh drehte sich zu mir um und sah mich an. Unsere Blicke trafen sich. Sein Blick wirkte offen und klar, ohne den geringsten Anflug einer Neckerei. »Ich werde nichts tun, was dich in Schwierigkeiten bringt«, sagte er. »Versprochen.«
Die kribbelnde Aufregung der vergangenen beiden Wochen wich einem anderen Gefühl. Einer Komplizenschaft. Wir steckten gemeinsam in dieser gefährlichen Sache. Das Gefühl der Gefahr war ebenso aufregend wie das Gefühl der Anziehung.
Wir stellten den Wagen auf einem Parkplatz ab und stiegen aus. Von außen sah das Gebäude aus wie ein normales Geschäft. Aber als wir näher kamen, schien der
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