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Draussen

Draussen

Titel: Draussen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lachmann
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nie so oft am Telefon ausgelacht worden. Es war demütigend. Schließlich fand ich einen Abiturienten, der zaubern konnte und sich sehr über das Engagement freute. Na ja, anbieten konnte man den ja mal. Und dann hatte Stefanie mich auch noch gebeten, am kommenden Wochenende nach NRW zu fahren, wo der Augenlasergerätehersteller »ViewX« ein vergnügliches Wochenende für seine Vertreter veranstaltete. Eigentlich hatte ich gehofft, am Wochenende freizuhaben und mir zumindest eine Nacht mit Männersuche vor dem Computer um die Ohren hauen zu können. Jetzt fuhr ich stattdessen in ein Hotel in der Nähe von Köln und sorgte für den reibungslosen Ablauf der Buffeteröffnung. Okay, es war ein Event, das den Kunden mehrere zehntausend Euro kosten würde, und eigentlich freute ich mich auch auf die Herausforderung. Veranstaltungen in dieser Größenordnung waren mein Spezialgebiet und ich würde schon dafür sorgen, dass alle mehr als zufrieden wieder nach Hause gingen.
    Blöd war nur, dass ich Highheels tragen musste zu meinem Kostüm. Wenn wenigstens Stiefel möglich gewesen wären, aber die waren zu sportlich für diesen Kunden. Ich wusste nicht, ob es wirklich Frauen gab, die, wenn sie ganz ehrlich waren und ganz allein im Beichtstuhl knieten, wenn sie also wirklich nichts zu befürchten hatten, und der Pfarrer fragte: »Kannst du, meine Tochter, auf Highheels gehen, ohne nach spätestens einer halben Stunde unerträgliche Schmerzen zu erleiden?« die dann aus tiefster Überzeugung sagten: »Es macht mir nichts aus, 20-Zentimeter-Absätze zu tragen, wenn der Schuh bequem ist. Hach, es gibt so bequeme Stilettos, die trage ich lieber als meine Birkenstockhausschuhe.«
    Ich gehörte jedenfalls nicht dazu und entschuldigte mich jetzt schon in Gedanken bei meinen Füßen für das bevorstehende Wochenende. Dann würde ich mir eben Montag freinehmen. Während ich darüber nachdachte, fuhr ich meinen Rechner hoch. Ich war so gespannt, ob Felix sich gemeldet hatte. Nach dieser Pinkelaktion hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Aber ich fand ihn spitze. Wir waren uns in vielem recht ähnlich. Er mochte die Beatles und das Wort »Boiler« und wollte – genau wie ich – seit Jahren schon die Kunst des Meditierens erlernen. Meditieren konnte doch nicht so schwierig sein. Ich hatte schon mehrere Anläufe gemacht, war aber irgendwann darauf gekommen, dass ich es allein schaffen musste. Ich wollte nicht mehr in der Volkshochschule zusammen mit gestressten IT-Managern auf Yogamatten im Kreis liegen und ihnen beim schweren Atmen zuhören. Wollte nicht mehr Mantren singen unter Anleitung einer agilen Mittfünfzigerin mit flotter Kurzhaarfrisur, roter Brille und einem Riesenohrring am linken Ohrläppchen, die ihren Schnellhefter mit der Kursvorbereitung in ihrem meditationsbereiten Schoß liegen hatte, während sie »zur Einstimmung« Räucherstäbchen und Kerzen anzündete. Ich konnte mich in solch einer Atmosphäre nicht entspannen. Ich musste aber entspannen. Alle entspannten. Alle, die ich kannte, machten irgendwas »zum Ausgleich«. Madonna machte Yoga, Sting meditierte und Cher ließ sich operieren. Ich wollte auch etwas für mich finden. Ja, ich war geradezu versessen darauf, etwas für mich zu finden. Connie schwor natürlich auf Yoga und wollte mich seit Jahren überreden, mal bei ihr einen Kurs zu machen. »Dein Problem ist, dass du dich so sehr entspannen willst, dass du dabei total verkrampfst«, hatte sie mal zu mir gesagt, »das kann ja nichts werden! Man kann ja auch nicht einen Wasserhahn öffnen, indem man ihn zudreht.« Nicht alles, was hinkte, war ein Vergleich. Aber es stimmte. Ich wurde geradezu wütend, wenn ich nicht sofort zur Ruhe kam. Irgendwie wurden meine Probleme und Sorgen mit zunehmendem Alter diffuser und universeller. Hatte ich früher die konkrete Angst gehabt, dass sich unter meinem Bett der böse Watz versteckte oder dass ich in Mathe eine Fünf bekam, so stellte ich heute bei Problemen gleich den Sinn meines Daseins in Frage und dachte darüber nach, ob ich nicht vielleicht doch glücklicher wäre, wenn ich alles Hab und Gut verschenkte und mich als Straßenkünstlerin in Kopenhagen verdingte. Oder wenn ich mir zumindest den 65-Zoll-Plasmafernseher für 5000 Euro kaufte. Deshalb wollte ich schon seit Jahren eine Technik erlernen, mit der ich mich wenigstens zeitweise und drogenlos aus dem Kabelsalat in meinem Gehirn ausklinken und buddhaesk lächelnd über den Dingen stehen konnte. Durch

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